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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

133 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Polizei, Gericht, Strafverfahren ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 06:27
@Rick_Blaine
Ich hab mir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchgelesen.

Für mich als juristischen Laien klingt es plausibel. Wenn ich die Verweigerung begründen soll, dann belaste ich mich möglicherweise da schon selbst. Wenn diese erzwungen werden soll, wird ja auch erzwungen, sich selbst zu belasten. Da beißt sich die Katze dann wieder in den Schwanz.

Er hätte ja auch behaupten können, dass er nicht mehr weiß, an wen er sein Auto verliehen hat. Das finde ich aber auch wiederum unglaubwürdig.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 06:41
@raptor83
Genau, in Deutschland gelangt man da schnell in absurde Situationen, deshalb hat das BVerfG hier auch richtig die Notbremse gezogen.

In den USA gibt es eine weitere Lösungsmöglichkeit, die in einigen Fällen ganz elegant sein kann: die Immunität im Austausch zur Aussage: Beispiel: Ede ist in ein Büro eingebrochen um dortige Computer zu stehlen, und sieht aus diesem Büro heraus, wie im Hinterhof Michael seine Frau ersticht.

Wenn Ede nun im Prozess gegen Michael aussagen müsste, dann würde er damit seine Straftat, den Einbruch, zugeben müssen, da er nur aus dem Büro heraus die Tat im Hinterhof hätte sehen können. Also kann er die Aussage verweigern.

In den USA könnte ihm angeboten werden, dass er wegen des Einbruchs nicht bestraft werden wird. In dem Fall würde er sein Zeugnisverweigerungsrecht verlieren und müsste nun gegen Michael aussagen.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 06:44
@Rick_Blaine
Das werden aber einige auch wieder nicht gut finden, weil dann ja der Einbruch nicht bestraft wird.

Die Lösung ist allerdings elegant, keine Frage.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 06:57
@raptor83
Ganz genau. Deswegen sage ich ja: gerade im Justizwesen wird man schnell bemerken, dass die Idealvorstellungen einer gerechten Welt in der Praxis einfach nicht zu verwirklichen sind. Ist schade, aber es ist so.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 09:10
@raptor83
@Rick_Blaine

naja gut in diesem us-beispiel kommt es zu einer art güterabwägung, man will das größere/bösere verbrechen bestrafen, was eindeutig der mord im gegensatz zum einbruch ist.
das finde ich durchaus nachvollziehbar und gut!
außerdem gilt diese immuntät doch nur für strafrecht oder? zivilrechtliche ansprüche für den geschädigten des einbruchs bleiben weiter intakt!?


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 09:14
@osttimor
Genau.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 09:19
@Rick_Blaine

na dann seh ich da rechtspolitisch "kein" problem. er muss einen etwaigen schaden bezahlen, kann er das nicht muss er auch sitzen gehen (die umwandlung von nicht einbringbaren geldstrafen in gefängnisstrafen gibts sicher auch in den usa?!?) oder er begeht einen weiteren einbruch bei dem er das risiko gefasst zu werden eingeht und dadurch dann zu seiner strafrechtlichen strafe kommt. circle of life.

zumindest so ähnlich! :D


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 09:42
@osttimor
Zitat von osttimorosttimor schrieb:er muss einen etwaigen schaden bezahlen, kann er das nicht muss er auch sitzen gehen (die umwandlung von nicht einbringbaren geldstrafen in gefängnisstrafen gibts sicher auch in den usa?!?)
Ups, da vermischt Du zwei Dinge, die separat sind: Schadenersatz und Geldstrafe. Gegen die Geldstrafe gilt die Immunität, zur Durchsetzung eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs gibt's kein Gefängnis.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 09:46
@Rick_Blaine

ja stimmt schon, ich wollte es zu meiner circle of life-story hinbiegen! :D


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 10:19
Theorie und Praxis
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Die Diskussion hier wird viel zu sehr auf einer theoretischen Ebene geführt. In der Praxis kommt es viel häufiger vor, dass Zeugen eben die Aussage verweigern und ihnen passiert nichts.
Wenn das nicht eine hochinteressante Info für uns Laien ist.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 10:34
@emz
Lach, ja, vermutlich schon. Ich schliesse da mit ein all die Fälle, in welchen die Zeugen von vornherein sagen, dass sie "nichts gesehen haben" usw. und deren Aussage von der Polizei gar nicht weiter verfolgt wird.

