Lunalina schrieb:Warum?
Weil ich persönlich den Verlauf kenne mit Jugendlichen und ihr Gezocke.
Ich kenne auch Jugendliche aus gut sozialisierten *tollen*Familien wie im Bilderbuch und sie tummeln sich auf Spielplätzen smoken Gras und co.
Und das nicht mit 17 sondern schon ab 10 Jahren gehts heutzutage los.
Aus Familien wo man es nie für möglich gehalten hätte.
Es ist doch wie Rotkäppchen und der böse Wolf.
Eine nach außen hin "tolle" Familie, schließt Probleme für ein Kind, das darin aufwächst, allerdings noch längst nicht aus. Zunächst einmal kann ein Außenstehender niemals (!) beurteilen, ob eine Familie tatsächlich so bilderbuchmäßig aufgebaut ist, wie sie scheint, nicht einmal engere Freunde könnten das, wenn es gut versteckt ist. Und zum anderen gibt es sehr viele unbewusste, psychologische Mechanismen, die nicht mal die betroffenen Familienmitglieder selbst bemerken. Da kommen dann Menschen in Therapien, die der Meinung sind, die beste Kindheit auf Erden gehabt zu haben und die Grenzüberschreitungen und permanenten (versteckten) Entwertungen, kamen erst nach langer Zeit der Aufarbeitung zu Tage.
Des Weiteren ist "das Umfeld" auch nicht bloß "die Familie". Ganz besonders Jugendliche sind sehr (!) von ihren Peer-Groups beeinflussbar und da geht es schneller als man denkt, dass plötzlich der nette Bankierssohn auf dem Spielplatz Koks schnupft. Aber inwieweit dann die Grenzen zu psychischen Erkrankungen (und damit meine ich - nochmals - keine medizinisch bedingten) oder gar Delinquenz verschwimmen, ist doch maßgeblich vom großen Ganzen abhängig. Ganz besonders von der Persönlichkeitsstruktur des "Täters", seinem Selbstwert.
__________________________________
Stichwort: Sucht.
Eigentlich wollte ich diese Karte nicht ausspielen, weil ich kein großer Freund von Anekdoten bin und fundiertes Wissen aus Fachliteratur als Argumentationsgrundlage vorziehe, aber ich tue es dennoch und knüpfe damit an deine Aussage "Weil ich persönlich den Verlauf ..." an.
Ich bin selbst jemand, der jahrelang suchtkrank war. Es fing mit der Anorexia Nervosa an, ging über in die Bulimia Nervosa und endete schlussendlich in einer gesalzenen Online-Spielsucht, die so ausgeprägt war, dass ich innerhalb weniger Monate über 15kg abnahm (und ich befand mich zuvor im mittleren Normalgewichtsbereich) ohne es zu merken und meine ohnehin wenigen Freundschaften irgendwann komplett zerbrachen.
Nichtsdestotrotz schreibe ich gerade hier, was vermutlich dafür spricht, dass ich niemanden umgebracht habe, auch wenn es Zeiten gab, zu denen ich das Zeug dazu gehabt hätte. Das hatte allerdings absolut gar nichts mit meiner Sucht zu tun.
Meine Sucht entwickelte sich nicht einfach so, sondern aufgrund diverser Traumata in meiner Jugendzeit (zu denen auch Mobing gehörte), einem daraus resultierenden, massiven Selbstwertproblem und der Unfähigkeit einigermaßen adäquat und altersgemäß mit der Umwelt in Kontakt zu treten. Die Magersucht für mich eine Art "Coping Skill", eine Bewältigungsstrategie, um meinen Alltag zu meistern und nichts anderes war schließlich die Online-Spielsucht.
Meine Süchte habe ich erst dann in den Griff bekommen, als die hauptsächlichen Auslöser dafür eliminiert wurden. In meinem Fall nicht so, wie man sich das wünschen würde, aber zumindest wurde ein Zustand herbei geführt, der es mir möglich macht in dieser Welt zu existieren, ohne auf Suchtverhalten zurückgreifen zu müssen.
Das war jetzt mal mein ganz persönliches Beispiel.
Ich bin mir dessen übrigens vollends bewusst, dass man eine persönliche Anekdote nicht pauschalisieren kann und sollte.