sallomaeander schrieb:Das war ja in diesem Fall sogar so- und dennoch führte es nicht dazu, dass die Tat verhindert werden konnte.
Hätte es verhindert werden können?
Theoretisch wäre es nur möglich gewesen, wenn sich Annika zur Polizei begeben und dort alles ausgesagt hätte, was sie mit dieser Person verbindet und wie es zu dieser Bedrohung kam.
Was wäre dann geschehen?
In Stalkingfällen gibt es eine Gefährderansprache (die bei den Meisten unheimlich viel bewirkt, nämlich nichts) und, wenn man Glück hat, ein Annäherungsverbot…das viele umgehen können, weil ja kein Ermittler an ihren Schuhen klebt (in Spanien bekommen Leute, denen ein Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, eine Fussfessel, die sofort Alarm schlägt, wenn derjenige der anderen Person zu nahe kommt - davon ist Deutschland noch weit entfernt).
Muss gar nicht weit schauen. In München wurde eine junge Frau im Flur eines Mehrfamilienhauses, in dem sie lebte, von ihrem Ex abgestochen; obwohl sie alles, wirklich alles, gemacht hat, was man in Deutschland gegen einen Stalker machen kann (als Opfer), was möglich war.
Was, wenn es kein Stalker war? Sondern irgendjemand, den Annika irgendwo kennengelernt hatte und sich daraus ggf. diese Bedrohungslage entwickelt hat. Was hätten die Ermittlungsbehörden dann gemacht oder überhaupt machen können? Zu demjenigen gehen und ihn fragen? „Ach, die Annika? Ja ja, da hab‘ ich mal sowas gesagt. Wollt‘ ihr nur Angst machen, weil sie mich/mir …. getan/gemacht/weggenommen/ hat abblitzen lassen. Hat ja gut geklappt. War doch nicht ernst gemeint. Nie würd‘ ich ihr oder einer anderen was tun.“
Und dann? Bleibt so jemand unter Beobachtung? Hört man dessen Telefonate ab? Der hält vielleicht ein-zwei Monate die Füße still und wird dann wieder aktiv.
“Erfolg” hätte sie da vielleicht nur haben können, wenn bereits gegen die Person etwas vorliegt. Und dazu müsste sie die Person gut gekannt haben, dass sie mindestens Vor- und Nachnamen weiß.
Hätte die Tat verhindert werden können, wäre sie mit in den Urlaub gefahren? Ich persönlich denke nein, es hätte sie nur verschoben.
Füchschen schrieb:Die andere Hälfte besteht aus dem Unvermögen des Opfers, ihren eigenen Analyse- und Empfindungsfähigkeit zu vertrauen.
Leider hast du hier vollkommen Recht. Aber der eigenen Intuition zu vertrauen, wird einem im Laufe der Jahre abtrainiert, wenn man nicht gerade Eltern hat, die ihrer eigenen Intuition trauen und das ausleben.
Da reichen schon kleinste Dinge in der frühen Kindheit, um dieses Vertrauen in die eigenen „Antennen“ zu verlieren oder sie in Frage zu stellen.
Dann verdrängt man Angst und eine Bedrohungslage, wie bei Annika, weil man denkt „Wird schon gutgehen/passiert schon nix. Opa hat ja auch immer gesagt, Ängsten muss man sich stellen und bisher ist ja auch nie was passiert.“
Es ist traurig, was Annika geschehen ist. Sie hat gespürt, es kann/wird etwas passieren, sogar hätte sie die Person anscheinend benennen können; leider tat dieses nicht.
Beunruhigt hat sie ihre Mutter mit der Äußerung über die sehr reale Bedrohung ja schon.
Ich frage mich hier immer wieder, wieso sie zwar über die Bedrohung sprach, aber nicht „Wenn mir was passiert, dann war es…“.
Welche Vorbehalte hatte sie hier und warum?
Fragen, die sich nicht mehr beantworten lassen, es sei denn, man findet den Täter doch irgendwann, was ich mir sehr wünsche.