10 Jugendliche stehen an einer Strassenecke herum. Der Hausbesitzer des Eckhauses hat die 10 schon mehrfach aufgefordert, zu verschwinden, da er sie nicht vor seinem Haus mag. Um 16 Uhr verlässt er dieses um kurz etwas zu besorgen. Als er um 16 Uhr 15 wiederkommt sind die Jugendlichen alle noch da. Und sein Haus wird von einem grossen Graffiti geschmückt.

Die Polizei kommt und fragt die 10, die ja genau vor diesem Tatort standen, wer etwas gesehen hat.

Wetten wir mal, wieviele Zeugenaussagen wir da erhalten. :)


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 15:33
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Wetten wir mal, wieviele Zeugenaussagen wir da erhalten. :)
Es wird 10 Zeugenaussagen geben!
Aber alle mit dem Tenor "Wir haben nichts gesehen. Außerdem waren wir gar nicht die ganze Zeit hier. Wir sind auch gerade eben wieder zurückgekommen."


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

01.04.2016 um 23:19
Dornröschen schrieb:
dass Du noch nicht bis in die letzte Konsequenz nachvollzogen hast, was @Rick_Blaine in diesem Thread erläutert hat.
Zitat von muscariamuscaria schrieb:Gut möglich. Aber ich gebe mir Mühe.
Ist denn 'Fragen beantworten' gleichbedeutend mit 'seine Unschuld beweisen'?
@muscaria

Nein. Eine Beweislastumkehrung ergibt sich nicht aus dem Beantworten von Fragen. Vielmehr ergibt sie sich aus der Nötigung zur Aussage, die Du gefordert hast.

Verstehst Du, was ich sagen will? Ich werde es sicherheitshalber einmal ganz ausführlich erklären:

Nach deutschem Recht, haben Beschuldigte (in einem Strafermittlungsverfahren) und Angeklagte (in einem Strafprozess) das Recht zu schweigen. Denn sie sind nicht in der Pflicht sich selbst belasten/entlasten zu müssen. Damit wird gesagt: Der Beschuldigte/Angeklagte muss nicht mithelfen in dem Verfahren gegen ihn. Er muss sich nicht belasten und er muss sich nicht entlasten.

So. Wenn wir den Beschuldigten/Angeklagten nun aber durch Nötigung dazu bringen, eine Aussage vorzunehmen, dann zwingen wir ihn bei dem Verfahren gegen ihn mitzuhelfen. Das bedeutet: Er MUSS dazu beitragen, belastende bzw. entlastende Informationen beizusteuern.

Du wirst Dich jetzt sicherlich an dem von mir gewählten Begriff der Nötigung stören. Aber im Grunde entspricht Dein Vorschlag zur Umsetzung einer Aussagepflicht einer Nötigung. Denn wenn ich von jemandem etwas unter Androhung von Nachteilen abverlange, dann ist das nach meinem Verständnis eine Nötigung.

Und eben diese Nötigung zur Aussage bedeutet in der Konsequenz eben, dass der Beschuldigte/Angeklagte bei seinem Prozess mithelfen muss. Ob es der Belastung oder Entlastung dient, hat er oft gar nicht unter Kontrolle oder kann es nicht absehen.
Zitat von muscariamuscaria schrieb:Angenommen, jemand wurde im Park erschlagen und ein mit dem Opfer zerstrittener TV saß zur fraglichen Zeit meilenweit entfernt im Kino. Wenn er jetzt beweisen müsste, dass er dort war, das wäre wirklich schrecklich. Aber es ist doch so, dass der StA ihm beweisen muss, dass er am Tatort war. Ist es dann tatsächlich besser, nicht zu sagen, wo er war? Ich hätte jetzt gedacht, dass ein ganzer Ermittlungsapparat eine viel größere Chance böte, ein Alibi zu bestätigen.
Du stellst hier immer auf "Alibis" ab. Das Gericht muss keinen Angeklagten befragen, um zu erfahren wo dieser zum Tatzeitpunkt war. Denn glaub mir: Sollte der Angeklagte über ein Alibi verfügen, dann wird dies dem Gericht bei erster Gelegenheit durch dessen Verteidiger zur Kenntnis gebracht. Gerade wenn er ein Alibi hat, kann es empfehlenswert sein die Klappe zu halten - denn wieso sollte er sich unnötig in Gefahr begeben?

