Antimaterie
16.01.2005 um 02:11Von Manfred Jeitler, Institut für Hochenergiephysik der ÖAW
Kommt diese Energie, die bei der Begegnung von Teilchen und Antiteilchen entsteht, aus dem Nichts? Mitnichten! Die von Albert Einstein geschaffene Relativitätstheorie lehrt uns, dass Masse (oder, wenn man will, Materie) und Energie eigentlich ohnehin dasselbe sind und man sie ineinander umrechnen kann, so wie man auch Euro und Schilling gegeneinander umwechseln kann.
Allerdings ist der "Wechselkurs" ziemlich extrem, nicht einmal die Italiener mit dem Umstieg von Lire auf Euro müssen so viele Nullen wegstreichen! Der "Wechselkurs" von Materie und Energie wird nämlich durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit gegeben (die Lichtgeschwindigkeit mit sich selbst multipliziert).
Unheilvolles Szenario
Da das Licht in einer Sekunde 300 Millionen Meter (300 000 km) zurücklegt, müssen wir bei der Umrechnung von Masse in Energie (bei Verwendung der gebräuchlichen Einheiten Kilogramm und Joule) 17 Nullen anhängen! Wir können also sehr froh sein, dass wir im gewöhnlichen Leben nie mit Gegenständen aus Antimaterie zu tun haben.
Diese würden bei der Berührung mit gewöhnlicher Materie nicht nur sofort selbst verschwinden und eine ebensolche Menge Materie vernichten, sondern eine Explosion von solcher Energie verursachen, dass die Explosion einer Atombombe dagegen nur ein schwacher Funke wäre.
Gibt es denn dann überhaupt wirklich Antimaterie?
Vielleicht haben sich die Physiker da geirrt, etwas ausgerechnet, das man dann ja doch nie sieht? Keineswegs! Die Hochenergiephysiker haben Tag für Tag mit Antiteilchen zu tun, erzeugen sie in ihren Beschleunigern, messen sie in ihren Detektoren, sehen zu, wie sich Antiteilchen und Teilchen gegenseitig vernichten, oder wie aus bloßer Energie Teilchen-Antiteilchenpaare entstehen.
Dass niemand sonst etwas von diesen Vorgängen merkt, liegt daran, dass die Elementarteilchen so klein sind, so eine kleine Masse haben, dass selbst dann, wenn man beim Umrechnen in Energie-Einheiten 17 Nullen anhängen muss, sich die Energien noch sehr in Grenzen halten.
Regen von Teilchen und Antiteilchen
Die Erdatmosphäre wird ständig von hochenergetischen Teilchen aus dem Weltraum getroffen. Beim Zusammenstoß mit den Atomen der Luft entstehen sekundäre Teilchen und Antiteilchen
"Hochenergiephysik" ist also so zu verstehen, dass die untersuchten Teilchen im Vergleich zu ihrer Masse sehr hohe Energien haben, ihre gesamte Bewegungsenergie ist aber doch verschwindend gering im Vergleich zur Bewegungsenergie etwa eines Autos oder Fahrrades.
Die Antiteilchen werden auch nicht nur künstlich erzeugt, sie entstehen ständig bei Kollisionen hochenergetischer Teilchen aus dem Weltraum (der sogenannten kosmischen Strahlung, siehe Abbildung) mit den Atomen der Erdatmosphäre, und viele von diesen erreichen dann auch die Erdoberfläche, um dann aber alsbald zu zerfallen und mit gewöhnlicher Materie zu "zerstrahlen".
Wir stehen also ständig in einem Regen von Teilchen und Antiteilchen, der allerdings glücklicherweise so schwach ist, dass wir ohne spezielle Detektoren nichts davon bemerken.
Was wissen wir von den Antiteilchen?
Tatsächlich wurden die Antiteilchen zuerst vorausgesagt (1930, von Physik-Nobelpreisträger Paul Dirac) und erst dann experimentell gemessen (1932 wurden erstmals "Positronen", die Antiteilchen der Elektronen, gesichtet). Und die theoretischen Berechnungen lehren uns noch etwas anderes: beim so genannten Urknall entstanden vorerst genauso viele Antiteilchen wie Teilchen!
