http://www.wz.de/lokales/wuppertal/sex-fuer-zulassung-ex-student-vor-gericht-1.2147904 (Archiv-Version vom 18.03.2016)Wuppertal. Hat Ulf G. (30) gezielt eine Dozentin der Wuppertaler Universität dazu benutzt, über sie an Studienbescheinigungen zu kommen? Um diese Frage geht es bei einem Prozess am Wuppertaler Landgericht. Der Vorwurf lautet Anstiftung zur Falschbeurkundung im Amt. Hintergrund ist eine grausige Bluttat: Ulf G. hat 2013 an einer Landstraße in Kaarst seinen Cousin Daniel D. (35) erschlagen, wurde wegen Totschlags zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Familie vermutet, dass die Schummelei an der Wuppertaler Uni zur Vorgeschichte dieser Tat gehört.
Dass die Dozentin (48) dem 18 Jahre jüngeren Studenten 2012 falsche Studienbescheinigungen ausstellte, steht fest. Das hat sie in ihrem eigenen - inzwischen eingestellten - Verfahren eingeräumt. Auch Ulf G. ließ seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen, nach der er die Liebesbeziehung schildert. Er habe die Dozentin nie unter Druck gesetzt oder gar bedroht.
Sie schilderte als Zeugin, wie sie sich ihm hingezogen gefühlt habe, sich bald eine Beziehung entwickelte. Nach der ersten Begegnung in einer Sprechstunde fand der meiste Kontakt über E-Mail und SMS statt. Nur zwei Mal hätten sie sich privat getroffen. Kurz danach sei unerwartet deutlich geworden, dass Ulf G. diverse Bescheinigungen fehlten, um sein Studium abschließen zu können. Er habe ihr leid getan: „Ich habe einfach gemerkt, wie verzweifelt er war.“ Sie habe ihm geholfen, obwohl ihre Beziehung schon beendet war. Ihr Mitleid wurde auch dadurch erregt, dass er ihr erzählte, seine Mutter und seine Tante seien an Krebs erkrankt. Sie selbst habe während ihres Studiums die Krebserkrankung ihres Vaters erlebt.
„Alles Lüge!“, murmelte der Vater des getöteten Daniel D., der wie weitere Verwandte der Wuppertaler Verhandlung zuhörte, von der Zuschauerbank. Später hörte das Gericht die Mutter des Angeklagten und die Mutter des Getöteten. Beide erklärten, nie an Krebs erkrankt gewesen zu sein. Und machten Ulf G. Vorwürfe, er habe sie betrogen und manipuliert. Die Mutter verlor die Nerven und schrie auch den Richter an: „Für mich ist diese Frau mitschuldig an dem Mord!“ Diese sei doch psychologisch geschult gewesen. Der Angeklagte hörte das mit gesenktem Blick an. Die Familie hofft noch immer auf eine Erklärung für den Totschlag. Sie vermutet, das Daniel D. seinem Cousin auf die Schliche kam und dieser Angst davor hatte, dass die Familie von seinem verkorksten Studium erfährt.
Das Verfahren gegen die Dozentin ist bereits gegen Zahlung von 10 000 Euro eingestellt worden. Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert hatte dazu erklärt, ihr Verhalten sei menschlich nachvollziehbar. Ulf G. wirft er dagegen kriminelle Energie vor und verhinderte, dass das Verfahren gegen ihn ebenfalls eingestellt wird.
Die Verhandlung dauert noch an.