@perttivalkonen Zum ersten Teil deiner Argumente, der sich auf den Platontext bezieht, geh ich nicht näher ein außer mit einigen "Standards", weil ich dich eben auch fest genauso lange kenne, wie ich mich mit der Materie beschäftige und daher auch nicht nur deinen Diskussionsstil, sondern deine Diskussionsmotivation. Ich greife daher nur kurz die Allgemeinplätze raus, um meinen eigenen Arbeitsstil im Gegensatz zu dem Arbeitsstil, der dir vorschwebt oder den du als wissenschaftlich notwendig hier voraussetzt, klar zu machen.
Apropos wissenschaftlich notwendig: Das Thema Atlantis ist für den einzigen Berufszweig, der sich bisher mit dem Platontext befasst hat, nämlich den Philologen, spätestens seit 2006 (H.G. Nesselrath: Platon, Kritias. Übersetzung und Kommentar. Göttingen 2006) und Vidal-Naquet († 2006) ex- und implizit abgeschlossen; danach kam nichts mehr, das in deinem Sinne wissenschaftlich an die Atlantis-Frage heranging, wenn man mal "Atlantologie" trotz des einnehmenden Wortgebildes als unwissenschaftlich bezeichnet.
Ich finde bei dir immer solche Wendungen wie:
Was hast Du 10 Jahre lang gemacht?
Mit welchen Methoden hast Du das getan? Welche Verfahren hast Du angewandt, um die Einheitlichkeit des Textes bzw. der Überlieferung zu prüfen? Welche Schriften aus den Jahrhunderten um und vor Plato hast Du zum Vergleich herangezogen?
Quellenarbeit sieht völlig anders aus. Es geht um die "Vorgestalt der Atlantisgeschichte", vor Plato.
Wirklich, was hast Du 10 Jahre lang gemacht?
Das mag argumentativ den normalen Leser unheimlich beeindrucken, für mich sind das gruppendynamische Todschlagargumente, die es nicht auf eine Diskussion anlegen, sondern darauf, den Diskussionspartner oder -gegner vor jeder inhaltlichen Auseinandersetzung schon das Prädikat Depp umzuhängen, um ante discurso schon mal das Machtverhältnis klarzustellen, wobei du dich als über alle zweifel erhabenen Wissenschaftler gerierst, während alle anderen eben nur Deppen sind. Jeder, der dich aus irgendwelchen Foren kennt, weiß, dass man auf diese Weise keine Diskussion inter pares zustande bringen kann und vermeidet eben Diskussionen mit dir. Das war jetzt etwas tiefstapelnd und übervorsichtig formuliert. Daher begebe ich mich mit dir nicht in Gespräche, weil ich die Ergebnisse längst kenne und selbst dann, wenn ich inhaltlich Recht habe, am Ende als Depp dastehe, weil ich nicht über deine argumentativen Killerwaffen verfüge. Erkenntnisgewinn für alle Leser: null.
Ich habe gesagt, dass ich weder Prähistoriker noch Philologe bin, auch kein Graecist, denn du erwartest ja, dass ich die Quellen natürlich im Original lese, um überhaupt mitdiskutieren zu können, erwartest daher, dass ich mehrere Fachwissenschaftler in Personalunion bin, um überhaupt kompetent zu dem Platontext was aussagen zu können. So nicht. Es liegen der Ergebnisse der Forscher vor; sie haben dargelegt, dass und warum Platons Atlantisbeschreibung nicht stichhaltig sein kann und daher wohl ein Mythos ist, eine Erfindung. Ich habe das in meinem 1. Buch noch mal kurz nachgezeichnet. Wenn du dann noch fragst, "Welche Schriften aus den Jahrhunderten um und vor Plato hast Du zum Vergleich herangezogen?" und hinzufügst "Es geht um die "Vorgestalt der Atlantisgeschichte", vor Plato.", ist die Antwort bereits in meiner Arbeit, die sich bezogen auf den Platontext an den Stand des Wissens hält, enthalten, weil sie die Resultate, zu denen diejenigen, die eben genau dies getan haben, ihre Ergebnisse bereits dargelegt haben. Um Radfahren zu können, muss ich nicht vor jeder Fahrt das rad noch mal neu erfinden. Die zugängliche Literatur zu Platon gibt nichts her, nicht mal bei Herodot; aus anderen früheren Kulturen käme allenfalls noch das Gilgamesch-Epos in Betracht, aber das ist sumerisch/akkadisch und bezieht sich, von Athen aus gesehen, auf den Osten, während Atlantis im Westen lag. Allenfalls bei der Konstruktion von der "Stadt" Atlantis kann sich Platon bei diversen älteren Kulturen, z.B. den Persern, bedient haben, aber das hat alles schon Nesselrath zusammengefasst.
