Attacke im Zug11. Februar 2014 14:32; Akt: 11.02.2014 16:19 Print
Behinderten-Schläger kommt mit Busse davon
von R. Neumann -
Ein 22-Jähriger schlägt im Zug auf einen körperlich behinderten Mann ein. Jetzt wird der Täter zur Kasse gebeten. Unterdessen wird im Internet zur Selbstjustiz aufgerufen.
Grundlos beginnt der 22-jährige S.I.* im Zug zwischen Weinfelden und Bürglen den 39-jährigen Thomas M.* zu attackieren. Die Attacke sorgte für Empörung unter den 20-Minuten-Lesern.
Das Opfer, Thomas M., ist bekannt und beliebt in der Region. Nach der Attacke erhielt er Dutzende aufmunternde SMS, Telefone und gar Blumensträusse. Sein Vater, Hermann M. sagt: «Dieser riesige Zuspruch hat ihm sehr gut getan.»
Nach der Anzeige schaltete sich die Polizei ein und konnte Schläger S.I. schnell ausfindig machen. Es ist nicht seine erste Attacke auf Wehrlose. Einwohner von Weinfelden berichten, dass der junge Türke immer wieder am Bahnhof grundlos Passanten anpöble.
«Verwerfliche Tat»
Für die Attacke gegen Thomas M. – der unverletzt blieb – muss S.I. in die Tasche greifen. Bei der Staatsanwaltschaft Bischofszell läuft gemäss Sprecher Stefan Haffter ein Verfahren wegen «Tätlichkeiten». Der Täter werde mit einer Busse belegt. «In welcher Höhe diese ausfallen wird, kann noch nicht abschliessend gesagt werden.»
Strafrechts-Professor Jonas Weber sagt, dass bei der Festlegung der Busse verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. «Zum Beispiel die Verwerflichkeit der Tat. Dabei könnte die Behinderung des Opfers eine Rolle spielen, wenn sie für den Täter ersichtlich war.»
Auch die wirtschaftliche Situation des Täter könne eine Rolle spielen. Jonas Weber sagt: «Ich kenne die Umstände des Falls nicht, würde hier aber eine Busse von etwa 1000 Franken für angemessen halten.»
Täter sitzt in geschlossener Abteilung
Für Opfer Thomas M. ist die Sache mit dem Erlass des Strafbefehls erledigt, wie sein Vater sagt. Auch wenn sich S.I. nicht persönlich entschuldigt hat. «Der Betreuer des Täters fragte, ob Thomas eine Gegenüberstellung wünsche. Das lehnte er dann ab», sagt Hermann M. Der Täter sitze mittlerweile in der geschlossenen Abteilung der Stiftung Mansio in Münsterlingen. Auf Anfrage wollte ein Sprecher dazu keine Stellung nehmen.
Mittlerweile kursieren im Internet auf verschiedenen Seiten wie Facebook, Liveleak oder einer neu gegründeten «Anonymous CH»-Site Aufrufe zur Selbstjustiz. «Ich zahle demjenigen 50 Franken, der mir den Namen und die Adresse des Täters liefert», schreibt einer. Und auf einer Internet-Site wird ein Bild des Täters veröffentlicht mit dem Zusatz: «Anonymous Switzerland findet dich, du feige Sau! Erwarte uns am Bahnhof!»
Der Vater des Opfers verurteilt diese Aufrufe: «Diese Gewaltandrohungen sind schlimm.» Die Kantonspolizei Thurgau hat die Aufrufe ebenfalls registriert. Eine Sprecherin sagt: «Wir behalten es im Auge und werden Massnahmen ergreifen, wenn es nötig ist.» Schutzmassnahmen für den Täter seien noch keine veranlasst worden.
* Name der Redaktion bekannt
http://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/Behinderten-Schlaeger-kommt-mit-Busse-davon-13699886