@schimbaa Du hast natürlich recht - der Ballon hat eine Mitte, aber diese Mitte ist für zweidimensionale Wesen natürlich unerreichbar. Vor allem aber auch unverständlich. Höchstens mathematisch zu packen.
Mein Beispiel zielte vor allem darauf ab, dieses Unverständnis in Worte zu packen. Prinzipiell hast Du natürlich recht: Auch eine Hyperkugel (so nennt man die 4D-Kugel) hat einen Mittelpunkt, nur können wir den nicht erreichen, da wir auf der Oberfläche herumkriechen. Dieser Punkt ist für uns so unerreichbar, wie das Innere der Erde.
Zudem gibt es da ein prinzipielles Problem beim erklären. Wie ich schon andeutete, ist meine Modellhafte Darstellung falsch. Einfach, einleuchtend - aber sie lässt einiges unbeleuchtet.
Hm, wie kann man das am geschicktesten verpacken...
Sagen wir mal, Du findest meine Erklärungen mit dem Luftballon ganz ok, aber Du glaubst mir nicht so recht. Also gehst Du hin und verbindest mithilfe eines Maßbandes jede Galaxie mit jeder anderen Galaxie, um herauszufinden, ob sie sich entfernen.
Beim herumschauen und vergleichen der Maßbänder wird Dir aber irgendwann unweigerlich etwas auffallen: Irgendwie scheinen die Typen, die sie hergestellt haben, schlampig gearbeitet zu haben. Denn offensichtlich sind einige der Maßbänder mit einem falschen Maß ausgestattet. Ein Zentimeter ist ein Zentimeter!
Oder etwa nicht?
Bedenke bitte, das Raum und Zeit relativ sind. Wenn ich einen Kreis male, kannst Du ganz einfach den Mittelpunkt davon ermitteln. Jetzt stelle Dir mal vor, unser Universum wäre ein solcher Kreis. Du könntest jetzt problemlos einen Punkt in die Mitte malen.
Ich stehe Dir gegenüber, ziehe die Augenbraue hoch und sage: "Das soll die Mitte sein?"
Du stellst Dich dann neben mich und stellst erstaunt fest, das aus meiner Perspektive heraus Dein Punkt eben nicht in der Mitte des Kreises liegt, sondern, sagen wir mal, irgendwo nahe dem Rand.
Tja, und da fängt es an, das Problem, den Mittelpunkt unseres Universums auf dem hypothetischen Luftballon zu ermitteln. Die Wesen sind nicht nur zweidimensional, ich puste den Ballon nicht nur auf, nein, ich sorge, das aus bestimmten Perspektiven der Raum anders aussieht.
Hm, wie kann man das vernünftig erklären?
Schwierig. Sogar nur sehr schwierig. Das Problem ist, das unsere Alltagserfahrung uns lehrt, das Raum und Zeit etwas absolutes sind. Wir kennen höchstens relative Zeit, nämlich, wenn wir zu spät auf der Arbeit antanzen und dem Chef dann erklären müssen, wie es dazu kam.
Das liegt daran, das die Phänomene, bei denen das ersichtlich wird, nur unter sehr extremen Umständen sichtbar werden. Zu diesem Zweck möchte ich mal ein Paradoxon aus der Physik erwähnen, das möglicherweise etwas Licht ins Dunkel bringt. Was jetzt kommt, ist kein Modell - obwohl, es wird schwierig die Garagentür so schnell zu öffnen und zu schliessen... aber ich greife vor.
Du hast eine Garage, die ist 4 m lang und besitzt ein Tor an der Vorder- und Rückseite (Pfusch der Baufirma). Und ich besitze ein Raumschiff, das ist 8 m lang. Es gibt wohl nichts daran zu rütteln: Mein Raumschiff passt nicht in Deine Garage.
Versuchen wir es also mit einem Trick: Ich beschleunige mein Raumschiff auf 99 % der Lichtgeschwindigkeit. Bei dieser Geschwindigkeit zurrt mein Raumschiff in Flugrichtung zusammen, wie Du feststellst, wenn Du neben der Garage stehst. So wird aus einem Raumschiff von 8 m Länge ruckzuck ein Raumschiff von 1,13 m länge.
Du lässt das Raumschiff also in die Garage fliegen und kannst - wenn Du dich sehr, sehr schnell bewegst - beide Türen der Garage schliessen. Natürlich öffnest Du zumindest in Flugrichtung ganz schnell wieder das Tor, sonst käme es zu häßlichen Kratzern und zu einem denkwürdigen Briefverkehr mit Deiner Versicherung.
Bis zu diesem Punkt ist alles ganz einfach und durchaus noch mit konventionellen Vorstellungen vereinbar, solange man akzeptieren kann, das Dinge in Flugrichtung verkürzen, solange die Geschwindigkeit nur hoch genug ist.
Jetzt kommt der skurille Teil, das eigentliche Paradoxon. Aus
meiner Sicht verkürzt sich nämlich die Strecke in Flugrichtung. Das bedeutet, ich sehe, das mein Raumschiff bleibt wie eh und je. Deine Garage hingegen verkürzt sich aus meiner Sicht auf gerade mal 56 cm.
Auch das könnte man natürlich noch hinnehmen. Aber... wie kann es sein, das Du beide Türen gleichzeitig schliessen kannst? Ein 8 m langes Raumschiff passt einfach nicht in Deine Garage, ob die nun 4 m lang ist oder 56 cm. Du beschwörst es aber. Hast sogar Fotos gemacht.
Die Antwort ist im Grunde einfach: Raum und Zeit sind nicht voneinander getrennt, sondern bilden zusammen die Raumzeit. Das bedeutet, meine Geschwindigkeit hat nicht nur einen Effekt auf das, was ich als die Länge Deiner Garage bezeichne, sondern auch darauf, was ich als gleichzeitig bezeichne! Es gibt da diesen schönen Begriff, weiß nicht, ob Minkowski oder Einstein ihn prägte: Die Illusion der Gleichzeitigkeit...
Kurz und gut, ich sehe, das Du die Garagentüren nacheinander schliesst, aber so, das stets eine der Türen offen bleibt. Vom gleichzeitigen Schließen merke ich nichts.
Wenn aber, wie wir ja hier sehen, unter bestimmten Umständen der Raum (und natürlich auch die Zeit) sich ganz anders darstellen, wie könnte man dann einen Mittelpunkt ermitteln?
Ich hoffe, das hat Dich ein Stück weitergebracht.
:)ciao
JM