@Yotokonyx Yotokonyx schrieb: Auf der folgenden Seite kannst du dich über die Folgen der Gentechnik informieren. Ob du zustimmst oder nicht, liegt in deiner Hand. Doch ich kann mir denken, was du sagen wirst.
Es folgte ein von "Federova" eingesetzter Link der zur Homepage von GREENPEACE führt. Was diese Organisation anbetrifft, sei folgende Story aus dem Jahre 1995 angeführt. Es geht dabei um die Shell-Ölplattform Brent Spar, um deren Entsorgung seinerzeit eine heiße Diskussion entbrannte. Dass GREENPEACE mit ihrer ungerechtfertigten Panikmache bei mir seinerzeit einen kritischen Nachdenkprozeß auslöste, fand seine Bestätigung in der Tatsache, dass sich auch der Greenpeace-Mitbegründer, Patrick Moore, von dieser Organisation distanzierte. Seine Begründung kann unter www.novo-magazin.de/46/novo4640.htm nachgelesen werden. (In diesem Magazin finden sich im übrigen weitere interessante Artikel zum Thema Gentechnik.)
Hier der Wortlaut des angesprochenen Artikels:
Greenpeace hat sich von Logik und Wissenschaft verabschiedetGreenpeace wirft der kanadischen Forstindustrie Raubbau an den Küstenregenwäldern Britisch Kolumbiens vor. Die Organisation forderte deshalb von deutschen Papierfirmen und Zeitschriftenverlagen, kanadisches Holz zu boykottieren. Leider mit Erfolg: Konzerne und Verbände setzen jetzt ihre Macht als Großkunden ein, um Kanada zur Annahme der Greenpeace-Forderungen zu zwingen. Doch auf Seiten der kanadischen Holzindustrie streitet ein Mitbegründer von Greenpeace gegen den Boykott: Patrick Moore. Er sagt, die heutigen Greenpeace-Kampagnen schaden Mensch und Natur. Kanadische Gerichte schlossen sich kürzlich dieser Einschätzung an und verweigerten Greenpeace den Status der Gemeinnützigkeit. Michael Miersch traf Patrick Moore in Vancouver, dem Geburtsort von Greenpeace.
Herr Moore, Sie und Ihre Freunde haben 1971 Greenpeace gegründet. 15 Jahre lang waren Sie Mitglied im Führungsstab. Warum haben Sie Greenpeace verlassen?
Patrick Moore: Greenpeace war damals sehr wichtig, um die Menschen wachzurütteln und um Alarm zu schlagen. Ich bin seinerzeit nicht gegangen, weil ich mich mit Greenpeace überworfen hätte. Das kam später. Nach all den Jahren, die ich für internationale Kampagnen um die Welt gereist bin, wollte ich einfach wieder mehr für meine Kinder da sein. Im übrigen hatte ich seit der Universität ausschließlich bei Greenpeace gearbeitet und wollte einfach mal etwas Neues ausprobieren.
Warum haben Sie sich dann später von der Greenpeace-Ideologie entfernt?
Patrick Moore: Anfang der achtziger Jahre hörte ich zum ersten Mal den Begriff "sustainable development", lange, bevor er durch den Brundtland-Report populär wurde. Dieser Ansatz hat mich sofort begeistert. Ich begriff, dass es jetzt um konkrete Veränderungen ging und nicht mehr um unverbindliche Appelle und symbolischen Proteste. Jetzt kam es darauf an, die Ziele der Umweltschutzbewegung in Staat und Wirtschaft zu verankern und sie mit traditionellen gesellschaftlichen Zielen wie Wohlstand und soziale Gerechtigkeit zu verbinden. Das war eine konsequente Weiterentwicklung der Umweltbewegung. In der frühen Phase ging es darum, ökologische Probleme bekannt zu machen und neue Werte zu verankern. Bereits ab Mitte der achtziger Jahre hatten wir es mit einer völlig veränderten Lage zu tun. Fast jeder stimmte diesen neuen Werten zu. Jetzt hieß die Herausforderung: Wie wandeln wir dieses Bewußtsein in praktische Politik um?
Wie gingen Ihre alten Freunde von Greenpeace mit dieser politischen Entwicklung um?
