frauZimt schrieb:Ich kann dir nicht sagen, warum man in Österreich zwar die Täterschaft anerkennt, aber keine Strafe verhängt hat.
Ich spekuliere, dass 2x lebenslang keine Sinn hat.
Das ergibt sich aus § 31 des österreichischen Strafgesetzbuches.
Insofern hier zwei selbstständige Morde vorliegen, könnte man nun den Täter zweimal zur betreffenden Strafe verurteilen, das sind sowohl in Deutschland als auch in Österreich jeweils eine lebenslange Freiheitsstrafe (dass diese Strafe in der Praxis selten lebenslang ist, ist ein anderes Problem).
Im angelsächsischen Rechtsbereich, z.B. in den USA, wird das auch so gehandhabt: hier hätte der Täter nun zwei Veruteilungen zu lebenslanger Strafe. Dass natürlich nur eine davon vollstreckt werden kann ist in der Regel freilich klar (andere Problematiken lasse ich hier mal weg). Auch in den USA gibt es inzwischen die Praxis, solche Strafen einfach als "gleichzeitig" laufend zu betrachten (concurrent), wobei mit Verbüssung einer Strafe dann auch die andere als verbüsst angesehen wird (allerdings gibt es hier Ausnahmen).
Dieses Modell entspricht der Auffassung, dass jede Tat auch eine Strafe verdient.
Im deutschsprachigen Rechtsbereich hat man sich zu einer etwas anderen Methode entschlossen, welche in der Praxis freilich meist das gleiche Ergebnis hat: man sagt, alle Strafen sollen zu einer "Gesamtstrafe" zusammengefasst werden. Im Fall der Höchststrafe (lebenslang) für mindestens eine der beiden Taten kann demnach keine "höhere" Strafe verhängt werden.
Das Gericht sagt hier also praktisch: da der Täter eh schon lebenslang bekommen hat, brauchen wir da, bzw. dürfen wir da nichts draufsatteln.
Das entspricht dem § 31 des österreichischen Strafgesetzbuches:
(1) Wird jemand, der bereits zu einer Strafe verurteilt worden ist, wegen einer anderen Tat verurteilt, die nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte abgeurteilt werden können, so ist eine Zusatzstrafe zu verhängen. Diese darf das Höchstmaß der Strafe nicht übersteigen, die für die nun abzuurteilende Tat angedroht ist. Die Summe der Strafen darf die Strafe nicht übersteigen, die nach den Regeln über die Strafbemessung beim Zusammentreffen strafbarer Handlungen und über die Zusammenrechnung der Werte und Schadensbeträge zulässig wäre.
(2) Einer früheren inländischen Verurteilung steht eine frühere ausländische auch dann gleich, wenn die Voraussetzungen nach § 73 nicht vorliegen.
https://www.jusline.at/gesetz/stgb/paragraf/31Der Mord an Lucile geschah vor dem Mord in Deutschland, hätte also theoretisch auch schon mit dem Mord in Deutschland zusammen verhandelt werden können.
Das ist eine sehr abstrakte Rechtsphilosophie, der angelsächsische Ansatz entspricht vermutlich mehr einer logischen Betrachtung. Aber im Ergebnis ist es eben meist gleich: der Täter in unserem Fall hat eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verbüssen.
Das deutsche Recht ist im übrigen nahezu dem österreichischen in dieser Hinsicht gleich. Das Ergebnis wäre also auch im umgekehrten Fall so, wenn er erst in Österreich und dann in Deutschland verurteilt worden wäre.