@kleinundgrün kleinundgrün schrieb:Die darf man keinesfalls vergessen. Ganz im Gegenteil, man muss sie zusätzlich auch stets hinterfragen und auf den Prüfstand des "idealen menschlichen Handelns" stellen. Eben um solche Entgleisungen gesellschaftlicher Normen wie z.B. im Dritten Reich zu vermeiden.
Da simma dabei...
kleinundgrün schrieb:Aber "reichlich" ist ein bisschen wenig. Wenn es eine rolle spielen soll, muss es in der einen oder anderen Form quantifiziert und qualifiziert werden - wenigstens näherungsweise.
Auf die Qualifikation weist du doch selbst immer hin. Es stehen Werte auf dem Spiel die nur in Notfällen eingschränkt werden sollten.
kleinundgrün schrieb:Z.B. sind verschiedene Entscheidungs- und Kontrollinstanzen eine solche Möglichkeit. Die Normenkontrolle des Bundesverfassungsgerichtes ist z.B. eine solche Kontrolle. Die Richter dort haben wahrscheinlich andere Interessen als die Legislative, so dass egoistisches Handeln bei der Gesetzgebung nicht ganz so einfach funktioniert.
Man darf nur nicht erwarten, dass es perfekt funktioniert (s. fehlendes altruistisches, unfehlbares Wesen) und daher ist es auch kein legitimes Argument, fehlende Perfektion als Makel anzunehmen. Es muss nur hinreichend (also nach den bestehenden Möglichkeiten) fehlerarm sein.
Ja, aber da man noch nicht mal ein Flugzeug vom Himmel holen darf, das von Terroristen als Waffe missbraucht werden kann, sehe ich bei Masernimpfungen nun wirklich keine Staatsnot.
kleinundgrün schrieb:Die Qualität eines Arguments ist genau dessen Wichtigkeit.
Einverstanden.
kleinundgrün schrieb:Welche Schlüsse ziehst Du daraus?
Dich zu ermutigen, mehr auf den qualitativen Aspekt zu schauen. Das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung ist ziemlich zentral.
RoseHunter schrieb:
Bei Kindern machen wir das, aber Erwachsenen traunen wir zu, dass die das selbst entscheiden können.
Nein, das machen wir nicht. Würden wir das, gäbe es keine verbindlichen Verhaltensrichtlinien.
Kommt immer auf den Bereich an. Man zwingt ja auch niemanden zur Organspende, obwohl die Einwände der Kritiker (auch in der Ethikkommission, die einen guten Job macht) im Sinne der Leute, die alle Einwände die nicht streng naturwissenschaftlich sind, dämlich finden, natürlich auch nichts wert ist.
RoseHunter schrieb:
Sie wissen, dass sie für oder gegen etwas sind, fragt man nach den Gründen, so erschreckt man, weil man in die Leere blickt.
Was extrem gegen die These des "vernünftig handelnden Menschen" spricht. Du erkennst ja selbst, dass das ein Problem ist, Du musst nur noch aus dieser Erkenntnis Schlüsse ziehen.
Nein, ich bin nur anderer Ansicht.
Du meinst, man müsste ihnen beim "richtigen" Denken etwas nachhelfen, ich meine, dass genau hier die Ideale greifen müssen und man die Instanz in den Menschen anspricht, die (fast) immer auch da und zur Rationalität fähig ist. Den will man ja rauskitzeln und trainieren, die nette Nachhilfe führt tendenziell in die Unmündigkeit.
Kann man das idealerweise wollen.
(Keine Frage, empirisch betrachtet gibt es viele Knalltüten, aber das ist eine andere Geschichte, wenn wir schon - m.E. richtigerweise - auf Qualität setzen.)
RoseHunter schrieb:
Darum plädiere ich für sehr viel Augenmaß, bevor man reihenweise zwingt.
Individuelles Augenmaß führt aber in der Regel zu mehr Ungerechtigkeit. Weil die Kontrollmöglichkeiten des "individuell Augenmessenden" naturgemäß geringer (weil ressourcenhungriger) sind.
