@Destinova Vorab, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein "Kontrollzentrum" mit zum Beispiel 2 Piloten, 4 Technikern, 2 Metereologen und 2 Ärzten im Zweifel mehr Fachwissen und Kompetenz in sich vereinigen, als es die zwei Piloten im Flugzeug vermögen. Zumal sich sich ja auch in einer entsprechend psychologisch äußerst herausfordernden Situation befinden. Doch diese Zukunftsvorstellung ist -bei allem Respekt und der grundsätzlichen Daseinsberechtigung in dieser Diskussion- meiner persönlichen Meinung nach, etwas naiv und zu kurz gegriffen.
Die Überwachung, Steuerung und Kontrolle eines Raketenstarts bei der NASA z.B. kann man mit dem zivilen Flugverkehr absolut nicht vergleichen. Aber spielen wir mal durch, was diese Idee losgelöst von der NASA bedeuten würde. Wir hätten also überall auf der Welt den Bedarf an verschiedenen Zentren dieser Art, damit jederzeit, rund um die Uhr eingegriffen werden kann. Diese Zentren wären mit der Überwachung von tausenden Flügen beschäftigt. Das kann A) keiner bezahlen und B) wäre es für die paar Fälle wo es zum tragen käme auch keine sinnvolle Maßnahme. Aber gut. Um beim Beispiel der LH zu bleiben: Das Problem stellte sich nicht in der Luft ein, sondern nachdem die Maschine aufgesetzt hatte. Es gab zu keinem Zeitpunkt die Erklärung einer Notlage der Crew, weil dafür schlicht keine Zeit war. Auch das Flugzeug erkannte keine Notlage, sondern blockte nur den Gegenschub, damit -nach der Computerlogik- erst garkeine Notlage entsteht. Wie hätte dieses Zentrum also davon erfahren sollen ? Und wieviel Zeit wäre verblieben, sich in das Problem einzuarbeiten, es theoretisch korrekt zu lösen und dann noch die richtigen Gegenmaßnahmen zu treffen ? Richtig. Keine ausreichende. Das Zentrum für Fachkompetente Sicherheitsüberwachung gegen Abstürze und Notlagen hätte hier nichts ausrichten können. Es wäre schlicht nutzlos.
Für welche Fälle eignet sich also so ein Zentrum ? Es müßte eine Notlage sein, die ein ausreichend großes Zeitfenster bietet, zu analysieren, korrekte Gegenmaßnahmen zu entwickeln und mit den richtigen Maßnahmen einzugreifen. Diese Notlage dürfte jedoch keine wesentlichen Teile des Flugzeuges lahmlegen. Denn wenn das Flugzeug z.B. lichterloh brennt, kann die geballte Fachkompetenz am Boden auch nichts mehr ausrichten. Wie viele Fälle betrifft das ? MMn kaum der Rede wert. Bis die Superpiloten am Boden die Situation erkannt und gebannt haben, ist der Flieger in der weit überwiegenden Anzahl der Notlagen schon längst abgestürzt. Und in wie vielen Fällen bemerken die Kompetenzzentren eine Notlage überhaupt ? Wenn ein Pilot das Flugzeug aus eigenem Versagen oder sogar Willen heraus gegen einen Berg fliegt (Controlled flight into terrain) gibt es für gewöhnlich erst kurz vor dem Aufprall einen Alarm, weil bis dahin alles normal ist. Im Falle der Germanwings dauerte es eine Ewigkeit, bis die Controller der ATC stutzig wurden. Hätte A.L. die Maschine in den Sturzflug gebracht, wäre es vorbei gewesen, ehe der Lotze überhaupt eine Notsituation erkannt hätte.
Kurz und gut: Die grundsätzliche Idee der Fernüberwachung und Kontrolle mag ja für den Laien zunächst reizvoll erscheinen. Aber wenn man sich damit mal ernsthaft und professionell auseinandersetzt, wird sich diese Idee schnell pulverisieren. Für 3 Fälle in 3 Jahrzehnten braucht man ein solches Zentrum nicht. Da ist die Gefahr, dass erst das Kompetenzzentrum mit "zu" gut gemeinten Eingriffen erst eine Katastrophe auslöst größer, als die Chance, bei ein paar wenigen Fällen eine Katastrophe abzuwenden. Die Sache funktioniert nur dann, wenn alle Flüge weltweit autonom und computergesteuert durchgeführt werden und dann ein Kompetenzrechenzentrum alle diese weltweiten Flüge überwacht. Davon sind wir jedoch noch Jahrzehnte entfernt. Davon kannst Du träumen. Aber ob wir es noch live erleben werden, ist mehr als fraglich.