"Jenseits von Atlantis/Platon" bedeutet für mich
1. das katastrophische Untergangsbild ("Du legst also fest, daß die Erzählelemente der lage am (im) Meer samt Untergang und das Alter historisch zutreffend sind, der Aspekt der Insel und des Atlantiks jedoch falsch (mal als Beispiel). Das ist Gusto, Willkür.") auf alle möglicherweise in Frage kommen könnende Regionen unabhängig von der Platon-Vorgabe auszuweiten und
2. wenn ich Regionen und die jeweils zugehörige Zeit finde, in der da höchstwahrscheinlich eine Kultur katastrophisch untergegangen ist, zum Platontext zurückzukehren und zu fragen, ob die Atlantisgeschichte mit vielen Zugeständnissen sich auf den Untergang dieser Kultur beziehen könnte
und komme zu dem Ergebnis, dass es entweder keine Übereinstimmungen gibt (dann gibt es auch keine "Legenden-Verbindung" zwischen dem Ereignis und Platons Geschichte, oder dass es vage Übereinstimmungen gibt, dann könnte Platon eine Legende aufgeschnappt haben, die sich auf dieses Ereignis zurückführen lässt. Weiter können wir mE mit dem Platontext nicht kommen; alle bisherigen Versuche sind gescheitert, weil der Text zu widerspruchsvoll ist und es so eine Kultur wie die der Atlanter so wie von Platon beschrieben nicht gegeben haben kann, auch wenn du das vielleicht anders siehst.
perttivalkonen schrieb:Wenn das Deine Auffassung ist, wieso suchst Du dann überhaupt nach Atlantis bzw. dem historischen Phänomen dahinter? Such doch lieber gleich nach irgendwelchen alten Kulturen, ohne da ne Beziehung zu Platos Atlantis zu konstruieren.
Das sollte doch inzwischen bekannt sein, dass ich "irgendeine alte Kultur" suche, die durch Überschwemmung untergegangen sein könnte. Erst danach kann ich zum Platontext zurückkehren und fragen, ob sie die von Platon gemeinte sein könnte, was wohl nicht der Fall ist, da Platons Atlantis eben zu viel Widersprüche enthält, um real existent gewesen zu sein. Aber als Aufhänger macht sich "Atlantis" immer gut, sowohl bei Nesselrath wie auch ei den diversen "Atlantologen".
perttivalkonen schrieb:Na was machst Du denn sonst, wenn Du "meerumspült" für authentisch hältst, aber "Insel" und "Atlantik" ausrangierst? Klar pickst Du Dir raus, was Du meinst, gebrauchen zu können, ohne daß Du die Auswahl von Textsignalen her begründest.
Das ist ja wohl das Mindeste. Die überwiegend meisten frühen Kulturen lagen am Meer. Nur kann eben eine Großinsel wie bei Platon nicht im Meer katastrophisch untergehen, sondern allenfalls teilweise (das Tiefland, die Küstenebene) überspielt werden (etwa von einem Tsunami). Nicht katastrophisch kommt hier auch der Meeresspiegelanstieg in Frage, aber so eine Kultur rettet sich, indem sie einfach woanders hinzieht.
perttivalkonen schrieb:Nesselrath und Vidal-Naquet? Ganz gewiß nicht! Gerade denen das nachzusagen, daß die bei der Suche nach ner Quelle scheiterten, zeugt sowas von Unverständnis, daß es schon weh tut.
Sie sind nur zu dem Negativbefund gekommen. Ein Negativbefund interessiert hier "niemanden".
;)Zu Sundaland:
perttivalkonen schrieb:Ich habs ja im Folgenden extra erklärt, wieso es zu der Zeit keine Landwirtschaft in für eine Zivilisation nötigen Ausmaßen gegeben haben kann.
Und ich hab im Folgenden erklärt, wieso doch. "in für eine Zivilisation nötigen Ausmaßen" ist zudem zu vage und voluntaristisch. Wie groß muss denn eine Kultur mengenmäßig sein, um Landwirtschaft zu betreiben? 100, 1000, 10.000, 100.000 Menschen? Darf's auch ein bisschen mehr sein?
perttivalkonen schrieb:Wo außer bei Oppenheimer und Epigonen (Danver z.B.) kann man darüber was lesen?
Es gibt natürlich die Möglichkeit, dass die sich das nur ausgedacht haben, aber hältst du Oppenheimer für so kriminell? Ich habe das Buch nicht und werde es mir auch nicht kaufen, aber ich denke schon, dass es hinreichend Nachweise zumindest in Fußnoten und Quellen dazu gibt. Und wie gesagt, in der Kaltzeit hatte Indonesien in etwa Mittelmeerklima, was Besseres für Landwirtschaft gibt es überhaupt nicht.
perttivalkonen schrieb:"daß es sich nur um ein Experimentierstadium handelt, das ohne Folgen blieb."
Auch das kann man nur vermuten. Mehr als die Mühlsteine hat man bisher nicht gefunden, was nicht den Umkehrschluss zulässt, dass es nicht mehr gab. Ich habe mich in meiner Kritik an Oppenheimer aber nicht auf dieses Thema eingeschossen, sondern, wie du weißt, nur an seinen falschen linguistischen Rückschlüssen, die er braucht, um die Herkunft der Sumerer, der Indoeuropäer und anderer Völker hieran festzumachen, was nachweislich falsch ist und was er danach auch zugegeben hat.
