Totes Ehepaar in Maintal: Umgebracht in Notwehr? Nach der Tötung eines Ehepaares aus Frankfurt im Juni 2014 auf einem Grundstück in Maintal haben die beiden wegen Mordes und Totschlag angeklagten Männer, Vater und Sohn, vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Hanau gestanden, für den Tod der beiden 57-Jährigen verantwortlich zu sein. Allerdings ließen beide Erklärungen von ihren Verteidigern verlesen, die auf Notwehrsituationen schließen lassen sollen.
Der Prozess gegen die 60 und 30 Jahre alten Männer musste am Donnerstag neu gestartet werden, nach dem die Besetzung der Schöffen von der Verteidigung reklamiert worden und daraufhin der erste Anlauf nach zwei Verhandlungstagen abgebrochen worden war.
Der jüngere Angeklagte hatte in der Untersuchungshaft seine Situation auf dem ehemaligen Reiterhof auf ein Tonband gesprochen, woraus letztlich 400 Seiten niedergeschrieben worden sind. Eine Zusammenfassung daraus trug Verteidiger Karl Kühne-Geiling jetzt zum Prozessauftakt vor. Darin schilderte der 30-Jährige, dass er von dem getöteten Ehepaar sowie deren Tochter, die als Nebenklägerin auftritt und während der Verlesung wütend der Gerichtssaal verließ, und ihrem Ehemann seit 2011 gedemütigt und erniedrigt worden sei, zudem sei es des Öfteren zu tätlichen Übergriffen gekommen. Auch die Hunde der Getöteten hätten ihn und seinen Vater sowie auch Spaziergänger am Stadtrand von Maintal angegriffen und verletzt.
Anders als bisher bekannt, sind laut seinen Schilderungen die Besitzverhältnisse auf dem Reiterhof. Demnach soll nicht das Ehepaar das Grundstück gepachtet und dann an die Angeklagten untervermietet haben, sondern die Tochter. Da eine Nutzung als ständiger Wohnsitz dort nicht erlaubt gewesen sei und zudem sämtliche Anbindungen an das öffentliche Kanal- und Wassernetz fehlten, sei das Ehepaar allerdings darum bemüht gewesen, dass niemand davon erfährt, dass die beiden Angeklagten dort wohnten. Bei Verrat habe der Ehemann mit „seinen Jungs“ gedroht, dabei soll es sich um Männer aus der Fremdenlegion gehandelt haben. Doch laut den Erklärungen des 30-Jährigen hatte die örtliche Baubehörde von der angeblich illegalen Nutzung Wind bekommen und auch der Eigentümer soll davon erfahren und einen Anwalt eingeschaltet haben. Diese neue Entwicklung löste laut seinen Angaben die Eskalation am 6. Juni 2014 aus.
Das Ehepaar sei am Vormittag wie fast täglich auf das Grundstück gekommen, er habe sich allerdings absichtlich still in der Wohnung aufgehalten, um ihnen nicht zu begegnen. Seinen Vater vermutete er bei Nachbarn oder im hinteren Teil des weitläufigen Geländes. Nach dem der wenig später getötete 57-Jährige an die Tür geklopft habe, habe er schließlich dennoch geöffnet, als dieser die restliche Miete sowie einen Vorschuss für Juli gefordert habe, die Tür aber zunächst wieder geschlossen. Doch als der 57-Jährige laut mit „seinen Jungs“ gedroht und er zuvor auch schon ein Beil bei dem Ehepaar gesehen habe, will er die Tür erneut eröffnet haben. „Das war der größte Fehler meines Lebens“, zitierte ihn sein Verteidiger.
Anschließend soll es einen Kampf gegeben haben, den der Angeklagte mit seinem Verteidiger in der U-Haft nachgestellt hat, wo von auch Fotos in der Verhandlung gezeigt wurden. Der 57-Jährige habe ihn am Hals gepackt und gegen die Tür gedrückt, was sehr schmerzhaft gewesen sei. Um sich aus der Situation zu retten, habe er dem Ehepaar mitgeteilt, dass der Eigentümer des Grundstückes Kontakt zu ihm und seinem Vater aufgenommen habe und auch sie bereits einen Rechtsanwalt eingeschaltet hätten. Daraufhin soll der 57-Jährige kreidebleich geworden sein und dann ein Messer gezückt und an seinen Hals gehalten haben. „Ich hatte Todesangst“, zitierte ihn sein Verteidiger.
Mit beiden Händen habe er den Arm mit dem Messer nach unten gedrückt, dieses an sich genommen und dem 57-Jährigen seitlich in den Oberkörper gestochen. Er habe sich aus dem Würgegriff befreien und wegrennen wollen, sei aber von der Ehefrau gestoppt worden. Der 57-Jährige, offenbar zunächst unbeeindruckt von der Stichverletzung, habe ihn daraufhin von hinten gepackt, ihn in den Schwitzkasten genommen und sich auf ihn drauf gesetzt. Während der Mann seinen Hals zugedrückt habe, habe die Ehefrau versucht, mit dem Beil auf ihn einzuschlagen. Das Messer will der Angeklagte weiterhin in der Hand gehalten und trotz Widerstand mehrfach kleinere Stiche in den Oberkörper des 57-Jährigen gesetzt haben. In diesem Moment sei sein Vater dazugekommen und er habe zwei Schüsse gehört. Vom 60-Jährigen sei der Ehemann schließlich von ihm runtergezogen worden, er habe sich dann neben ihn gekniet und noch mehrfach auf ihn eingestochen. „Ich war wie in einem Blutrausch“, so seine eigenen Worten.
Sein wegen Mordes angeklagter Vater ließ verlautbaren, dass er, nach dem er das Kampfgeschehen bemerkt habe, zunächst seinem Sohn helfen wollte, aber das Ehepaar nicht wegziehen konnte, abgehalten auch von deren Hunden. Daraufhin sei er in den Vorraum der Wohnung gegangen und habe eine Pistole geholt, die er vor längerer Zeit von seinem Onkel erhalten habe. Als die Ehefrau mit dem Beil auf seinen Sohn einhacken wollte, habe er sie von hinten erschossen. Sie sei sofort tot gewesen, „die Hunde waren plötzlich lammfromm und folgten mir auf Schritt“, zitierte ihn sein Verteidiger Thomas Scherzberg. Wie in der Anklageschrift bereits verfasst, bestätigten beide, dass sie danach die beiden Leichen zunächst unter einem Sandhaufen und in der darauffolgenden Nacht dann unter einem Misthaufen vergraben haben.
In seinen ausführlichen Schilderung sprach der 30-Jährigen auch von Drogengeschäften des Ehepaares, zudem sollen sie über ein zweites Gelände in Frankfurt verfügen, „wir werden hier noch erschreckendes hören“, so Verteidiger Karl Kühne-Geiling. Der Prozess wird am 16. April ab 9 Uhr im Hanauer Landgericht fortgesetzt.
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