Warum? Jeder kennt den Spruch: Aus nichts wird nichts! Die Welt ist aber gar nicht aus dem Nichts entstanden, sondern aus reiner Energie. Nun kann sich aber Energie nicht einfach in Materie verwandeln, sondern nur in Paare von Teilchen und Antiteilchen (also Materie und eine entsprechende Menge Antimaterie).
Summe aller Quantenzahlen darf sich nicht ändern
Auch das kann man wieder ein bisschen mit der Geldwirtschaft vergleichen. Man kann nicht einfach Geld "erzeugen" (außer man betreibt eine inflationäre Politik). Wenn aber die Sparer ihr Geld auf die Bank tragen, können die Firmen dieses Geld in Form von Krediten bekommen. Die Summe der Spareinlagen muss immer der Summe aller Kredite (plus Rücklagen der Bank) entsprechen.
Die Physiker drücken das so aus: alle Teilchen haben so genannte "Quantenzahlen", und die Summe aller Quantenzahlen darf sich nicht ändern. So hat zum Beispiel ein Proton die "Baryonzahl" +1 (plus eins), und ein Antiproton die Baryonzahl -1 (minus eins). Wenn vorher in der Welt die Summe aller Baryonzahlen Null war, so kann ich ein Proton-Antiprotonpaar erzeugen, und die Summe (1-1) ist noch immer Null.
"Ewige" Naturgesetze
Aber was heißt hier "darf", wer "verbietet" denn, dass sich die Summe ändert? Kommt da die Teilchenpolizei und gibt dem Proton ein Strafmandat? Natürlich nicht, gemeint ist hier vielmehr, dass man das einfach nie beobachtet hat, es ist also eine Erfahrungstatsache, die als "Verbot" formuliert wird.
Und da wir annehmen, dass beim Urknall die Naturgesetze dieselben waren wie heute (sonst könnten wir ja gar keine Aussagen darüber machen), erwarten wir auf Grund unserer heutigen Erfahrung bei physikalischen Experimenten, dass damals genauso viel Materie wie Antimaterie entstanden sein muss.
Der Urknall
Astronomen, Kosmologen und Physiker haben gemeinsam ein ziemlich genaues Bild davon erarbeitet, wie unsere Welt entstanden ist. Vor gut 10 Milliarden Jahren war das Weltall nur so groß wie ein Punkt (eine "Singularität", wie man dies wissenschaftlich bezeichnet, ein Objekt ohne irgendeine Ausdehnung - was wir uns natürlich auch kaum vorstellen können), und wir wissen nicht, was vorher war, ja viele bestreiten, dass es überhaupt Sinn hat, nach dem "Vorher" zu fragen, denn zu jenem Zeitpunkt entstanden auch Raum und Zeit selber.
Tatsache ist wohl, dass es damals eine Art Explosion gab, der Punkt begann, sich sehr schnell auszudehnen. Diese Ausdehnung findet noch immer statt und wird nach neuesten Erkenntnissen vermutlich bis in alle Ewigkeit weiter dauern. (Augenfälliges Anzeichen dafür ist die sogenannte "Rotverschiebung" ferner Galaxien: durch den so genannten Doppler-Effekt erscheint deren Licht zu längeren Wellenlängen, ins Rote, verschoben.)
Beim Urknall entstanden Teilchen und Antiteilchen, viele sind bald wieder verschwunden, haben sich gegenseitig vernichtet oder sind zerfallen, und unsere heutige Welt mit allen Sternen, Galaxien, Planeten, Apfelbäumen und Autos besteht aus den Teilchen, die bis heute überlebt haben.
Bild "The Big Bang" in voller Größe
Aber - wieso sind wir dann überhaupt hier?
Der Raum zwischen den Sternen ist keineswegs völlig leer, sondern enthält an vielen Stellen Gasnebel, wie hier den berühmten Adler-Nebel, und andere Formen sogenannter "dunkler Materie".
Wieso haben sich nicht gleich nach dem Urknall alle Teilchen mit ihren Antiteilchen gegenseitig vernichtet? Nun, man könnte sich denken, dass die Teilchen beim Urknall so rasch auseinander flogen, dass sie einfach keine Zeit hatten, das entsprechende Antiteilchen zu finden. Natürlich, dort wo sich später Materie zusammengeballt hat, in den Sternen, ist es verständlich, dass nur jeweils Materie oder Antimaterie überbleiben konnte, der Rest musste wohl zerstrahlen.