Ein Verhör bzw. eine Befragung verfolgt zugleich noch viel subtilere Absichten als lediglich in Erfahrung zu bringen, wo der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt war. Da geht es nicht nur darum Aussageinhalte abzufragen. Man will auch die Person beobachten, in ihren Reaktionen lesen. Ist eine Schilderung detailgetreu (könnte für "Wahrheit" sprechen) oder wirkt sie oberflächlich und einstudiert (könnte für "Lüge" sprechen)? Reagiert der Befragte aggressiv, wenn er auf Reizthemen angesprochen wird (-> aha, unbeherrschtes Verhalten... untermauert den Verdacht des Totschlags). Auch ein beherrschtes oder neutrales Verhalten findet ratz fatz Akteneingang durch den Vermerk "der Beschuldigte zeigt ein abgeflachtes, emotionsloses Verhalten" der am Ende so ausgelegt wird, dass der betroffene Mensch emotionsarm genug sei, um eine abscheuliche Tat begangen zu haben.

@muscaria ich könnte mit meinen Ausführungen und Beispielen wirklich ewig fortfahren. Aber ich glaube Du verstehst was ich sagen will, oder? Wenn Du als Beschuldigter in einem Verhör oder als Angeklagter vor Gericht aussagst wird wirklich ALLES gegen Dich verwendet werden. Und glaub mir... so eine Befragung ist kein gemütliches Gespräch auf Augenhöhe.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

02.04.2016 um 00:11
Zitat von DornröschenDornröschen schrieb:Ein Verhör bzw. eine Befragung verfolgt zugleich noch viel subtilere Absichten als lediglich in Erfahrung zu bringen, wo der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt war. Da geht es nicht nur darum Aussageinhalte abzufragen. Man will auch die Person beobachten, in ihren Reaktionen lesen. Ist eine Schilderung detailgetreu (könnte für "Wahrheit" sprechen) oder wirkt sie oberflächlich und einstudiert (könnte für "Lüge" sprechen)? Reagiert der Befragte aggressiv, wenn er auf Reizthemen angesprochen wird (-> aha, unbeherrschtes Verhalten... untermauert den Verdacht des Totschlags). Auch ein beherrschtes oder neutrales Verhalten findet ratz fatz Akteneingang durch den Vermerk "der Beschuldigte zeigt ein abgeflachtes, emotionsloses Verhalten" der am Ende so ausgelegt wird, dass der betroffene Mensch emotionsarm genug sei, um eine abscheuliche Tat begangen zu haben.
Und genau zu diesem Thema gibt es Untersuchungen. Da sollten Laien, Ermittler und Richter Aussagen auf ihren angeblichen Wahrheitsgehalt untersuchen.

Die Trefferwahrscheinlichkeit unterschied sich nur marginal unter diesen Gruppen und lag etwa bei 51-56%. Sprich man hätte auch eine Münze werfen können, die hätte ein ähnliches Ergebnis gegeben.

Was bei dieser Untersuchung auch noch rauskam war, dass Laien ihrer eigenen Wertung skeptisch gegenüber standen, während Ermittler und Richter eher überzeugt waren, richtig zu liegen.

@Dornröschen hat schon Recht, die Glaubwürdigkeit mittels oberflächlicher Kriterien wie Detailtreue o. ä. zu ermitteln, wird meist gar nicht funktionieren, dazu sind die Menschen einfach zu unterschiedlich. Der eine erzählt die Sache in allen Einzelheiten, ein anderer erzählt es nüchtern und beschränkt sich auf das Wesentliche, dann kommt zusätzlich die Stresssituation hinzu. Kein Wunder, dass solle psychologischen Experimente so ein schlechtes Ergebnis liefern. Schlimm wird es, wenn sich Ermittler bzw. Richter sich in einer vermeintlichen Sicherheit wiegen.

