Unaufgeklärte Serienmorde in Berlin-Köpenick 1945(?)-1950
18.06.2016 um 16:46Meinen Gruß allen Allmy-Kriminalisten!
Ich (87) gehöre nicht bzw. nicht mehr zu Eurer Zunft, hätte da aber einen echten Fall, zu dessen Aufklärung Ihr vielleicht beitragen könntet.
Meine derzeitigen Allmy-Aktivitäten beschränken sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe von DDR-Zeitzeugenberichten in meinem Blog und deren Kommentierung in "Politik/Geschichte".
Gestern befasste ich mich (17 Jahre nach Erscheinen unseres Sammelbandes "Spurensicherung. Wege in die DDR") erstmals auch wieder mit den in vielerlei Hinsicht sehr bemerkenswerten Erinnerungen der Berlinerin Eva Schmidt (84), die in Krieg und Nachkrieg so ziemlich alle persönlichen Entbehrungen, Leiden und Katastrophen durchlaufen musste, die man sich vorstellen kann.
Ein besonders einschneidendes Erlebnis war die Ermordung ihrer geliebten Schwester Ilse und deren Freundin in Berlin-Köpenick im Jahre 1947. Wie sie vor 17 Jahren schrieb (s. unten stehendes Zitat), hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt nichts Genaueres über den Täter und seine Motive erfahren können. Daran hat sich lt. meinem heutigen Telefonat mit ihr nichts geändert. Ausgehend von der hohen Anzahl (21!) Opfer dieses Serienmörders konnte ich zunächst nicht glauben, dass solcher Horror in der Köpenicker bzw. deutschen Kriminalgeschichte überhaupt keine Rolle spielen sollte. Aber die Internet-Suchmaschinen spuckten tatsächlich immer nur den Namen eines anderen Köpenicker Serienmörders aus, der seine Untaten lange vor dem vermutlichen Wlassow-Anhänger verübt hatte.
Und da liegt offenbar der Hase im Pfeffer. Denn die Festnahme des in sowjetischer Uniform auftretenden mutmaßlichen Täters im Jahre 1950 erfolgte durch sowjetische Organe. Inwieweit DDR-Stellen daran beteiligt waren, kann sicher nicht mehr rekonstruiert werden.
Das Ganze ist angesichts der Opferzahl für Deutschland wohl fast beispiellos.
Außerdem erhält es eine politische Dimension dadurch, dass sich die Anhänger von General Wlassow (über den man Wikipedia einiges erfährt) den deutschen Faschisten angeschlossen und eigene Truppenteile gebildetet hatten, die gegen die Rote Armee kämpften, auch für die Ermordung zahlreicher Juden verantwortlich waren usw.
Es ist eine Schande, dass die politische Entwicklung in Estland derzeit zulässt und sogar zunehmend fördert, die übrig gebieben Veteranen und Toten dieser faschistoiden Gruppe quasi als "Nationalhelden" zu feiern und ihre Verbrechen unter den Tisch zu kehren.
Man kann leider fast sicher sein, dass auch der Köpenicker Serienmörder, sofern er in der Sowjetunion seiner gerechten Strafe zugeführt wurde, zumindest als "Opfer" betrachtet und vielleicht sogar sein Konterfei im Demonstrationszug präsentiert wird.
Dagegen werden Alt-Köpenicker, die sich seiner grausigen Taten erinnern, diese vermutlich eher der Sowjetarmee anlasten wollen, weil er sich deren Uniform und Waffen bediente.
Passt doch außerdem perfekt in die bereits wieder vorherrschende Russophobie.
Das ist die eine Seite.
Die andere sind die immer noch trauernden Hinterbliebenen der Opfer, darunter Eva Schmidt. Sie haben ein zumindest ein moralisches Recht auf Klärung, selbst wenn der Fall für die deutschen Untersuchungs- und Justizorgane längst nicht mehr relevant ist.