Wir, unsere Erde, die anderen Planeten und die Sonne bestehen aus Materie. Sind vielleicht andere Sonnensysteme in unserer Nachbarschaft aus Antimaterie aufgebaut? Soviel wir wissen, nein, in unserer ganzen Milchstraße gibt es praktisch keine Antimaterie. Das könnte man sich dadurch erklären, dass die verschiedenen Sonnensysteme und die "interstellare Materie" einander zu oft begegnen und dass daher etwaige Antimaterie-Sonnen schon zerstrahlt sind.
Bestehen alle Galaxien aus Materie?
Aber andere Galaxien könnten doch wohl aus Antimaterie bestehen? Müssen künftige Raumreisende also da recht vorsichtig sein, bevor sie in einer anderen Galaxie landen? (Immerhin haben sie auf der Reise dorthin ja einige Millionen Jahre Zeit, sich das gut zu überlegen!) Soviel wir wissen, bestehen aber auch alle anderen Galaxien aus Materie und nicht aus Antimaterie.
Dafür gibt es viele Hinweise, unter anderem sucht man in der kosmischen Strahlung nach "primären Antiteilchen", also Antiteilchen, die aus dem Kosmos kommen und nicht bei Zusammenstößen in der Atmosphäre entstanden sind, und bis jetzt wurden keine solchen aus den Tiefen des Weltalls stammende Antiteilchen gefunden.
Der Gastbeitrag von Manfred Jeitler für science.ORF.at ist in zwei Teilen erschienen: Materie und Antimaterie, Teil 2
Reproduktion der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung des CERN.
Manfred Jeitler, Institut für Hochenergiephysik der ÖAW
Mitarbeiter am Experiment: NA48, CERN (Genf)
Institut für Hochenergiephysik, ÖAW
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Jesuitenarchitektur in Italien 1540-1773
Auf der Spur neuer Antibiotika
Neue Einblicke in das menschliche Gehirn
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Giftigen Blaualgen in Österreichs Seen auf der Spur
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speedmaster89 | 25.10, 15:23
????
ich finde den bericht nicht besonders gut, da wichtige fachbegriffe zum thema antimaterie, wie zb annihilation usw nicht erklärt weden
bobaphat1 | 09.07, 20:39
Süßer Bericht :)
"Teilchenphys ik für Leute, die sich sonst immer alles vom Mascherl-Schüssel erklärt haben lassen" :) Na ernsthaft ich find's gut, wenn sich Menschen, die sonst nie wissenschaftliche Arbeiten lesen das durchlesen, verstehn sie wenigstens mal was!
naservuskaiser | 08.07, 19:32
an manfred jeitler
sehr gut geschriebener beitrag! gratulation, wirklich toll. sie versuchen auf durchaus humorvolle und verständliche weise diese komplizierten dinge verständlich zu machen.
oberlindner | 09.07, 15:48
leider voller Fehler
und je mehr verständlich umso fehlerhafter ist dieser Bericht.
Einfach zum Vergessen.
rainium | 08.07, 19:14
Das Bild ist nicht der Orionnebel
sondern ein Teil von M16 - Adlernebel - übrigens jetzt im Sommer sehr schön im Süden mit dem Feldstecher zu sehen.
luipa | 08.07, 13:22
Die Vergleiche mit der
Bankwirtschaft sind total falsch und beruhen auf mittelalterlichen Vorstellungen . Im 21 Jahrhundert leben alle von der Kreditwirtschaft und die Einlagen der Sparer entsprechen nicht mehr als ein paar Prozente des Kreditvolumen. Hoffe der Rest des Berichts enthält nicht mehr solche gravierende Fehler.
paceyforni | 08.07, 13:01
Meterie hin Antimaterie her
Also mal für die ganz dummen (Mich zum Beispiel) !
Kann mir mal einer erklären...
1.)Wie machen die Wissenschaftler in ihren Labors Antimaterie ?
2.)Wie soll sich das Universum in "nur" 10 Milliarden Jahren, so entwickelt haben ? Schließlich muß ja die Zeit langsamer vergangen sein, als heute. Heißt das nicht dass es mehr als 10 Milliarden Jahre waren ?
3.)Wenn die Zeit früher langsamer vergangen ist und sich das Universum immer ausdehnt, heißt das nicht, dass die Zeit immer schneller werden würde ?