Ach, und die rund 100.000 Jahre alten (vor Toba!) Sapiens-Knochen aus der Levante, namentlich Skhul und Qafzeh, sind wohl ne Fälschung! An der Südroute (Bab el Mandeb und Straße von Ormuz) hat mich immer schon gestört, daß diese Auswanderer nirgends auch nur in die Nähe von Neandertaler-Siedlungsgebiet kommen. Neandertaler siedelten im Nahen und Mittleren Osten maximal am Südrand der alpinen Kette von Gebirgen (Shanidar im äußersten Norden des Irak), ansonsten weiter nördlich; nur in der Levante finden sich Spuren von ihm auch in einem Gebiet, wo der Homo sapiens schon vor dem Jungpaläolithikum anzutreffen ist. Da jedoch sämtliche Afrika-Auswanderer des Sapiens Neandertaler-DNA in sich tragen, halte ich nicht viel von der Südroute. Die Levante ist die einzige belegte Überschneidung des Siedlungsgebietes von Hn und Hs im Mittelpaläolithikum.
Das ist fast alles falsch, was du hier im Schnellschuss behauptest. Die "Sapiens-Knochen aus der Levante" sind erwiesenermaßen von archaischen Menschen. Homo sapiens war vor 100.000 Jahren noch nicht in der Levante. Die erste (hypothetische) Auswanderung aus Afrika vor 100.000 – 80.000 Jahren nahm die Südroute über den Bab el Mandeb bis nach Südostasien. Angebliche Nachkommen der Überlebenden sollen die "Negritos" sein. Die zweite Ausreisewelle vor rund 65.000 Jahren nahm definitiv ebenfalls die Südroute, was man anhand der Wanderungsbewegungen (zeitlich und räumlich) diverser Haplogruppen inzwischen zweifelsfrei rekonstruiert hat (siehe den Link in meinem Ausgangspost). Es ist also stark anzunehmen und entsprechend auch der konservativen Forschung, dass der "Alte Orient" erst von der dritten Ausreisewelle, die die Nordroute nahm (vor 50.000 – 45.000 Jahren), die sich an der nördlichen Levante verzweigte – die einen gingen nach Westen und besiedelten später als Cro Magnon Europa, die anderen nach Osten – besiedelt wurde.
Mit Neandertalern hat das alles nichts zu tun, und mit dem Thema schon gar nicht. Kontakte zu den Neandertalern – deren DNA man bei den Negritos bisher übrigens nicht entdeckt hat – ergaben sich frühestens vor 60.000 – 55.000 Jahren von einem Zweig der Menschen aus der Ausreisewelle vor 65.000 Jahren, die von Indien aus in den Norden nach Zentralasien gewandert waren. Dort gab es zwar auch Neandertal-Populationen, aber sehr spärlich. Östlich des Schwarzen Meeres waren die nur noch "insular" anzutreffen, aber vielleicht gab es da ja Zufallsbekanntschaften. Und es kann ja durchaus sein, dass sich Nachkommen der 2. und 3. Ausreisewelle im Alten Orient trafen und dort auch auf die Neandertaler (so vor 40.000 Jahren oder so), und da sie auch auf die Cro Magnons in Europa trafen, wurden praktisch alle europäischen und asiatischen Populationen mit Neandertal-Genen angereichert, später dann auch die amerikanischen. Allerdings wirst du Neandertal-Gene bei den Nachkommen der Afrikaner nicht finden außer durch Re-Import von "Rückkehrern".
Probably most important, last-glacial climates were characterized by high-amplitude fluctuations on time scales of a decade or less to a millennium.
Deine Bilder haben eine schlechte Skala. Wen oder was interessiert hier, was vor einer halben Million Jahren hier für ein Klima war? Zudem zeigen die Bilder nur die Veränderung der Durchschnittstemperaturen, während die reale Verteilung der Temperaturschwankungen vom Äquator zum Pol zunimmt. In den arktischen gebieten betrug der Temperaturunterschied in der Eiszeit zwischen Stadialen und Interstadialen bis zu 15° C, in den Tropen maximal 2–3°. Und selbst an deinen Bildern zeigt sich, dass der von mir genannte Zeitintervall 65.000 – 25.000 vh relativ stabil war, weil es da keine nennenswerten Wechsel zwischen Stadialen und Interstadialen gab. Da betragen auf dem Bild die Temperaturunterschiede global nur 5°, auf die Tropen bezogen also lediglich 1 – 2° Temperaturunterschied innerhalb von 40.000 Jahren! Gibt es ein stabileres Klima? Selbst die auf das Holozän bezogenen Unterschiede zwischen El Nino und El Nina sind da größer, und langfristige Klimaanomalien gibt es regional auch in relativ stabilen Klimaphasen, siehe die Wüstenbildung in Kalifornien. Solange wir anhand klimatologischer Befunde nicht zeigen können, dass das Klima zwischen 65.000 und 25.000 vh in Indonesien stärker als anzunehmen geschwankt hat, war dort in jenem Zeitraum rein theoretisch Landwirtschaft absolut möglich.
Tippfehler kannst du gerne behalten. Bin jetzt weg.