Eva Schmidt hat, wie sie mir heute sagte, sogar mehrfach überlegt, deshalb nach Moskau zu schreiben.
Meine Fragen an die Allmy-Kriminologen:
1. Könnt Ihr im Internet irgendwelche Hinweise auf diese Serienmorde entdecken, die mir entgangen sind?
2. Was würdet Ihr tun: Die Sache ruhen lassen oder Aufklärung anmahnen?
Und wenn ja - bei wem?
Nachfolgend das Zitat aus Evas Erinnerungen (vollständig nachlesbar in meinem Blog)
Ich (87) gehöre nicht bzw. nicht mehr zu Eurer Zunft, hätte da aber einen echten Fall, zu dessen Aufklärung Ihr vielleicht beitragen könntet.
Meine derzeitigen Allmy-Aktivitäten beschränken sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe von DDR-Zeitzeugenberichten in meinem Blog und deren Kommentierung in "Politik/Geschichte".
Gestern befasste ich mich (17 Jahre nach Erscheinen unseres Sammelbandes "Spurensicherung. Wege in die DDR") erstmals auch wieder mit den in vielerlei Hinsicht sehr bemerkenswerten Erinnerungen der Berlinerin Eva Schmidt (84), die in Krieg und Nachkrieg so ziemlich alle persönlichen Entbehrungen, Leiden und Katastrophen durchlaufen musste, die man sich vorstellen kann.
Ein besonders einschneidendes Erlebnis war die Ermordung ihrer geliebten Schwester Ilse und deren Freundin in Berlin-Köpenick im Jahre 1947. Wie sie vor 17 Jahren schrieb (s. unten stehendes Zitat), hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt nichts Genaueres über den Täter und seine Motive erfahren können. Daran hat sich lt. meinem heutigen Telefonat mit ihr nichts geändert. Ausgehend von der hohen Anzahl (21!) Opfer dieses Serienmörders konnte ich zunächst nicht glauben, dass solcher Horror in der Köpenicker bzw. deutschen Kriminalgeschichte überhaupt keine Rolle spielen sollte. Aber die Internet-Suchmaschinen spuckten tatsächlich immer nur den Namen eines anderen Köpenicker Serienmörders aus, der seine Untaten lange vor dem vermutlichen Wlassow-Anhänger verübt hatte.
Und da liegt offenbar der Hase im Pfeffer. Denn die Festnahme des in sowjetischer Uniform auftretenden mutmaßlichen Täters im Jahre 1950 erfolgte durch sowjetische Organe. Inwieweit DDR-Stellen daran beteiligt waren, kann sicher nicht mehr rekonstruiert werden.
Das Ganze ist angesichts der Opferzahl für Deutschland wohl fast beispiellos.
Außerdem erhält es eine politische Dimension dadurch, dass sich die Anhänger von General Wlassow (über den man Wikipedia einiges erfährt) den deutschen Faschisten angeschlossen und eigene Truppenteile gebildetet hatten, die gegen die Rote Armee kämpften, auch für die Ermordung zahlreicher Juden verantwortlich waren usw.
Es ist eine Schande, dass die politische Entwicklung in Estland derzeit zulässt und sogar zunehmend fördert, die übrig gebieben Veteranen und Toten dieser faschistoiden Gruppe quasi als "Nationalhelden" zu feiern und ihre Verbrechen unter den Tisch zu kehren.
Man kann leider fast sicher sein, dass auch der Köpenicker Serienmörder, sofern er in der Sowjetunion seiner gerechten Strafe zugeführt wurde, zumindest als "Opfer" betrachtet und vielleicht sogar sein Konterfei im Demonstrationszug präsentiert wird.
Dagegen werden Alt-Köpenicker, die sich seiner grausigen Taten erinnern, diese vermutlich eher der Sowjetarmee anlasten wollen, weil er sich deren Uniform und Waffen bediente.
Passt doch außerdem perfekt in die bereits wieder vorherrschende Russophobie.
Das ist die eine Seite.