4.)Ist Zeit nicht eine Erfindung des Menschens ?!!?
ringtone | 08.07, 13:40
antwortversuche...
bin kein physiker, aber ich versuchs mal... bitte sagen, wenn ich großen blödsinn verzapft haben sollte.
1.) wie ich das verstanden habe, geht das so: sehr hohe energien erzeugen, und früher oder später machts plopp und wir haben ein materie-antimaterie-pärchen. dann mußt du die beiden trennen - fertig.
2-3.) wurscht, wie schnell die zeit vergeht, du würdest den unterschied nicht merken. is ist ja nicht so, daß dann der tag plötzlich 25 stunden hat, weil die uhren (und alles andere) auch langsamer gehen. ein vergleich: würde plötzlich alles, aber auch wirklich alles um die hälfte kleiner werden - würde sich für dich nix verändern.
4.) nein, zeit ist keine erfindung des menschen. ausdehnungen in den raumdimensionen sind ja auch keine erfindungen des menschen. möglichkeiten, diese zu messen, die passenden geräte und einheiten dazu - ja, das sind erfindungen des menschen.
shushannah | 08.07, 18:33
Die eigentliche Zeit ist die Gegenwart. Durch die Fähigkeit, uns an Geschehnisse zu erinnern, die nicht jetzt passieren, erkannten wir die Vergangenheit und vermuteten eine Zukunft.
Die Zeit zu messen ist Erfindung des Menschen. Er misst sie nach Abläufen von Gestirnen oder der Frequenz von Wellen. Das ist aber unexakt. So gibt es Theorien, dass Karl der Große in Wirklichkeit Karl der Fiktive genannt werden müsste. Es habe ihn und seine Zeit nie gegeben und wir dürften eigentlich erst das 18. Jhdt. schreiben.
Exakter ist unser subjektives Empfinden und darin vergeht sie relativ schnell oder langsam. Jedenfalls quälen uns die Uhren und zwingen uns eine künstliche Zeit auf.
pellegrino | 08.07, 11:40
Frage an den Autor ...
.. gibt es wo Überlegungen, wie die Zeit wenige Augenblicke nach dem Urknall ausgesehen hat ? Wenn so viel Materie so konzentriert beinander ist, verhält sich doch lt. Einstein auch die Zeit völlig anders. War zum Zeitpunkt des Urknalls auch eine Zeit-Singularität da ? Wurden da nicht Picosekunden zu Ewigkeiten ?
saltoffice | 08.07, 11:20
Schlagzeile umformulieren!
Liebes ORF Team. Seid so gut und formuliert die Schlagzeile dieses Beitrages in der Übersichtsseite um, da sie den Leser in die Irre führt
Tauscht das Wort Erde gegen das Wort Universum aus. Denn die Erde entstand erst ca. 10 Milliarden Jahre nach dem Urknall. Und was gleich wieder verschwinden hätte können, wäre nur das damals frischgeborene Universum gewesen.
meierei | 08.07, 11:42
saltoffice
Materie, Materie wäre verschwunden und nicht das Universum!
luipa | 08.07, 13:32
ja ja lauter
Fehler in diesem Bericht - am besten ersatzlos streichen.
Die ORF.at-Foren sind allgemein zugängliche, offene und demokratische Diskursplattformen. Bitte bleiben Sie sachlich und bemühen Sie sich um eine faire und freundliche Diskussionsatmosphäre. Die Redaktion übernimmt keinerlei Verantwortung für den Inhalt der Beiträge, behält sich aber das Recht vor, krass unsachliche, rechtswidrige oder moralisch bedenkliche Beiträge sowie Beiträge, die dem Ansehen des Mediums schaden, zu löschen und nötigenfalls User aus der Debatte auszuschließen.
Sie als Verfasser haften für sämtliche von Ihnen veröffentlichte Beiträge selbst und können dafür auch gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden. Beachten Sie daher bitte, dass auch die freie Meinungsäußerung im Internet den Schranken des geltenden Rechts, insbesondere des Strafgesetzbuches (Üble Nachrede, Ehrenbeleidigung etc.) und des Verbotsgesetzes, unterliegt. Die Redaktion behält sich vor, strafrechtlich relevante Tatbestände gegebenenfalls den zuständigen Behörden zur Kenntnis zu bringen.