Patrick Moore: Der Brundtland-Report empfahl "Runde Tische", an denen die gesellschaftlichen Gruppen der jeweiligen Länder über Wege zur "Nachhaltigen Entwicklung" beraten sollten. Kanada hat diese Empfehlung konsequent verwirklicht. Vermutlich, weil in Kanada so viel Land dem Staat gehört und folglich eine demokratische Konsensfindung über die Nutzung dieses Landes sehr sinnvoll ist. Zu meiner Überraschung lehnten Greenpeace und andere Umweltgruppen die Teilnahme an diesen "Runden Tischen" ab und zogen es vor, in ihrer Protesthaltung zu verharren. Greenpeace begann eine Kampagne gegen "Pragmatismus und Kompromisse". Das war die Stunde der Ideologen. Jeder, der von nun an geringfügig von der Linie abwich, wurde zum Verräter gestempelt. Und plötzlich war auch ich einer. Ein paar meiner alten Kumpels haben mich Öko-Judas genannt und behauptet, ich hätte mich kaufen lassen.
Hat Sie dieser Vorwurf verletzt?
Patrick Moore: Nein, denn es ist sehr wichtig, seine Meinung ändern zu können, wenn man etwas dazugelernt hat. Ich glaube an die Freiheit, bin von ganzem Herzen anti-ideologisch und kann Dogmen nicht ausstehen.
Was gefällt Ihnen heute an Greenpeace nicht mehr?
Patrick Moore: Greenpeace setzt völlig falsche Prioritäten. Das lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit von den wirklichen Problemen ab und schadet dem Umweltschutz. Brent Spar ist ein typisches Beispiel. Das Versenken dieser Ölplattform im Atlantik hätte keinerlei ökologischen Schaden angerichtet. Auch mit der totalen Ablehnung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel erweist man meiner Meinung nach weder der Umwelt noch den Menschen einen Dienst.
Völlig aberwitzig wird es, wenn Greenpeace die Forstwirtschaft als Feind der Wälder hinstellt. Tatsächlich war es der Tropenholzboykott, der große Schäden für die tropischen Wälder verursachte. Wenn Wald in armen Ländern nichts mehr wert ist, brennen Farmer ihn ab, um Land für Plantagen zu gewinnen. Es wäre logischer, zum Boykott von Palmöl, Latex, Kaffee, Tee, Bananen, Rindfleisch usw. aufzurufen. Denn dies sind die Produkte, für deren Anbau die Regenwälder gerodet werden. Aber die jahrelange Propaganda sitzt tief. Immer noch glauben viele Menschen, die Holzwirtschaft würde Wälder vernichten, dabei ist sie es, die Wälder als langfristige Wertanlage betrachtet.
Ein ziemlich kurzsichtiger Vorschlag einiger Umweltaktivisten lautet, Papier aus Hanf oder anderen Ackerpflanzen herzustellen statt aus Holz. Was würde passieren, wenn die Papierindustrie wirklich umsteigt? Wo würden wir den ganzen Hanf anbauen? Sollen wir dann die Wälder roden, um Hanf anzubauen? Wo bleibt die Logik bei solchen Argumenten? Bäume pflanzen ist allemal besser für die Biodiversität. Selbst eine weitgehend künstliche Baumplantage aus Kiefern oder Fichten beherbergt mehr Vögel, mehr Schmetterlinge und sonstige Tiere als ein Hanfacker, der jedes Jahr abgeerntet wird.
Wie kommt es, dass solche vernunftwidrigen Parolen dennoch so viel Gehör finden?
Patrick Moore: Greenpeace hat sich von Logik und Wissenschaft verabschiedet. Die Kampagnenprofis arbeiten mit emotionalen Bildern. Für viele Menschen sieht ein Tulpenfeld viel besser aus als ein frischer Kahlschlag, wo nur noch häßliche Baumstümpfe zu sehen sind. Viele denken leider nicht so weit, dass der Wald wieder nachwächst und dass die Forstindustrie auch ein starkes ökonomisches Interesse daran hat, dass er nachwächst. Die biologische Vielfalt eines Tulpenfeldes tendiert jedoch gegen Null.
Aber Emotionen sind doch wichtig, um Menschen aufzurütteln.
Patrick Moore: Emotionen waren immer die Stärke von Greenpeace. Wir wussten schon damals, wie man Auftritte so dramatisch inszeniert, dass die Fernsehsender nicht widerstehen können. Ich finde, man darf emotional wirkende Bilder, Filme oder Reden einsetzen, wenn die Sache wahr und gerecht ist. Wenn sie jedoch nicht stimmt, ist es egal, welche Taktik oder Rhetorik angewendet wird. Es bleibt eine Lüge.
Sie arbeiten heute für die kanadische Forstwirtschaft, die von Greenpeace heftig attackiert wird. Warum?
