@Comtesse Es gibt sogenannte Latenzgifte, die tatsächlich erst mit Verspätung wirken.
Ich habe gestern mal ein wenig recherchiert, da dies doch ein sehr merkwürdiger Fall ist, der mich nicht losgelassen hat. Laut dem verlinkten Zeitungsartikel mit Informationen zum Obduktionsbericht sind vor allem drei Symptome festgestellt worden: Hirnödem, Lungenstau und Schockniere.
Ich bin kein Mediziner, aber diese drei Symptome hängen gewissermassen zusammen.
Das Hirnödem ist eine Schwellung des Gehirns, die sich je nachdem, wie sie ausfällt, unterschiedlich auf das Nervensystem auswirken kann.
Ob ein Hirnödem durch eine neurologische Affektion oder eine Schlafmittel-, eine Kohlenmonoxid-, eine Blausäure- oder eine Alkylphosphatvergiftung ausgelöst wurde, läßt sich nur durch einen Giftnachweis abklären.
http://toxcenter.org/artikel/Gift-im-Koerper.phpDie klinischen Symptome einer Alkylphosphatvergiftung sind auf ein massives Überwiegen des Parasympathikus zurückzuführen. Die Trias aus Miosis, Hypersalivation und Bradykardie kann als Charakteristikum gelten. Häufig sind die Patienten bei Einlieferung bewußtlos, schweißgebadet und nicht spontan atmend.
http://flexikon.doccheck.com/de/AlkylphosphatintoxikationDer Parasympathikus ist ein Teil des vegetativen Nervensystems. Miosis ist Pupillenverengung, Bradykardie eine Senkung der Herzfrequenz.
Die wiederum kann zu einem Lungenstau führen, der dadurch entsteht, dass das Blut nur noch ungenügend aus der Lunge abgepumpt wird.
Eine Schockniere wiederum muss anscheinend nicht plötzlich auftreten, laut Wikipedia ist es "ein, in Zusammenhang mit einem manifesten Schockgeschehen auftretendes, mehr oder minder ausgeprägtes Nierenversagen."
Der Begriff Schock bezeichnet in der Medizin ein lebensbedrohliches Zustandsbild. Es bildet sich eine schwere Kreislaufstörung aus, bei der meist die Blutzirkulation in den Kapillaren vermindert ist. Als Folge treten eine Sauerstoffunterversorgung der Gewebe und in letzter Konsequenz ein Stoffwechselversagen auf. Ursache ist meist eine erhebliche Verminderung des zirkulierenden Blutes. Blut- oder Flüssigkeitsverlust, Versagen der Kreislaufregulation in der Körperperipherie, etwa bei Blutvergiftung oder allergische Reaktionen vom Soforttyp (Anaphylaxie) können einen Schock hervorrufen. Auch wenn das Herz versagt und nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Blut in die Peripherie zu pumpen, kann es zum Schock kommen.
Wikipedia sagt zum Thema Alkylphosphate:
Phosphorsäureester (auch Alkylphosphate) dienen in Kunststoffen und Lacken als Weichmacher, Flammschutzmittel, Härter, als Beiz- und Haftmittel beim Aufbringen von Farben und Lacken, in der Metalloberflächenbehandlung als reinigende, korrosionshemmende und haftvermittelnde Substanzen, als Hilfsmittel für Textilien und Papier, als Putz- und Reinigungsmittel, Hydraulik-Flüssigkeit, Öl- und Treibstoffadditive.
Alkylphosphate sind beispielsweise in Pflanzenschutzmittel enthalten. Gängige Substanzen sind DDVP und Parathion. Als chemische Waffen werden Alkylphosphate in Form des Nervengiftes Sarin eingesetzt (zuletzt 2013 in Syrien)... Zu beachten ist, dass Alkylphosphate nicht nur mit der Atemluft oder oral aufgenommen werden, sondern auch durch die Kleidung aufgenommen werden kann ("Pflanzenschutzmittel auf Hose").
http://flexikon.doccheck.com/de/AlkylphosphatintoxikationAlso handelt es sich durchaus um Substanzen, mit denen man bei der Arbeit in einer Autowerkstatt in Berührung kommen kann. Wenn sie das Gift nicht direkt, sondern allmählich, z.B. über die Kleidung/Haut aufgenommen haben, könnte das vielleicht erklären, warum der körperliche Zusammenbruch erst so viel später eingetreten ist.
Hier
https://books.google.de/books?id=vrmUBwAAQBAJ&pg=PA894&lpg=PA894&dq=Alkyl+Phosphate+nachweisbar&source=bl&ots=vfEVoZ-_FH&sig=RFT5wI4gPd7h1OBT8afOPljdoRs&hl=en&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Alkyl%20Phosphate%20nachweisbar&f=false (74. Kongreß: Wiesbaden, 22. bis 25. April 1968, S.894) wird erwähnt, "protrahierte Verlaufsformen bei Vergiftungen durch Alkylphosphate sind lange bekannt"...
Allerdings hat man ja anscheinend weder in den Körpern der beiden Opfer noch bei der Untersuchung der Werkstatt etwas eindeutiges nachgewiesen.
Und beim Googeln bin ich noch auf einen interessanten Link gestoßen:
https://books.google.de/books?id=URvpBQAAQBAJ&pg=PA305&lpg=PA305&dq=hirn%C3%B6dem+vergiftung&source=bl&ots=HjdMr1bgM7&sig=TMmWfWMv-j4JPhzFn_jgMtven50&hl=en&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=hirn%C3%B6dem%20vergiftung&f=falseIn "Vergiftungen und akute Arzneimittelüberdosierungen: Wirkungsmechanismus ... By Gudrun Späth", S.305, wird eine Vergiftung beschrieben, die sowohl Herzprobleme, Hirnödem, Lungenstau als auch Nierenversagen zur Folge haben kann.
Es geht um ein Mittel gegen Kopf- und andere Schmerzen namens Optalidon, welches aus Aminophenazon, Propyphenazon, Butalbital und Coffein besteht. Das Buch stammt allerdings aus dem Jahr 1982.
Optalidon ist inzwischen in der Form vom Markt genommen; was heute unter dem Namen erhältlich ist, hat eine etwas andere Rezeptur. Es gibt aber nach wie vor Optalidon mit der ursprünglichen Rezeptur im Ausland, sowie unter anderem Namen.
http://www.testberichte.de/r/produkt-meinung/novartis-optalidon-n-dragees-zaepfchen-80976-1.htmlDie beiden könnten also theoretisch dran gekommen sein, wobei sie aber für die starken Vergiftungserscheinungen schon eine gewaltige Menge davon konsumiert haben müßten.
Da halte ich den unbemerkten Kontakt mit Alkylphosphaten in der Werkstatt für wahrscheinlicher. Und wenn die vergiftende Substanz dann vielleicht aufgebraucht war, hat man den leeren Eimer (oder was immer) weggeworfen und vielleicht gar nicht mehr daran gedacht.