Die Registrierungsbedingungen sind zu akzeptieren und einzuhalten, ebenso Chatiquette und Netiquette!
Experten widerspricht man nicht!!
Besser man wartet bis sie es selber tun.
Kommt diese Energie, die bei der Begegnung von Teilchen und Antiteilchen entsteht, aus dem Nichts? Mitnichten! Die von Albert Einstein geschaffene Relativitätstheorie lehrt uns, dass Masse (oder, wenn man will, Materie) und Energie eigentlich ohnehin dasselbe sind und man sie ineinander umrechnen kann, so wie man auch Euro und Schilling gegeneinander umwechseln kann.
Allerdings ist der "Wechselkurs" ziemlich extrem, nicht einmal die Italiener mit dem Umstieg von Lire auf Euro müssen so viele Nullen wegstreichen! Der "Wechselkurs" von Materie und Energie wird nämlich durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit gegeben (die Lichtgeschwindigkeit mit sich selbst multipliziert).
Unheilvolles Szenario
Da das Licht in einer Sekunde 300 Millionen Meter (300 000 km) zurücklegt, müssen wir bei der Umrechnung von Masse in Energie (bei Verwendung der gebräuchlichen Einheiten Kilogramm und Joule) 17 Nullen anhängen! Wir können also sehr froh sein, dass wir im gewöhnlichen Leben nie mit Gegenständen aus Antimaterie zu tun haben.
Diese würden bei der Berührung mit gewöhnlicher Materie nicht nur sofort selbst verschwinden und eine ebensolche Menge Materie vernichten, sondern eine Explosion von solcher Energie verursachen, dass die Explosion einer Atombombe dagegen nur ein schwacher Funke wäre.
Gibt es denn dann überhaupt wirklich Antimaterie?
Vielleicht haben sich die Physiker da geirrt, etwas ausgerechnet, das man dann ja doch nie sieht? Keineswegs! Die Hochenergiephysiker haben Tag für Tag mit Antiteilchen zu tun, erzeugen sie in ihren Beschleunigern, messen sie in ihren Detektoren, sehen zu, wie sich Antiteilchen und Teilchen gegenseitig vernichten, oder wie aus bloßer Energie Teilchen-Antiteilchenpaare entstehen.
Dass niemand sonst etwas von diesen Vorgängen merkt, liegt daran, dass die Elementarteilchen so klein sind, so eine kleine Masse haben, dass selbst dann, wenn man beim Umrechnen in Energie-Einheiten 17 Nullen anhängen muss, sich die Energien noch sehr in Grenzen halten.
Regen von Teilchen und Antiteilchen
Die Erdatmosphäre wird ständig von hochenergetischen Teilchen aus dem Weltraum getroffen. Beim Zusammenstoß mit den Atomen der Luft entstehen sekundäre Teilchen und Antiteilchen
"Hochenergiephysik" ist also so zu verstehen, dass die untersuchten Teilchen im Vergleich zu ihrer Masse sehr hohe Energien haben, ihre gesamte Bewegungsenergie ist aber doch verschwindend gering im Vergleich zur Bewegungsenergie etwa eines Autos oder Fahrrades.
Die Antiteilchen werden auch nicht nur künstlich erzeugt, sie entstehen ständig bei Kollisionen hochenergetischer Teilchen aus dem Weltraum (der sogenannten kosmischen Strahlung, siehe Abbildung) mit den Atomen der Erdatmosphäre, und viele von diesen erreichen dann auch die Erdoberfläche, um dann aber alsbald zu zerfallen und mit gewöhnlicher Materie zu "zerstrahlen".
Wir stehen also ständig in einem Regen von Teilchen und Antiteilchen, der allerdings glücklicherweise so schwach ist, dass wir ohne spezielle Detektoren nichts davon bemerken.
Was wissen wir von den Antiteilchen?
Tatsächlich wurden die Antiteilchen zuerst vorausgesagt (1930, von Physik-Nobelpreisträger Paul Dirac) und erst dann experimentell gemessen (1932 wurden erstmals "Positronen", die Antiteilchen der Elektronen, gesichtet). Und die theoretischen Berechnungen lehren uns noch etwas anderes: beim so genannten Urknall entstanden vorerst genauso viele Antiteilchen wie Teilchen!