Patrick Moore: Der große gesellschaftliche Umschwung zu mehr Natur- und Umweltschutz machte sich auch in der kanadischen Forstindustrie bemerkbar. Heute steht nicht mehr allein das Holz im Mittelpunkt. Die Biodiversität und andere ökologische Faktoren des Waldes spielen eine immer größere Rolle in der ökonomischen Betrachtung. In den letzten fünf Jahren gab es in Britisch Kolumbien mehr Reformen der Forstgesetzgebung als in den fünfzig Jahren davor.
Was hat sich in der Forstwirtschaft dadurch konkret geändert?
Patrick Moore: Bei uns pachten Holzfirmen die Einschlagrechte vom Staat. Die Forstindustrie hat 800 Millionen Dollar in neue ökologisch verträglichere Erntemethoden investiert. Die Kosten der Holzernte sind um 75 Prozent gestiegen. Die neuen Methoden der kanadischen Forstindustrie unterscheiden sich in entscheidenden ökologischen Punkten von der alten Kahlschlagwirtschaft. Die Einschlagflächen sind kleiner geworden, aber für europäische Verhältnisse immer noch sehr groß. Doch es werden jetzt Baum- und Buschinseln zurückgelassen, die den Wildtieren als Verstecke dienen, die ansonsten große freie Flächen meiden würden. Auch wird das Anlegen von Forst- und Rückwegen heute unter ökologischen Gesichtspunkten auf ein Minimum reduziert, damit die Vegetation nach Abrücken der Holzfäller wieder möglichst schnell Besitz von diesen Flächen ergreifen kann. Waldstreifen an Flußufern bleiben jetzt stehen, damit keine Erde in die Flüsse geschwemmt wird. Tote Bäume für höhlenbrütende Vögel werden zurückgelassen und vieles anderes mehr. Übrigens: Es ist erwiesen, dass Hirsche, Schwarzbären und andere Tierarten nachgewachsene Einschlagflächen gegenüber dem Urwald bevorzugen, weil sie dort mehr frisches Grün und Waldbeeren finden.
Greenpeace meint, wenn die Holzfällerei an der kanadischen Westküste weitergehe, werde dies zur Ausrottung des Grizzlybären führen.
Patrick Moore: Der Grizzlybär ist in Nordamerika in der Vergangenheit aus vielen seiner ursprünglichen Verbreitungsgebiete verschwunden. Mit der Forstwirtschaft hat das aber nichts zu tun. Die Grizzlybären wurden von Bauern und Viehzüchtern abgeschossen, weil sie gelegentlich Schafe und Kälber fraßen. Wenn Sie sich die Verbreitung des Grizzlybären einst und jetzt auf der Karte anschauen, sehen Sie ganz genau: Der Grizzlybär ist aus den Farmgebieten verschwunden. Im Gegensatz dazu gibt es in Regionen, in denen schon über 100 Jahre Forstwirtschaft betrieben wird, große, gesunde Bärenpopulationen.
Was ist mit den Lachsen? Die Bestände gehen erwiesenermaßen zurück. Greenpeace sagt, dass liegt an den Kahlschlagflächen, wo die nackte Erde in die Flüsse gespült wird.
Patrick Moore: Nach heutigem Stand werden die Lachspopulationen durch andere Faktoren beeinflusst: erstens natürliche Fluktuationen, zweitens Überfischung, drittens die Überdüngung der Flüsse durch die Landwirtschaft und städtische Abwässer und viertens das Eindämmen der Flüsse für Wasserkraftwerke. In Britisch Kolumbien haben die Wissenschaftler 9.663 Lachspopulationen ermittelt. 142 davon sind erloschen. Bis auf drei lebten sie alle in Agrargebieten oder in der Nähe von Städten. Nur eine Population ist in den Gewässern eines Waldgebietes ausgestorben. Doch dort wurden nie Bäume gefällt. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Rückgang der Lachse mit der Forstwirtschaft in irgendeinem Zusammenhang steht.
Aber wer über Britisch Kolumbien fliegt, sieht schon aus der Luft die riesigen Kahlschläge. Ist das kein Schaden für das Ökosystem der Küstenwälder?
Patrick Moore: Meine Familie lebt seit drei Generationen vom Wald. Ich bin im Wald aufgewachsen. Ich weiß, wie ein Kahlschlag nach zehn, zwanzig, dreißig Jahren aussieht. Der Wald wächst nach, warum sollten wir ihn nicht nutzen? Das Ökosystem bleibt im Ganzen erhalten.
Warum geht man nicht behutsamer vor und schlägt nur einzelne alte Bäume heraus?
