@Dornröschen Ja, ich hatte auch den Kachelmann-Prozess im Hinterkopf, der aber gerade noch mal positiv für den Angeklagten ausgegangen war.
Wie voreingenommen aber in diesem Fall das Gericht war, zeigte seine mündliche Urteilsbegründung. "Trotziger" Freispruch ist da noch vornehm ausgedrückt.
So warf er sowohl dem Angeklagten als auch dem angeblichen Opfer vor nicht wahrheitsgemäß ausgesagt zu haben.
Zwischen Lüge und unbewusster Falschaussage besteht aber schon ein extremerer Unterschied. Das angebliche Opfer hatte nachweislich bewusst die Unwahrheit gesagt und sogar Dokumente gefälscht, während der Angeklagte wohl nur die Reihenfolge einer Abfolge durcheinander gebracht hatte, wie das nun mal häufig bei Aussagen passiert, eine Lüge war ihm nicht nachzuweisen.
Für die Außenwelt schmiss der Richter diese beiden vollkommen unterschiedlichen Dinge in einen Topf und zeigte so den Angeklagten in einem möglichst negativen Licht.
Dagegen wurde die StA über alles gelobt, welche noch im Schlussplädoyer einen Prozessbetrug versucht hatte, in dem sie einen SMS-Verkehr behauptet hatte, der ihr Bild unterstützt hätte. Das Problem war nur, dass sie den SMS-Verkehr nur zum Teil wiedergegeben hatte, wichtiges, welche in Wirklichkeit die Angaben Kachelmanns stützten hatte sie - entgegen ihrer gesetzlichen Aufgabe - einfach unterschlagen. Hätte hier die Verteidigung versagt und hätte sie das nicht aufgeklärt, wäre vielleicht vollendeter Prozessbetrug daraus geworden.
Entsprechend wurde dann natürlich die Verteidigung runtergemacht, die die Vollendung dieses Prozessbetrugs verhindert hat.
Genau dieser Prozess hat mir deutlich gezeigt, dass Neutralität von Gericht und STA nur auf dem Blatt existieren. Es gibt sicherlich StA und Richter, welche versuchen diesem Ideal möglichst nahe zu kommen, aber es gibt auch andere, die eben nicht unbedingt von Objektivität geleitet werden.
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass die StA trotz dieses schweren Versagens und versuchten Betruges später noch befördert wurde, fördert nicht gerade den Glauben an diese staatlichen Organe.
Wie gesagt, diese Problematik gerät da in den Hintergrund wenn es genügend materielle Indizien existieren, Indizien, welche nicht auf Zeugenaussagen und Aussagen des Angeklagten beruhen. Diese Verfahren sind mir da immer lieber, weil dort die wirkliche Wahrheit deckungsgleicher mit der gerichtlich ermittelten „Wahrheit“ ist.
Aber bei solchen Verfahren braucht man gar nicht die Aussage des Angeklagten. Sprich es gibt keinen Grund das Aussageverweigerungsrecht abzuschaffen, die Nachteile überwiegen.