Warum? Jeder kennt den Spruch: Aus nichts wird nichts! Die Welt ist aber gar nicht aus dem Nichts entstanden, sondern aus reiner Energie. Nun kann sich aber Energie nicht einfach in Materie verwandeln, sondern nur in Paare von Teilchen und Antiteilchen (also Materie und eine entsprechende Menge Antimaterie).
Summe aller Quantenzahlen darf sich nicht ändern
Auch das kann man wieder ein bisschen mit der Geldwirtschaft vergleichen. Man kann nicht einfach Geld "erzeugen" (außer man betreibt eine inflationäre Politik). Wenn aber die Sparer ihr Geld auf die Bank tragen, können die Firmen dieses Geld in Form von Krediten bekommen. Die Summe der Spareinlagen muss immer der Summe aller Kredite (plus Rücklagen der Bank) entsprechen.
Die Physiker drücken das so aus: alle Teilchen haben so genannte "Quantenzahlen", und die Summe aller Quantenzahlen darf sich nicht ändern. So hat zum Beispiel ein Proton die "Baryonzahl" +1 (plus eins), und ein Antiproton die Baryonzahl -1 (minus eins). Wenn vorher in der Welt die Summe aller Baryonzahlen Null war, so kann ich ein Proton-Antiprotonpaar erzeugen, und die Summe (1-1) ist noch immer Null.
"Ewige" Naturgesetze
Aber was heißt hier "darf", wer "verbietet" denn, dass sich die Summe ändert? Kommt da die Teilchenpolizei und gibt dem Proton ein Strafmandat? Natürlich nicht, gemeint ist hier vielmehr, dass man das einfach nie beobachtet hat, es ist also eine Erfahrungstatsache, die als "Verbot" formuliert wird.
Und da wir annehmen, dass beim Urknall die Naturgesetze dieselben waren wie heute (sonst könnten wir ja gar keine Aussagen darüber machen), erwarten wir auf Grund unserer heutigen Erfahrung bei physikalischen Experimenten, dass damals genauso viel Materie wie Antimaterie entstanden sein muss.
Der Urknall
Astronomen, Kosmologen und Physiker haben gemeinsam ein ziemlich genaues Bild davon erarbeitet, wie unsere Welt entstanden ist. Vor gut 10 Milliarden Jahren war das Weltall nur so groß wie ein Punkt (eine "Singularität", wie man dies wissenschaftlich bezeichnet, ein Objekt ohne irgendeine Ausdehnung - was wir uns natürlich auch kaum vorstellen können), und wir wissen nicht, was vorher war, ja viele bestreiten, dass es überhaupt Sinn hat, nach dem "Vorher" zu fragen, denn zu jenem Zeitpunkt entstanden auch Raum und Zeit selber.
Tatsache ist wohl, dass es damals eine Art Explosion gab, der Punkt begann, sich sehr schnell auszudehnen. Diese Ausdehnung findet noch immer statt und wird nach neuesten Erkenntnissen vermutlich bis in alle Ewigkeit weiter dauern. (Augenfälliges Anzeichen dafür ist die sogenannte "Rotverschiebung" ferner Galaxien: durch den so genannten Doppler-Effekt erscheint deren Licht zu längeren Wellenlängen, ins Rote, verschoben.)
Beim Urknall entstanden Teilchen und Antiteilchen, viele sind bald wieder verschwunden, haben sich gegenseitig vernichtet oder sind zerfallen, und unsere heutige Welt mit allen Sternen, Galaxien, Planeten, Apfelbäumen und Autos besteht aus den Teilchen, die bis heute überlebt haben.
Bild "The Big Bang" in voller Größe
Aber - wieso sind wir dann überhaupt hier?
Der Raum zwischen den Sternen ist keineswegs völlig leer, sondern enthält an vielen Stellen Gasnebel, wie hier den berühmten Adler-Nebel, und andere Formen sogenannter "dunkler Materie".
Wieso haben sich nicht gleich nach dem Urknall alle Teilchen mit ihren Antiteilchen gegenseitig vernichtet? Nun, man könnte sich denken, dass die Teilchen beim Urknall so rasch auseinander flogen, dass sie einfach keine Zeit hatten, das entsprechende Antiteilchen zu finden. Natürlich, dort wo sich später Materie zusammengeballt hat, in den Sternen, ist es verständlich, dass nur jeweils Materie oder Antimaterie überbleiben konnte, der Rest musste wohl zerstrahlen.