Die andere sind die immer noch trauernden Hinterbliebenen der Opfer, darunter Eva Schmidt. Sie haben ein zumindest ein moralisches Recht auf Klärung, selbst wenn der Fall für die deutschen Untersuchungs- und Justizorgane längst nicht mehr relevant ist.
Eva Schmidt hat, wie sie mir heute sagte, sogar mehrfach überlegt, deshalb nach Moskau zu schreiben.
Meine Fragen an die Allmy-Kriminologen:
1. Könnt Ihr im Internet irgendwelche Hinweise auf diese Serienmorde entdecken, die mir entgangen sind?
2. Was würdet Ihr tun: Die Sache ruhen lassen oder Aufklärung anmahnen?
Und wenn ja - bei wem?
Nachfolgend das Zitat aus Evas Erinnerungen (vollständig nachlesbar in meinem Blog)
Oft frage ich mich, ob mein Vater auch ohne Krieg so einen miesen Charakter bekommen hätte, denn ich kannte ihn ja auch noch anders. Er glaubte immer, daß wir Kinder ihm was „wegfressen“. Besonders Ilse konnte er absolut nicht leiden. Nachdem er sie mal wieder besonders drangsaliert hatte, suchte sie sich ein Zimmer. Sybille, die Tochter der Familie A., war älter als Ilse, trotzdem befreundeten die Mädels sich, und Ilse kam nur noch zu uns, wenn sie sicher war, daß Vater nicht zu Hause war.
Am 28. September 1947 kam sie, um mit Mutter über meinen 15. Geburtstag zu sprechen. Sie zeigte ihr einen Silberring, den sie für mich gekauft hatte, dessen Stein wie ein Moosachat aussah. Da wir beim Mittagessen waren, aß Ilse mit uns. Plötzlich schloß Vater die Tür auf, brüllte los, riß meine Schwester vom Stuhl hoch und schmiß sie aus der Wohnung. Ich stand am Küchenfenster, die Tränen liefen mir über das Gesicht, als ich meine Schwester weinend vorbeigehen sah. Es war das letzte Mal, daß ich sie sah. Ilse wurde noch am Abend des gleichen Tages mit ihrer Freundin Sybille in Nähe der Wuhlheide auf brutalste Weise ermordet. Vater mußte sie identifizieren. Ilse und Sybille wurden gemeinsam auf dem Friedhof in der Rudower Straße in Köpenick beigesetzt. Die Träumerei von Robert Schumann, die zu ihrer Beisetzung gespielt wurde, kann ich auch heute noch nicht ohne innere Erregung hören. Mit ihren Sachen erhielten wir von der Polizei auch den Ring, den sie mir zum Geburtstag schenken wollte. Vier Monate später brachte ihr Mörder auch Ruth Stange, die Tochter unserer Kindergruppenleiterin, um. Sie wurde neben Ilse und Sybille beerdigt. Bevor dieser Verbrecher im Frühjahr 1950 gefaßt werden konnte, hatte er in Köpenick einundzwanzig Menschen umgebracht. Sein erstes Opfer war in der Wuhlheide ein sowjetischer Offizier gewesen, dem er die Maschinenpistole abgenommen hatte. Ballistische Untersuchungen hatten ergeben, daß Ilse, Sybille und Ruth, später auch ein Volkspolizist und seine Freundin, mit dieser Waffe ermordet wurden. Es soll ein Lette gewesen sein, der die sowjetische Staatsbürgerschaft hatte und der mit dem General Wlassow nach Berlin gekommen war. Die Morde beging er in sowjetischer Uniform. Offiziell haben wir nie erfahren, daß er der Mörder meiner Schwester war, aber nach seiner Festnahme hörten die Morde in Köpenick auf. Der Mörder lebte ganz in unserer Nähe bei einer Frau. Sein Kind war so alt wie Silvi. Otto L. wurde zu der Haussuchung zugezogen und erzählte danach, daß die Wohnung voll war mit faschistischer Literatur und Hitlerbildern.