Forschung hart am Urknall
19.10.2004 um 15:15Was haltet Ihr davon:
(DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2004)
In Genf wagen sich Wissenschafter an das große Experiment, im Teilchenbeschleuniger das Geheimnis des Universums zu lüften.
Oliver Bruning holt tief Luft und sagt: "Was wir hier machen, wird das größte Experiment der Welt." Der Physiker steigt in einen Aufzug. Dann gleitet er langsam 70 Meter unter die Erdoberfläche. Ein Ruck. Die massive Stahltür öffnet sich. Dahinter erstreckt sich im fahlen Licht eine lange Röhre. Die Menschen am Ende des Kanals sind nur noch als kleine Punkte zu erkennen. Der Forscher schreitet zu einer Landkarte. Sie bildet die schweizerisch-französische Grenzregion im Norden Genfs ab. Brunings Hand beschreibt einen Kreis. In der Realität ist dieser Tunnel 27 Kilometer lang und hat einen Durchmesser von fünf Metern. "Jetzt sind wir in dieser Röhre. Hier bauen wir den LHC, den Large Hadron Collider, hinein, den größten Teilchenbeschleuniger der Welt."
Was haben Bruning und seine Kollegen in der Europäischen Organisation für Kernforschung (Cern) vor? Warum stecken die Genfer Forscher rund zwei Milliarden Euro in ein Röhrensystem am Fuß des Juragebirges? "Wir lassen Teilchen mit Lichtgeschwindigkeit kollidieren. Dann wissen wir mehr, wie unser Universum entstand und woraus es besteht." Bevor die Cern-Forscher sich jedoch an den Ursprung allen Seins weiter herantasten, wollen sie feiern.
[...]
In drei Jahren soll es so weit sein. "Das Experiment ist im Grundsatz sehr einfach", sagt Oliver Bruning. Er läuft ein Teilstück des Tunnels ab und erklärt: Zunächst müssen 1200 Magneten in der unterirdischen Röhre zusammengefügt werden. Jeder Magnet, der einem riesigen Abwasserrohr gleicht, kostet 500.000 Euro. Der Magnetring ist praktisch der Beschleuniger.
"Das Anschalten des LHC funktioniert aber nicht wie bei einer Kaffeemaschine durch einen einzigen Knopfdruck. Bis alle Komponenten laufen, kann ein Jahr vergehen", prognostiziert Bruning. Der Apparat muss bei etwa 300 Grad unterhalb der Raumtemperatur arbeiten, also bei noch größerer Kälte als im Weltraum.
Das Prinzip: Der LHC wird zwei Protonenstrahlen in entgegengesetzte Richtung beschleunigen. Bei jedem Umlauf durch den 27 Kilometer langen Tunnel nehmen die Teilchen neue Energie auf. Schließlich prallen sie aufeinander - es entsteht eine ähnlich hohe Energiekonzentration wie beim Urknall. Dann kommen die Detektoren ins Spiel: Diese registrieren, was beim Zusammenstoß passiert. Die Menge der dabei verarbeiteten Daten gleicht jener des weltweiten Telefonverkehrs.
------------------------------------------------------------- -----------------------------
Auch zu finden unter www.derstandard.at
Lg
Syrch
(DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2004)
In Genf wagen sich Wissenschafter an das große Experiment, im Teilchenbeschleuniger das Geheimnis des Universums zu lüften.
Oliver Bruning holt tief Luft und sagt: "Was wir hier machen, wird das größte Experiment der Welt." Der Physiker steigt in einen Aufzug. Dann gleitet er langsam 70 Meter unter die Erdoberfläche. Ein Ruck. Die massive Stahltür öffnet sich. Dahinter erstreckt sich im fahlen Licht eine lange Röhre. Die Menschen am Ende des Kanals sind nur noch als kleine Punkte zu erkennen. Der Forscher schreitet zu einer Landkarte. Sie bildet die schweizerisch-französische Grenzregion im Norden Genfs ab. Brunings Hand beschreibt einen Kreis. In der Realität ist dieser Tunnel 27 Kilometer lang und hat einen Durchmesser von fünf Metern. "Jetzt sind wir in dieser Röhre. Hier bauen wir den LHC, den Large Hadron Collider, hinein, den größten Teilchenbeschleuniger der Welt."
Was haben Bruning und seine Kollegen in der Europäischen Organisation für Kernforschung (Cern) vor? Warum stecken die Genfer Forscher rund zwei Milliarden Euro in ein Röhrensystem am Fuß des Juragebirges? "Wir lassen Teilchen mit Lichtgeschwindigkeit kollidieren. Dann wissen wir mehr, wie unser Universum entstand und woraus es besteht." Bevor die Cern-Forscher sich jedoch an den Ursprung allen Seins weiter herantasten, wollen sie feiern.
[...]
In drei Jahren soll es so weit sein. "Das Experiment ist im Grundsatz sehr einfach", sagt Oliver Bruning. Er läuft ein Teilstück des Tunnels ab und erklärt: Zunächst müssen 1200 Magneten in der unterirdischen Röhre zusammengefügt werden. Jeder Magnet, der einem riesigen Abwasserrohr gleicht, kostet 500.000 Euro. Der Magnetring ist praktisch der Beschleuniger.
"Das Anschalten des LHC funktioniert aber nicht wie bei einer Kaffeemaschine durch einen einzigen Knopfdruck. Bis alle Komponenten laufen, kann ein Jahr vergehen", prognostiziert Bruning. Der Apparat muss bei etwa 300 Grad unterhalb der Raumtemperatur arbeiten, also bei noch größerer Kälte als im Weltraum.
Das Prinzip: Der LHC wird zwei Protonenstrahlen in entgegengesetzte Richtung beschleunigen. Bei jedem Umlauf durch den 27 Kilometer langen Tunnel nehmen die Teilchen neue Energie auf. Schließlich prallen sie aufeinander - es entsteht eine ähnlich hohe Energiekonzentration wie beim Urknall. Dann kommen die Detektoren ins Spiel: Diese registrieren, was beim Zusammenstoß passiert. Die Menge der dabei verarbeiteten Daten gleicht jener des weltweiten Telefonverkehrs.
------------------------------------------------------------- -----------------------------
Auch zu finden unter www.derstandard.at
Lg
Syrch