Wir, unsere Erde, die anderen Planeten und die Sonne bestehen aus Materie. Sind vielleicht andere Sonnensysteme in unserer Nachbarschaft aus Antimaterie aufgebaut? Soviel wir wissen, nein, in unserer ganzen Milchstraße gibt es praktisch keine Antimaterie. Das könnte man sich dadurch erklären, dass die verschiedenen Sonnensysteme und die "interstellare Materie" einander zu oft begegnen und dass daher etwaige Antimaterie-Sonnen schon zerstrahlt sind.
Bestehen alle Galaxien aus Materie?
Aber andere Galaxien könnten doch wohl aus Antimaterie bestehen? Müssen künftige Raumreisende also da recht vorsichtig sein, bevor sie in einer anderen Galaxie landen? (Immerhin haben sie auf der Reise dorthin ja einige Millionen Jahre Zeit, sich das gut zu überlegen!) Soviel wir wissen, bestehen aber auch alle anderen Galaxien aus Materie und nicht aus Antimaterie.
Dafür gibt es viele Hinweise, unter anderem sucht man in der kosmischen Strahlung nach "primären Antiteilchen", also Antiteilchen, die aus dem Kosmos kommen und nicht bei Zusammenstößen in der Atmosphäre entstanden sind, und bis jetzt wurden keine solchen aus den Tiefen des Weltalls stammende Antiteilchen gefunden.
Der Gastbeitrag von Manfred Jeitler für science.ORF.at ist in zwei Teilen erschienen: Materie und Antimaterie, Teil 2
Reproduktion der Abbildungen mit freundlicher Genehmigung des CERN.
Manfred Jeitler, Institut für Hochenergiephysik der ÖAW
Mitarbeiter am Experiment: NA48, CERN (Genf)
Institut für Hochenergiephysik, ÖAW
Weitere Young Science-Beiträge in science.ORF.at:
Zellulärer Transportmechanismus
Jesuitenarchitektur in Italien 1540-1773
Auf der Spur neuer Antibiotika
Neue Einblicke in das menschliche Gehirn
Kein "Zwutschkerl": Bairische Mundarten in Österreich
Spurensuche nach slawischen Wurzeln
Giftigen Blaualgen in Österreichs Seen auf der Spur
Young Science auf der Homepage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
ORF ON Science : News : Wissen und Bildung
speedmaster89 | 25.10, 15:23
????
ich finde den bericht nicht besonders gut, da wichtige fachbegriffe zum thema antimaterie, wie zb annihilation usw nicht erklärt weden
bobaphat1 | 09.07, 20:39
Süßer Bericht :)
"Teilchenphys ik für Leute, die sich sonst immer alles vom Mascherl-Schüssel erklärt haben lassen" :) Na ernsthaft ich find's gut, wenn sich Menschen, die sonst nie wissenschaftliche Arbeiten lesen das durchlesen, verstehn sie wenigstens mal was!
naservuskaiser | 08.07, 19:32
an manfred jeitler
sehr gut geschriebener beitrag! gratulation, wirklich toll. sie versuchen auf durchaus humorvolle und verständliche weise diese komplizierten dinge verständlich zu machen.
oberlindner | 09.07, 15:48
leider voller Fehler
und je mehr verständlich umso fehlerhafter ist dieser Bericht.
Einfach zum Vergessen.
rainium | 08.07, 19:14
Das Bild ist nicht der Orionnebel
sondern ein Teil von M16 - Adlernebel - übrigens jetzt im Sommer sehr schön im Süden mit dem Feldstecher zu sehen.
luipa | 08.07, 13:22
Die Vergleiche mit der
Bankwirtschaft sind total falsch und beruhen auf mittelalterlichen Vorstellungen . Im 21 Jahrhundert leben alle von der Kreditwirtschaft und die Einlagen der Sparer entsprechen nicht mehr als ein paar Prozente des Kreditvolumen. Hoffe der Rest des Berichts enthält nicht mehr solche gravierende Fehler.
paceyforni | 08.07, 13:01
Meterie hin Antimaterie her
Also mal für die ganz dummen (Mich zum Beispiel) !
