Det.Crocker schrieb am 04.07.2019:Rouven hatte in dem gesamten Verfahren keine glückliche Hand mit seinen Rechtsanwälten.
Das kann man wohl sagen. Die Revision wird sich auch darauf konzentrieren, denn er hat ja seine Tat zugegeben, daher kann sie sich nicht auf Fragen des Tatablaufs usw. beziehen. Sie wird sich darauf beziehen, dass das ganze Geständnis Ergebnis einer grottenschlechten Verteidigung ist. Das hat er ja zum Schluss auch bei Richterin Navarro versucht, ist mit diesem Versuch gescheitert und nun beginnt der Reigen der Rechtsmittel eben mit der Revision.
Das kann allerdings lange dauern. Die letzte Revision, die ich im 9. Bezirk eingelegt habe, brauchte fast 3 Jahre bis zu einem Termin. Immerhin habe ich gewonnen
:)Ansonsten ist es Unsinn zu sagen, dass eine Revision grundsätzlich zwecklos sei. Ob in den USA oder in Deutschland, die meisten Revisionen werden verworfen. Das liegt aber eher in der Natur der Sache: der Verurteilte hat nichts zu verlieren, ein Anwalt wird ihm gestellt, also legt man selbst in aussichtslosen Verfahren eben mal Revision ein. Es gibt aber eben durchaus Fälle in welchen sie begründet ist und zu einer Neuverhandlung führt.
grizzlyhai schrieb am 04.07.2019:Werden die Anwälte nicht nach Erfolg bezahlt ?
Nicht in Strafverfahren. Das sogenannte "contingency fee," also die Bezahlung des Anwalts nur bei Erfolg, meist in einem Prozentsatz des erstrittenen Betrages, gibt es nur bei Schadenersatzprozessen. In Strafverfahren ist das ausdrücklich verboten.
Als Strafverteidiger muss ich mein Geld so verdienen: entweder ich schliesse mit dem Mandanten einen Mandatsvertrag ab, in dem meine Gebühren nach freier Verhandlung festgelegt werden, oder ich werde als Pflichtverteidiger vom Gericht beauftragt.
Im ersten Fall kann ich mit meinem Mandanten jede beliebige Gebühr vereinbaren, sofern sie nicht "unvernünftig" ist. Ich kann keinen Mandanten wegen einer Trunkenheitsfahrt im Verkehr vertreten und dafür $ 10 Millionen verlangen, das könnte mich meine Lizenz kosten.
In einem Fall wie diesem, mit einer sehr hohen zu erwartenden Haftstrafe ist die zu erwartende Gebühr schon sehr hoch. Es hilft also ungemein, ein vermögender Mandant wie Rouven zu sein. Ich vermute mal, dass seine Mandatsverträge auf jeden Fall sechsstellig gewesen sind. Man muss dabei aber auch anerkennen, dass ein solcher Fall immense Kosten für die Verteidigung bringen kann, sehr viel Arbeit und vor allem sehr teure Experten.
Was tun Mandanten nun, die nicht so reich sind wie Rouven? Nun, einmal suchen sie sich weniger prominente Anwälte. Hier ist mir ja immer schon merkwürdig aufgefallen, dass Rouven nicht von einem prominenten Anwalt vertreten wurde. Warum wissen wir nicht.
Wenn man sich die Gebühren eines weniger prominenten Anwalts nicht leisten kann, dann bleibt im Strafverfahren immer noch die Möglichkeit, einen Pflichtverteidiger zu beantragen. Das ist entweder ein beim Staat angestellter und vom Staat bezahlter Anwalt - allerdings komplett getrennt von der Staatsanwaltschaft - oder ein vom Gericht beauftragter selbstständiger Anwalt, der sich bereit erklärt hat, für weitaus weniger als die üblichen Gebühren solche Fälle zu übernehmen. Das kann aus Sicht des Anwalts durchaus Sinn machen: man bekommt regelmässig Fälle und kann viel Erfahrung sammeln.
Der Unterschied in diesen Dingen kann beträchtlich sein, ich gebe das mal als Beispiel: ein prominenter Topanwalt mit einem reichen Mandanten kann einen Stundensatz von $ 600 oder mehr vereinbaren (wobei in solchen Fällen wie hier eher mit Pauschalsätzen gearbeitet wird, also sagen wir mal man vereinbart $ 1 Million pauschal.) Der normale, erfahrene aber nicht prominente Anwalt vereinbart einen Stundensatz von $ 280 oder einen Pauschalbetrag von $ 95,000). Der beauftragte Pflichtverteidiger erhält $ 90 pro Stunde. Die Pauschalsätze beinhalten in diesen Fällen allerdings typischerweise die gesamte Verteidigung, also meist mehr als einen Anwalt und alle Bürokosten, Experten usw.