Glücklicherweise gibt es in den meisten Fällen genügend materielle Indizien, so dass Ermittler/Richter nicht nur auf mit solchen nicht der Sache gerecht werdenden Methoden arbeiten müssen. Aber wenn solche Indizien in Wirklichkeit fehlen, das ist einigen Vermisstenfällen oder bei manchen Vergewaltigungsvorwürfen so, dann wird es schwierig und die Gefahr von Justizirrtümern groß.

Die Justizirrtümmer Horst Arnold, Knobloch und Rupp dürften in dieser Konstellation sicherlich nicht nur eine Ausnahme darstellen.

Aber leider hilft die Aussageverweigerung nur bedingt, denn auch Richter werden sich nicht ganz davon loslösen können, anzunehmen, derjenige hätte etwas zu verbergen, obgleich sie es nach dem Gesetz müssten. Es menschelt eben in der Justiz.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

02.04.2016 um 00:54
@SCMP77

Da sagst Du was. Kann ich nur zustimmen. Meiner Meinung nach, wird die Bewertung einer Aussage sehr stark durch Faktoren wie Sympathie und Antipathie bestimmt. Man kann das zum Beispiel sehr gut anhand von Strafverfahren verfolgen, in denen Aussage gegen Aussage steht.

Nimm einmal den Kachelmann-Prozess. Sowohl die Beschuldigerin als auch der Beschuldigte hatten bereits vor dem Hauptverfahren ausgesagt. Im Ergebnis standen sich zwei völlig abweichende Schilderungen über den Verlauf des betroffenen Abends gegenüber. Hätten die Polizisten und der StA beide Aussagen unbeeinflusst von Sympathie und Mitgefühl auf Plausibilität, Stringenz, Verhaltenslogik, Übereinstimmung mit der Spurenlage und technischer Nachvollziehbarkeit untersucht - es wäre nie zu einer Anklage und einem solch schändlichen Strafprozess gekommen. Kachelmann erschien ihnen aufgrund unbestrittener moralischer Verfehlungen als Fiesling wie er im Buche steht. Die Ex-Geliebte auf der anderen Seite erschien schon allein aufgrund der Beziehungs-Umstände als Opfer wie es im Buche steht. Da prallten zwei Klischees - Fiesling und Opfer - aufeinander und man machte sich erst gar nicht mehr die Mühe sich den Fakten zuzuwenden. Die Unschuld Kachelmanns hätte sich von Anfang an leicht durch eine saubere Ermittlung feststellen lassen können. Aber statt dessen eröffnete man einen Prozess, wie er grotesker kaum hätte verlaufen können. Selbst als die Beschuldigerin durch die Verteidigung zahlreicher Lügen überführt werden konnte und verschiedene Gutachten vorlagen, welche den durch das vorgegebene Opfer geschilderten Tatablauf in Frage stellten... neben dem Staatsanwalt war zugleich auch die Kammer weiterhin blind für die Wahrheit. Dass es am Ende doch zu einem (trotzigen) Freispruch kam, war dann der Fülle der entlastenden Fakten geschuldet. Man hatte aber doch ganz deutlich gespürt, dass die Kammer Kachelmann gerne 20 Jahren in den Kerker gesteckt hätte. Er war ihnen aufgrund seiner moralischen Verfehlungen einfach saumäßig unsympathisch und deswegen hatten sie ihm nicht geglaubt.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

02.04.2016 um 08:42
@Dornröschen

Ja, ich hatte auch den Kachelmann-Prozess im Hinterkopf, der aber gerade noch mal positiv für den Angeklagten ausgegangen war.

Wie voreingenommen aber in diesem Fall das Gericht war, zeigte seine mündliche Urteilsbegründung. "Trotziger" Freispruch ist da noch vornehm ausgedrückt.

So warf er sowohl dem Angeklagten als auch dem angeblichen Opfer vor nicht wahrheitsgemäß ausgesagt zu haben.