Kann mir mal einer erklären...
1.)Wie machen die Wissenschaftler in ihren Labors Antimaterie ?
2.)Wie soll sich das Universum in "nur" 10 Milliarden Jahren, so entwickelt haben ? Schließlich muß ja die Zeit langsamer vergangen sein, als heute. Heißt das nicht dass es mehr als 10 Milliarden Jahre waren ?
3.)Wenn die Zeit früher langsamer vergangen ist und sich das Universum immer ausdehnt, heißt das nicht, dass die Zeit immer schneller werden würde ?
4.)Ist Zeit nicht eine Erfindung des Menschens ?!!?
ringtone | 08.07, 13:40
antwortversuche...
bin kein physiker, aber ich versuchs mal... bitte sagen, wenn ich großen blödsinn verzapft haben sollte.
1.) wie ich das verstanden habe, geht das so: sehr hohe energien erzeugen, und früher oder später machts plopp und wir haben ein materie-antimaterie-pärchen. dann mußt du die beiden trennen - fertig.
2-3.) wurscht, wie schnell die zeit vergeht, du würdest den unterschied nicht merken. is ist ja nicht so, daß dann der tag plötzlich 25 stunden hat, weil die uhren (und alles andere) auch langsamer gehen. ein vergleich: würde plötzlich alles, aber auch wirklich alles um die hälfte kleiner werden - würde sich für dich nix verändern.
4.) nein, zeit ist keine erfindung des menschen. ausdehnungen in den raumdimensionen sind ja auch keine erfindungen des menschen. möglichkeiten, diese zu messen, die passenden geräte und einheiten dazu - ja, das sind erfindungen des menschen.
shushannah | 08.07, 18:33
Die eigentliche Zeit ist die Gegenwart. Durch die Fähigkeit, uns an Geschehnisse zu erinnern, die nicht jetzt passieren, erkannten wir die Vergangenheit und vermuteten eine Zukunft.
Die Zeit zu messen ist Erfindung des Menschen. Er misst sie nach Abläufen von Gestirnen oder der Frequenz von Wellen. Das ist aber unexakt. So gibt es Theorien, dass Karl der Große in Wirklichkeit Karl der Fiktive genannt werden müsste. Es habe ihn und seine Zeit nie gegeben und wir dürften eigentlich erst das 18. Jhdt. schreiben.
Exakter ist unser subjektives Empfinden und darin vergeht sie relativ schnell oder langsam. Jedenfalls quälen uns die Uhren und zwingen uns eine künstliche Zeit auf.
pellegrino | 08.07, 11:40
Frage an den Autor ...
.. gibt es wo Überlegungen, wie die Zeit wenige Augenblicke nach dem Urknall ausgesehen hat ? Wenn so viel Materie so konzentriert beinander ist, verhält sich doch lt. Einstein auch die Zeit völlig anders. War zum Zeitpunkt des Urknalls auch eine Zeit-Singularität da ? Wurden da nicht Picosekunden zu Ewigkeiten ?
saltoffice | 08.07, 11:20
Schlagzeile umformulieren!
Liebes ORF Team. Seid so gut und formuliert die Schlagzeile dieses Beitrages in der Übersichtsseite um, da sie den Leser in die Irre führt
Tauscht das Wort Erde gegen das Wort Universum aus. Denn die Erde entstand erst ca. 10 Milliarden Jahre nach dem Urknall. Und was gleich wieder verschwinden hätte können, wäre nur das damals frischgeborene Universum gewesen.
meierei | 08.07, 11:42
saltoffice
Materie, Materie wäre verschwunden und nicht das Universum!
luipa | 08.07, 13:32
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Sie als Verfasser haften für sämtliche von Ihnen veröffentlichte Beiträge selbst und können dafür auch gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden. Beachten Sie daher bitte, dass auch die freie Meinungsäußerung im Internet den Schranken des geltenden Rechts, insbesondere des Strafgesetzbuches (Üble Nachrede, Ehrenbeleidigung etc.) und des Verbotsgesetzes, unterliegt. Die Redaktion behält sich vor, strafrechtlich relevante Tatbestände gegebenenfalls den zuständigen Behörden zur Kenntnis zu bringen.
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Experten widerspricht man nicht!!
Besser man wartet bis sie es selber tun.