Sonnenschein81 schrieb:Es gibt keine Vorsorge, keine Erkennungsmerkmale und daher schon gar keine Maßnahmen für langsam durchdrehende Personen. Es passiert einfach. Der Amoklauf beispielsweise von München vor/im OEZ hat das sehr gut gezeigt.
Das ist definitiv ein Irrtum! Es gibt Anzeichen auf Fehlentwicklungen, auf Verhaltensstörungen. Die kinderpsychologischen Praxen sind VOLL damit. Mit Kindern, die anders sind, mit Eltern, die an ihre Grenzen kommen und nicht mehr schlafen können, weil sie Angst haben, dass genau aus ihrem Kind soetwas wird. Bei den Erziehungsberatungsstellen herrschen lange Wartezeiten, es ist schwierig einen Termin zu bekommen und regelmäßig betreut zu werden. Warum? Weil niemand erkennt, dass sich Kindheit und Kinder verändern? Nein, das Gegenteil ist der Fall. Es gibt jede Menge sehr wacher Eltern und Erwachsener, die bis zum Umfallen gegen Fehlentwickungen arbeiten, ohne jemals zu wissen, ob das, was sie tun, richtig und von Erfolg gekrönt ist. Sie sehen es erst viele Jahre später. Und bis dahin sind sie zermürbt, von der Ausgrenzung durch andere Eltern mal ganz abgesehen. Alles, was sie dazu noch brauchen können, sind Äußerungen wie deine.
burnonedown schrieb:Zur Erziehung: Fakt ist, dass Eltern sich um ihre Kinder kümmern müssen und wenn sie es nicht tun, die Gesellschaft das erkennen und auffangen muss. Punkt.
Marcel H. war aber ja nun schon auf einem Berufskolleg und kein Kind mehr. Es geht hier in meinen Augen nicht um ein vernachlässigtes, verwahrlostes Kind. Wenn ein Junge in der Pubertät sich nicht ordentlich um seine Hygiene kümmert und mit seinen Klassenkameraden nicht klarkommt, ist halt die Frage, inwieweit die Mutter wirklich Einfluss hat. Oder der Vater. Gerade, wenn es mit dem innerfamiliären Verhältnis nicht zum Besten bestellt ist (was ja in diesem Fall mal angeklungen ist), ist unklar, inwieweit sich ein 18- Jähriger da überhaupt irgendwie auf was einlassen würde.
Über diesen Absatz habe ich jetzt lange nachgedacht. Natürlich ist es in der Pubertät viel zu spät, bestimmte Dinge müssen viel viel früher anerzogen werden. In der Pubertät kann man maximal noch versuchen, ein Grundgerüst vorzugeben und einzufordern, und man sollte vor allen Dingen den Kontakt zum Kind nie verlieren, auch wenn man sich über noch so banale Themen und Interessen austauscht. Ob es sich bei M.H. um ein vernachlässigtes, verwahrlostes Kind handelte, oder ob er vor der Pubertät immer gepflegt und liebevoll, konsequent betreut wurde, wissen wir doch gar nicht. Wir wissen nur, dass er von Mitschülern wegen bestimmter Eigenschaften ausgegrenzt und von seiner Schwester als Psycho bezeichnet wurde. Da ist also schon einiges gelaufen, bis es zur Pubertät und dieser entsetzlichen Tat kam. Die Hinweise sind da.
Es gibt zudem heute eine moderne Form emotionaler Vernachlässigung, und die trifft in der Regel insbesondere schwierige Kinder, weil diese anstrengend sind und weil sie Eltern an die Grenzen bringen. Wenn diese Kinder sich dann mit PC und Internet beschäftigen und endlich Ruhe geben, nichts anstellen und keinen Anlass zum Ärger machen, sind alle glücklich und lassen das Kind in seiner virtuellen Welt. Das sieht nach außen nicht direkt nach Verwahrlosung aus, hat aber zur Folge, dass sich das Kind im Laufe der Zeit immer mehr aus der Realität zurück zieht und in eine andere Welt abdriftet. Solange, bis es dem Kalender nach erwachsen ist. Aber eben nur dem Kalender nach.
Ich z.B. finde es sehr auffällig, wenn ein Jugendlicher keinen Wert auf Körperpflege legt. Gerade das äußere Erscheinungsbild wird in der Pubertät doch immer wichtiger, um in einer Gruppe bestehen zu können. Zusammen mit dem sehr häufigen Internetkonsum ist es für mich ein Warnzeichen, wenn die Körperpflege vernachlässigt und keine Kontakte zu Gleichaltrigen gesucht werden. Zumindest ist es ein Zeichen für mangelnde Entwicklung im sozialen Bereich, der unbedingt entgegen gewirkt werden sollte, notfalls mit therapeutischer oder pädagogischer Hilfe. Bei M.H. hat es all diese Zeichen gegeben.
Niemand hat gedacht, dass es in so einer Tat endet, niemand hat sich das vorstellen können. Und nein, es gibt keine Entschuldigung für eine solch hinterhältige Tat. Sie gehört bestraft, ohne wenn und aber. Aber was ist danach? Soll man alles so laufen lassen, wie bisher und dann passiert es halt noch einmal? Das kann es doch nicht sein. Man muss doch ergründen, was schief gelaufen ist, um alleine einer Wiederholung engegen arbeiten zu können. Zumindest versuchen sollte man es.