Himmel. Es geht ja gerade nicht um immer mehr Kontrolle.
kleinundgrün schrieb:Das ist doch völlig unbestritten. Aber Fliegen ist ein schlechtes Beispiel, weil es kaum Gründe gibt, jemanden zum Fliegen zu zwingen. Bei anderen Szenarien kann ein "Flugzwang" auch wenn der da Unwohlsein einzelner bedeutet, durchaus gerechtfertigt sein. Dann müssen die Ängstlichen das - bis zu einer gewissen Grenze - einfach hin nehmen. Das ist eben Gesellschaft. Deren Vorteile werden mit individuellen Nachteilen erkauft.
Klar, auch da kann es wieder übergeordnete Gründe geben.
Darum meinte ich ja, dass die Regeln nicht starr sind und sein können.
Hierrachien ja, aber dynamische, die ständig wechseln.
kleinundgrün schrieb:So etwas ist kaum nachzuweisen. Sicherlich gibt es ein Ideal, das dem menschlichen Wesen aller Menschen am meisten entspricht.
Sowas könnte man ja rausarbeiten, falls es das gibt.
Das ist ja die eurozenterische Enttäuschung, dass die Länder der Welt nicht Schlange stehen, um unsere so wunderbar vernünftigen Ansätze zu übernehmen.
Die müssen alle doof sein.
:)kleinundgrün schrieb:Es gibt keine absolute Gerechtigkeit. Eine Menge hängt von Glück oder Pech ab. Habe ich z.B. das Pech, auf Impfungen besonders schlecht zu reagieren, dann muss ich das in gewissem Maß (wenn genügend gewichtige Gründe dafür sprechen und meine Gründe dem unterliegen) als eine Form meines Lebensrisikos hin nehmen.
Ich finde, darauf keine Antwort zu haben, bzw. die: "ist eben Pech" als einzige vernünftige zu sehen, ist eine der großen Schwächen des Naturalismus. Er macht nicht satt. Das hat diesen Technokratencharme und es mangelt an Tröstung, an Sinn, dem, was der Mensch
auch wissen und erfahren will. Man kann gut damit wirtschaften, aber ich weiß nicht, ob es für das Leben taugt.
kleinundgrün schrieb:A möchte sterben, weil ihn seine Freundin verlassen hat. Er will gerade vom Dach springen, als ihn B gegen den Willen von A - fest hält. Eine Minute später erfährt A, dass er doch nicht verlassen wurde. Er wird damit RÜCKWIRKEND seinen Sterbewunsch aufgeben.
obwohl A zum Zeitpunkt 1 sterben wollte, will er das zum Zeitpunkt 2 nicht mehr und zwar auch auf Zeitpunkt 1 bezogen.
Wir haben hier eine ganz erhebliche Diskrepanz zwischen dem augenblicklichen Willen zu Zeitpunkt 1 und einem objektivierten Willen, kommend von Zeitpunkt 2 aber gültig für Zeitpunkt 1.
Das kann man aber auf dem Schirm haben.
Diese ethisch wichtigen und hochstehenden Fragen werden durchaus bedacht, von den Leuten, für die so etwas relevant ist.
kleinundgrün schrieb:Der Sinn abstrakter und möglichst allgemeingültiger Regelungen ist, diesem Aspekt auch Beachtung zu schenken. Ein alleiniges Abheben auf den unmittelbaren Willen ist genauso fatal, wie ein alleiniges Abheben auf einen objektivierten Willen.
Mir passt die Bezeichnung objektiverter Wille nicht so recht.
Es ist ja beides Mal ein Subjekt, was entscheidet. Man muss fragen, ob das Subjekt alle ausreichend relevanten Informationen hat und es ist m.E. legitim bestimmte impulsive Handlungen zu unterbinden.
Doch wenn gesichert ist, dass jemand klar ist und die Informationen nach menchlichem Ermessen richtig sind, darf er machen, was er will.