Zwischen Lüge und unbewusster Falschaussage besteht aber schon ein extremerer Unterschied. Das angebliche Opfer hatte nachweislich bewusst die Unwahrheit gesagt und sogar Dokumente gefälscht, während der Angeklagte wohl nur die Reihenfolge einer Abfolge durcheinander gebracht hatte, wie das nun mal häufig bei Aussagen passiert, eine Lüge war ihm nicht nachzuweisen.

Für die Außenwelt schmiss der Richter diese beiden vollkommen unterschiedlichen Dinge in einen Topf und zeigte so den Angeklagten in einem möglichst negativen Licht.

Dagegen wurde die StA über alles gelobt, welche noch im Schlussplädoyer einen Prozessbetrug versucht hatte, in dem sie einen SMS-Verkehr behauptet hatte, der ihr Bild unterstützt hätte. Das Problem war nur, dass sie den SMS-Verkehr nur zum Teil wiedergegeben hatte, wichtiges, welche in Wirklichkeit die Angaben Kachelmanns stützten hatte sie - entgegen ihrer gesetzlichen Aufgabe - einfach unterschlagen. Hätte hier die Verteidigung versagt und hätte sie das nicht aufgeklärt, wäre vielleicht vollendeter Prozessbetrug daraus geworden.

Entsprechend wurde dann natürlich die Verteidigung runtergemacht, die die Vollendung dieses Prozessbetrugs verhindert hat.

Genau dieser Prozess hat mir deutlich gezeigt, dass Neutralität von Gericht und STA nur auf dem Blatt existieren. Es gibt sicherlich StA und Richter, welche versuchen diesem Ideal möglichst nahe zu kommen, aber es gibt auch andere, die eben nicht unbedingt von Objektivität geleitet werden.

Wenn man dann noch berücksichtigt, dass die StA trotz dieses schweren Versagens und versuchten Betruges später noch befördert wurde, fördert nicht gerade den Glauben an diese staatlichen Organe.

Wie gesagt, diese Problematik gerät da in den Hintergrund wenn es genügend materielle Indizien existieren, Indizien, welche nicht auf Zeugenaussagen und Aussagen des Angeklagten beruhen. Diese Verfahren sind mir da immer lieber, weil dort die wirkliche Wahrheit deckungsgleicher mit der gerichtlich ermittelten „Wahrheit“ ist.

Aber bei solchen Verfahren braucht man gar nicht die Aussage des Angeklagten. Sprich es gibt keinen Grund das Aussageverweigerungsrecht abzuschaffen, die Nachteile überwiegen.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

02.04.2016 um 14:02
@SCMP77
Zitat von SCMP77SCMP77 schrieb:Die Justizirrtümmer Horst Arnold, Knobloch und Rupp dürften in dieser Konstellation sicherlich nicht nur eine Ausnahme darstellen.
Wobei im Fall Knobloch Kindesmissbrauch sowie Vergewaltigung nach wie vor im Raum stehen.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

02.04.2016 um 14:53
Zitat von emzemz schrieb:Wobei im Fall Knobloch Kindesmissbrauch sowie Vergewaltigung nach wie vor im Raum stehen.
Das vermutlich auch der Grund für das Mordurteil, man war so stark mit demVorurteil behaftet, dass quasi der Missbrauch das Motiv darstellte. Dass man dann auch eine Zeugenaussage, welche die Zeugin erst ein Jahr nach der angeblichen Tat behauptet hatte mit in die Begründung aufnahm und andere entlastende Zeugenausagen nicht berücksichtigte, deutet jedenfalls auf ein solches Vorurteil hin. Demjenige, der den Spiegelartikel Anfang des Jahres über die psychologische Bewertung von Zeugenaussagen gelesen hat, sollte klar sein, dass es kaum glaubhaft ist, dass sich eine Zeugin an ein alltägliches Ereignis erinnert haben soll, wenn schon 30% der Befragten die persönlichen Ereignisse des 11.9. schon nach einem Viertel Jahr nicht mehr auf die Reihe gebracht haben. Hinzu kam ja noch, dass sie so etwas in der ersten Befragung gar nicht erwähnte.