Patrick Moore: Ein selektives Fällen einzelner Bäume wie in Deutschland wäre in den riesigen Wäldern Britisch Kolumbiens einfach nicht möglich. Der große Aufwand, um ein Gebiet zu erschließen, lohnt sich nicht für ein paar Dutzend Bäume. Außerdem kommt die großflächige Abholzung den natürlichen Einschnitten am nächsten. Sie wirkt wie Feuer oder Sturmphänomene, an die sich die Bäume seit vielen Tausend Jahren angepaßt haben. Selektiver Einschlag verändert die Waldstruktur viel stärker, da er manche Bäume gegenüber anderen bevorzugt. Dazu kommt ein weiterer ökologischer Nachteil: Viele Baumarten in den kalten Küstenregenwäldern Britisch Kolumbiens können im Schatten der alten Baumriesen nicht wachsen. Sie brauchen Licht. Wenn man in diesen Wäldern einzelne Bäume herausnimmt, wird die Zusammensetzung des Waldes erheblich verändert. Der umweltschädlichste Aspekt bei der Holzernte ist das Anlegen von Forst- und Rückwegen. Doch wenn man selektiv einschlägt, muss man viel mehr solcher Wege bauen. So läuft man Gefahr, Erosion auszulösen, denn auf den Wegen dauert es viel länger, bis der Wald wieder nachwächst. Je weniger Wege, desto besser für das Ökosystem Wald. Am besten sind Erntemethoden, bei denen Transportlifte oder Hubschrauber die Stämme herausholen.
Es bleibt jedoch der ästhetische Schaden. Die unberührten Küstenregenwälder in Britisch Kolumbien sind von märchenhafter Schönheit. Außerdem ist dieser Typus Wald sehr selten auf der Erde. Sollte Kanada nicht dieses Menschheitserbe bewahren?
Patrick Moore: Wenn vom Küstenregenwald Britisch Kolumbiens die Rede ist, denken viele Menschen an die großen, alten Baumriesen, die diesem Waldtypus sein wunderschönes Gesicht geben. Doch nicht alle Bäume sehen so aus. Es stehen Milliarden von über 500 Jahre alten Nadelbäumen im Küstenwald. Viele davon sind aus natürlichen Gründen klein geblieben. Soll man all diese Bäume nicht nutzen, nur weil sie alt sind? Unsere Nationalparks wurden in den letzten Jahren vornehmlich dort angelegt, wo die alten, imposanten Baumriesen wachsen. Britisch Kolumbien verdoppelt zur Zeit die Fläche seiner Nationalparks und anderer Naturreservate von sechs auf zwölft Prozent der Landesfläche. Zehn Prozent sind bereits erreicht. Man kann natürlich sagen, Totalschutz auf zwölf Prozent der Fläche sei immer noch nicht genug - aber wie viele Länder der Erde haben so viel Wald unter Schutz gestellt? Was aber am wichtigsten ist: Künftigen Generationen bleibt die Option, weitere Wälder aus der Nutzung herauszunehmen, wenn sie das wollen und sich leisten können. Dafür gibt es gute Beispiele aus der Vergangenheit. Eines davon ist der "Pacific Spirit Park". Der wurde vor 100 Jahren komplett abgeholzt und ist ein hundertprozentiger Sekundärwald. Heute ist ein wunderschönes Naturreservat aus ihm geworden. Menschliche Pläne für den Wald verändern sich im Laufe der Geschichte. Wichtig ist nur, dass künftigen Generationen dabei alle Optionen offen bleiben.
Glauben Sie, dass es in zehn Jahren noch eine Umweltbewegung gibt?
Patrick Moore: Ich glaube, langfristig wird sich die Wahrheit herumsprechen. Wissenschaftlich fundierte und lösungsorientierte Naturschutzgruppen werden mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Die Lage der Umwelt wird eines der großen gesellschaftlichen Themen bleiben. Die gesellschaftlichen Mechanismen, die man braucht, um wirklich wichtige Umweltprobleme frühzeitig zu erkennen und schnell zu reagieren, sind installiert. Bewegungen haben immer eine begrenzte Lebensdauer. Früher haben wir bei Greenpeace immer gesagt: Wir arbeiten daran, überflüssig zu werden. Kurz nachdem ich Greenpeace verlassen hatte, gab es die erste betriebliche Rentenregelung. Da habe ich wohl gerade noch die Kurve gekriegt. Ich hatte mir die Umweltbewegung nicht als bürokratischen Betrieb mit Rentenanspruch vorgestellt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Michael Miersch ist mit Dirk Maxeiner u.a. Bestsellerautor von Lexikon der Öko-Irrtümer. Überraschende Fakten zu Energie, Gentechnik, Gesundheit, Klima, Ozon, Wald und viele andere Umweltthemen (Eichborn Verlag, Frankfurt 1998). Im Februar ist von Ihnen in Kooperation mit Michael Gleich und Fabian Nicolay