Gütersloh 2009, Mordfall Amtenbrink - noch immer ungeklärt
15.05.2015 um 08:21
Ich habe mir jetzt auch noch mal Gedanken gemacht. In Mordfällen ohne erkennbares Motiv muss man sich ja irgendwann immer fragen "Cui bono?" - "Wem nutzt es?" Wer hat einen Vorteil davon, dass Frau Amtenbrink tot ist? Raub scheidet als Motiv aus. Aber die Menschen haben ja schon aus banalsten Gründen getötet. Ich erinnere mich an den Fall einer jungen Frau Anfang 20, die in ihrem Hausflur überfallen und erstochen wurde. Sie wurde weder beraubt noch vergewaltigt und alles ging blitzschnell. Es gab keinen Streit mit irgendwelchen Ex-Freunden und sonst kein ersichtliches Motiv. Als man später den Täter schnappte - einen jungen Mann aus der Nachbarschaft - und das Motiv erfuhr, konnte es Banaler nicht sein: Er wollte Zuhause ausziehen, aber in der Straße bleiben, daher hatte er gehofft, er könnte die Wohnung der jungen Frau bekommen, wenn die frei wird nach ihrem Tod. So fiel er dann auch der Polizei auf - weil er sich zügig nach ihrem Tod beim Vermieter nach der Wohnung erkundigte und sich die schon reservieren lassen wollte. Der fand das geschmacklos und bedenklich und hat die Polizei davon in Kenntnis gesetzt.
Das nur als Beispiel, was es alles für merkwürdige Motivationen gibt. Hier im Fall tue ich mich aber sehr schwer, ein Motiv zu finden, denn der Täter hat Frau Amtenbrink nicht einfach getötet, um sie loszuwerden, er hat sie im gegenteil 3 Tage irgendwohin mitgenommen und da festgehalten, bevor er sie tötete. Das Motiv kann also nicht gewesen sein, sie loszuwerden, das Motiv sehe ich eher in den 3 Tagen, die er sie bei sich hatte. Warum wollte er sie bei sich haben 3 Tage lang und warum musste er sie danach töten?
Ich habe mich auch schon gefragt, ob sie nach dem Fest noch auf den Friedhof gegangen ist, und halte dies für sehr wahrscheinlich, wenn sie das ursprünglich vor hatte! Sie hat auf dem Fest nachweislich mit mehreren Menschen über ihren toten Mann gesprochen und dabei den Eindruck gemacht, dass sie unter dem Verlust immer noch sehr leidet. Es wäre sehr merkwürdig in meinen Augen, wenn sie danach NICHT zum Friedhof gegangen wäre, schon allein aus schlechtem Gewissen ihm gegenüber. Es war Ende Mai und dasselbe lange Wochenende wie jetzt auch. Die Sonne wäre erst in ein paar Stunden untergegangen, sie hatte also genug Zeit, noch zum Friedhof zu gehen, auch wenn der nicht in der Nähe war. Jemand schrieb hier, ihr Grabstein hat kein Datum. Weiß denn niemand, wo ihr Grab ist? Das ist ja sicher auf demselben Friedhof, wo auch ihr Mann liegt. Wenn man das wüsste, welcher Friedhof das ist, könnte man mal auf der Karte schauen, wie weit er vom Fest entfernt ist.
Wie dem auch sei, ich bin davon ziemlich überzeugt, dass sie noch zum Friedhof ging. Dort war um die Uhrzeit am späten Nachmittag sicher weitaus weniger los als auf dem Fest und drumherum - ein Täter hätte es dort viel leichter, unbemerkt von anderen Zeugen mit Frau Amtenbrink ins Gespräch zu kommen, im Gegensatz zu der Umgebung des Festes.
Ich stelle mir einen eher jungen Mann vor, der einsam war an diesem langen Wochenende. Vielleicht wohnte er noch bei den Eltern und die waren über das lange Wochenende ausgeflogen. Er ist vielleicht ein Außenseitertyp, der nun noch 3 einsame Tage vor sich hat, und ihm fällt schon nach dem 1. Tag die Decke auf den Kopf. Einige Menschen zieht es aus morbider Faszination in der Dämmerung auf Friedhöfe. Vielleicht war er deshalb dort. Nun sieht er dort Frau Amtenbrink allein an dem Grab. Er denkt, sie ist ebenso eine einsame verlorene Seele wie er selbst und fühlt sich automatisch verbunden mit ihr dadurch. Er spricht sie an, grüßt erst scheu, wartet ihre Reaktion ab. Sie grüßt freundlich zurück, sagt vielleicht sogar was nettes wie: "Da bin ich ja doch nicht die Einzige um diese später zeit noch hier auf dem Friedhof." Sie kommen ins Gespräch, er fragt sie, ob das ihr Mann ist, der da liegt, sie bejaht es und ist froh, über ihren Mann reden zu können, erzählt ihm, dass sie gerade auf dem Fest war, er erzählt, wie allein er gerade ist und dass er nichts mit sich anzufangen weiß gerade. Sie gehen zusammen zurück vom Friedhof. Vielleicht lädt er sie dann zu sich ein auf einen Kaffee, sie zögert, aber er tut ihr Leid, weil er so einsam ist, also geht sie mit... Und dann lässt er sie einfach nicht mehr gehen und hält sie bis Sonntag fest. Sonntag muss er sie dann aber loswerden, weil die Eltern wiederkommen. Die einsame Zeit ist vorbei, er braucht Frau Amtenbrink dann nicht mehr als Gesellschaft. Er kann sie aber nicht einfach gehen lassen, weil sie ihn sonst verraten könnte, auch wenn sie verspricht, es nicht zu tun. Aber er hat sich der Freiheitsberaubung und evtl. auch Vergewaltigung schuldig gemacht... Also muss er sie töten.
Bemerkenswert finde ich, dass die Polizei davon ausgeht, der Täter hat Frau Amtenbrink am Sonntag im Laufe des Tages auf das Feld gebracht. Wieso das Risiko eingehen, es tagsüber zu tun, wenn er doch auch nachts es tun hätte können von SA auf SO? Ich denke, er war zu dem Zeitpunkt noch nicht sicher, ob er sie töten wird/muss, er zögerte es raus, bis es nicht mehr anders ging. Sonntag MUSSTE es dann sein, und sie musste auch sofort weg - warum? Das obige Szenario würde es erklären.
Warum aber fand man ihn nicht, wenn doch DNA-Tests gemacht wurden so ausgedeht? Vielleicht war der Täter da noch keine 18 sondern erst 16 oder 17 und fiel durchs Raster. Viele junge Männer können in dem Alter trotzdem schon Auto fahren. Evtl. haben die Eltern zwei Autos und eins stand zu Hause zur Verfügung für ihn. Niemand würde auf ihn als Täter kommen, weil er zu jung ist und keinen Führerschein hat.
Natürlich kann es auch ganz anders sein, ich habe nur versucht, aus den vorliegenden Fakten ein mögliches Szenario zu stricken... Ich finde es eben bemerkenswert, dass er sie genau für da lange Wochenende festhielt und frage mich, wieso genau für diese 4 Tage?