Erst vor Kurzem ist mir aufgefallen, dass man im
"Gutachten" der HTL GmbH (pdf) (Archiv-Version vom 03.11.2014) (alle folgenden Seitenangaben gemäss der expliziten Nummerierung) die Messwerte auf dem Bild des Fluke 435 Messgeräts (Seite 8) bei starker Vergrösserung gut lesen kann. Das Messgerät misst lt. dem Schaltplan (Seite 13) Spannung, Strom, etc. der 3 Phasen zwischen Ausgangs-Schaltkasten und Verbrauchern (Heizstäben).
Für die RMS-Spannungen (gegen Neutral) werden angezeigt: 212,53 V / 209,88 V / 211,38 V
Für die RMS-Ströme werden angezeigt: 16 A / 18 A / 16 A
Für Blindleistung wird nur auf der ersten Phase ein Wert von 0,1 kVAR angezeigt, den ich für vernachlässigbar halte.
Geht man davon aus, dass die Heizstäbe für 230 V pro Phase ausgelegt sind, d.h. bei dieser Spannung ihre Nennleistung von 2 kW pro Phase bzw. einzelnem Heizstab erreichen, kann man den Widerstand eines einzelnen Heizstabs über P = U^2 / R -> R = U^2 / P zu R = (230 V)^2 / 2000 W = 26,45 Ohm berechnen. Bei ca. 211 V (entsprechend den Spannungswerten des Fluke-Messgeräts) ergibt sich ein Stromfluss von I = U / R = 211 V / 26,45 Ohm = ca. 8 A. Da an jeder Phase zwei einzelne Heizstäbe angeschlossen sind, passt das gut zu den Stromwerten des Fluke-Messgeräts (mit einer Abweichung beim mittleren Wert). Ziemlich genau 8 A (konkret 7,98 A) werden auch auf dem Zangenamperemeter auf
http://www.rosch.ag/index.php/de/entwicklungen/aufriebskraftwerk/kpp-galerie/302-img-0159 angezeigt.
Ich vermute, dass es sich in Belgrad um ein 220 V Stromnetz handelt. Die Angaben im Internet zu Serbien sind in dieser Hinsicht widersprüchlich. Auf einigen Webseiten (u.a. Wikipedia) wird 230 V für Serbien angegeben, es gibt aber auch viele Webseiten, wo 220 V für Serbien angegeben wird. Für 220 V sprechen m.E. die im Video der Belgrader Anlage angezeigten Werte auf dem Eingangs-Schaltkasten (222..225 V) und eine entsprechende Angabe (220 V) auf dem Schaltplan (Seite 13) des "Gutachtens" der HTL GmbH.
Wie erklären sich nun die gegenüber dem Stromnetz niedrigeren Spannungen von ca. 211 V? Ich halte zwei Szenarien für naheliegend:
1. Es werden bewusst Vorwiderstände eingesetzt, um eine Versorgung aus dem Stromnetz nicht zu offensichtlich erscheinen zu lassen. Bei 224 V (Mittelwert der auf dem Eingangs-Schaltkasten angezeigten Spannungen) entspricht ein Stromfluss von 16 A einem Gesamtwiderstand von R = U / I = 224 V / 16 A = 14 Ohm. Für die beiden parallel geschalteten Heizstäbe an einer Phase ergibt sich ein effektiver Widerstand von R = U / I = 211 V / 16 A = ca. 13,2 Ohm. Daraus folgen Vorwiderstände von R = 14 Ohm - 13,2 Ohm = 0,8 Ohm, was einen Spannungsabfall von U = I * R = 16 A * 0,8 Ohm = ca. 13 V (von 224 V auf 211 V) ergibt. Die umgesetzte Leistung an diesen Vorwiderständen wäre mit jeweils P = U * I = 13 V * 16 A = 208 W nicht allzu problematisch.
2. Die Ausgangsleistung der Anlage stammt von einem separaten Drehstrom-Anschluss (möglicherweise sogar auf einem anderen Grundstück). Je nach Zuleitung (ordentliche Drehstrom-Kabel scheinen ja in Belgrad knapp zu sein
;)) wäre ein Leitungswiderstand (inkl. Klemmen, etc.) von ca. 0,8 Ohm durchaus denkbar.
Vorwiderstände von ca. 0,8 Ohm passen auch gut zu der Kombination aus geringerem Spannungs- und höherem Stromwert bei der mittleren Phase. Bei 18 A ergibt sich ein Spannungsabfall von U = I * R = 18 A * 0,8 Ohm = 14,4 V. Das entspricht einer Nutzspannung von U = 224 V - 14,4 V = 209,6 V gegenüber einem angezeigten Wert von 209,88 V.