Es war eben wieder so ein Fall mit vollkommen fehlenden Indizien, wo die Fehlerquote von Gerichten wohl relativ hoch sein dürfte.

Ich glaube es fehlt einigen Richtern die Beschäftigung mit solche psychlogischen Erkenntnissen, obgleich diese Erkenntnisse schon relativ alt sind. Weiterbildung in diesem Bereich müsste für jeden Richter eigentlich Pflicht sein, aber nicht mal im Studium kommt er damit in Berührung.

Was die behauptete Vergewaltigung von Peggy betrifft, auch hier hat man dem Angeklagten anfangs nicht glauben wollen, weil seine Erzählungen wohl nicht wirklich realistisch wirkten. Erst nach Einmischung des damaligen Justizministers Bayerns und als die Ermittler ausgewechselt wurden, gewann sie an Bedeutung. Welche Gruppe der Ermittler nun näher an der wirklichen Wahrheit lag, wissen wir nicht.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

02.04.2016 um 15:09
@SCMP77
SCMP77 schrieb:
Die Justizirrtümmer Horst Arnold, Knobloch und Rupp dürften in dieser Konstellation sicherlich nicht nur eine Ausnahme darstellen.
Wobei im Fall Knobloch Kindesmissbrauch sowie Vergewaltigung nach wie vor im Raum stehen.
@emz

Ulvi K. war nicht frei von strafrechtlichen Verfehlungen - hierfür wurde er (vor allem bemessen an seiner geistigen Behinderung) sehr schwer bestraft. Der Vergewaltigung oder des Kindesmissbrauchs hat er sich meines Wissens nach nicht schuldig gemacht.

Ebenso wie beim oben erwähnten Fall Kachelmann, hatte sich nie jemand die Mühe gemacht, nachzuprüfen ob Ulvi Peggy überhaupt ermordet haben konnte. Es ist dem Engagement von Privatpersonen und des Verteidigers geschuldet, dass offen gelegt wurde, dass Ulvi an Peggys Verschwinden nicht beteiligt war. Das wäre der Job von Polizei, StA und Gericht gewesen. Warum "wollte" dort überhaupt erst gar niemand genau hinsehen? Warum "wollte" man Ulvis Aussagen keinen Glauben schenken? - Der behinderte Mann war einfach mit einem Makel behaftet. Es war bekannt, dass er Kindern seinen Pullermann gezeigt hatte und aufgrund dessen traute man ihm auch sonst alles zu und verurteilte ihn zu den schlimmsten nur vorstellbaren Taten. Das war echt nicht gerade eine Sternstunde der deutschen Justizgeschichte.

Ich frage mich noch heute, wie es zu solchen Verhörsituationen kommen konnte. Da wurde ein geistig schwer behinderter, völlig hilfloser Mann immer und immer und immer und immer wieder verhört und so lange unter Druck gesetzt, bis er irgendwann völlig verzweifelt und ohne Rechtsbeistand zugab "ja okay, ich war's", nachdem man ihm versprochen hatte, dass der ganze Stress aufhören werde, wenn er nur endlich gestehe.


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Aussageverweigerung, Recht eines Beschuldigten

02.04.2016 um 18:18
@SCMP77
Ich weiß jetzt nicht, von welcher Zeugin du sprichst, komme aber auf das eigentliche Thema, die Aussageverweigerung zurück. Hier war ja das Problem, dass U.K. in seinem Geständnis sehr ausführlich den Todeskampf und seine Dauer geschildert hatte.


@Dornröschen
Nicht des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht? Und warum ist U.K. dann derzeit auf Bewährung in einer Wohngruppe untergebracht? Da war schon ein bisschen mehr als "Pullermann zeigen", die Staatsanwältin sprach von Gewalt. Der Freispruch (Tötung) beim WAV basierte auf einem Mangel an Beweisen, aber nicht auf erwiesener Unschuld. Was die vermeintliche Hilflosigkeit anbelangt, U.K. hat einen IQ von 69 und lebte allein in seiner Wohnung.


Weitere Diskussionen zu diesem Fall sollte man aber besser in dem entsprechenden Thread weiterführen.


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