Auftriebskraftwerk
08.01.2018 um 11:11Ich möchte in diesem Beitrag, wie vor einigen Tagen angekündigt, auch die Funktionsfähigkeit des zweiten Typs von Herrn W.'s "Schwerkraft-Kraftwerk" widerlegen. Dieser Anlagentyp hat den gleichen Grundaufbau wie die einfache Anlage, deren Funktionsfähigkeit ich hier widerlegt hatte (wer den Beitrag noch nicht gelesen hat, sollte das zum besseren Verständnis der Grundlagen vor dem Weiterlesen tun). Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Anlagentypen besteht darin, dass sich bei der "Hochdruck-Anlage", wie ich sie im Folgenden bezeichnen werde, Druckluft zur Erhöhung des Wasserdrucks über der Wasseroberfläche befindet, da nach Herrn W.'s Berechnungen die Leistungsfähigkeit einer solchen Anlage mit dem Wasserdruck steigt. Ausserdem expandiert und kontrahiert bei einer Anlage dieses Typs beim Betrieb der oberste Dreikammer-Zylinder (nur dieser).
Ein geplanter ca. 20 m hoher Prototyp einer solchen Anlage mit 20 Dreikammer-Zylindern wird von Herrn W. u.a. in den Videos Beitrag 30/2, Beitrag 30/3 und Beitrag 32/2 beschrieben. Eine weitere ausführliche Beschreibung, allerdings mit leicht abweichenden technischen Daten findet sich im Video Beitrag 26. Der folgende Screenshot stammt aus dem Video Beitrag 32/2:
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Leider sind die angegebenen technischen Daten z.T. unklar. Insbesondere gilt das, wie man z.B. in obigem Screenshot sehen kann, für die Angaben zu den Querschnittsflächen der unteren und oberen Zylinderkammern. Herr W. gibt zwar eindeutig an, dass beim obersten Zylinder Nr. 20 die obere Kammer eine abweichende Querschnittsfläche haben soll, allerdings sind auch die Angaben zu den unteren 19 Zylindern, die eigentlich einheitlich sein sollten, widersprüchlich. Mal hat die untere Kammer eine Querschnittsfläche von 7850 cm2, mal von 7850 cm2 - 706 cm2 (706 cm2 soll die Querschnittsfläche der Kolbenstange sein), mal hat die obere Kammer eine Querschnittsfläche von 8820 cm2 - 706 cm2, mal von 7850 cm2 - 706 cm2. Da sich jedoch die Kraft, die die obere Kammer eines Zylinders nach oben ausübt, mit der Kraft, die die untere Kammer des darüber befindlichen Zylinders nach unten ausübt, aufheben soll, müssen die Querschnittsflächen der beiden Kammern (bei den unteren 19 Zylindern) eigentlich gleich sein. Nach einigem Überlegen erschien es mir am sinnvollsten, für beide Kammern einheitlich Querschnittsflächen von 7850 cm2 - 706 cm2 = 7144 cm2 anzunehmen. Dadurch ergeben sich einige Unterschiede zu Herrn W.'s Berechnungen, die jedoch letztendlich nebensächlich sind. Der entscheidende Fehler liegt an einer ganz anderen Stelle.
Um Herrn W. entgegen zu kommen, verwende ich auch in diesem Beitrag die von ihm favorisierten, veralteten (seit 1978 in Deutschland offiziell nicht mehr zulässigen) Einheiten Krafttonne (1 tf = 1000 kgf = 9.806,65 N) und Technische Atmosphäre (1 at = 1 kgf/cm2 = 10 tf/m2 = 98.066,5 Pa).
Eine kurze Zusammenfassung der technischen Daten und z.T. idealisierten Annahmen zu dieser Anlage:
Bewusst abweichend von der Darstellung von Herrn W. verwende ich aus Vereinfachungsgründen auch beim obersten Zylinder Nr. 20 für die obere Kammer die gleiche Querschnittsfläche wie bei den unteren 19 Zylindern, da der Gleichgewichtszustand zur Widerlegung der Funktionsfähigkeit ausreicht.
Aus den obigen technischen Daten und Annahmen lassen sich die folgenden Kraftverhältnisse im Ausgangszustand (mit offenen unteren Zylinderkammern) ableiten:
Original anzeigen (0,2 MB)
Die vom Wasserdruck auf die Querschnittsflächen der unteren und oberen Zylinderkammern ausgeübte Kraft ergibt sich gemäss: F = A * p = 7144 cm2 * (30 at + 1/10 at/m * Wassertiefe) = 214,32 tf + 0,7144 tf/m * Wassertiefe. Der atmosphärische Luftdruck kann unberücksichtigt bleiben, weil er dadurch kompensiert wird, dass die mittleren Zylinderkammern mit der Atmosphäre verbunden sind.
Der unterste Zylinder Nr. 1 wirkt mit einer Kraft von 228,61 tf + 227,89 tf = 456,50 tf durch den Wasserdruck, und mit 1,43 tf durch sein Gewicht, also mit insgesamt 457,93 tf nach unten. Gleichzeitig wirkt er mit einer Kraft von 228,61 tf + 227,89 tf = 456,50 tf durch den Wasserdruck nach oben. Der darüber befindliche Zylinder Nr. 2 wirkt mit einer Kraft von 227,89 tf + 227,18 tf = 455,07 tf durch den Wasserdruck, und mit 1,43 tf durch sein Gewicht, also mit insgesamt 456,50 tf nach unten. Die Kraft, die Zylinder Nr. 1 nach oben ausübt, hebt sich also mit der Kraft, die Zylinder Nr. 2 unten ausübt, genau auf. Das wiederholt sich entsprechend für die darüber befindlichen Zylinder, so dass sich die Kräfte zwischen den Zylindern alle aufheben. Die nach oben wirkende Kraft des obersten Zylinders Nr. 20 von 215,03 tf + 214,32 tf = 429,35 tf wird von einem mit dem Wasserbehälter verbundenen Widerlager aufgenommen.
Sofern der Kraftübertragungskolben unterhalb der Zylindersäule genau die 457,93 tf nach oben ausübt, die der unterste Zylinder Nr. 1 nach unten ausübt, ist die Konstellation im Gleichgewicht, und es findet keine Bewegung statt.
Auch ohne den eigentlichen Arbeitstakt (Absinken der Zylindersäule mit Expansion des obersten Zylinders Nr. 20) zu betrachten, lässt sich bereits am Gleichgewichtszustand der entscheidende Denkfehler von Herrn W. zeigen. Die von Herrn W. angestrebte "Energieproduktion" soll sich dadurch ergeben, dass die Zylindersäule beim Arbeitstakt eine (erheblich) grössere Kraft nach unten ausüben soll, als beim Rückstelltakt (Anheben der Zylindersäule mit "blockierten" unteren Zylindern und Kompression des obersten Zylinders Nr. 20).
Beim "Blockieren" der Zylindersäule gibt es bei dieser Anlage durch den erheblich höheren Wasserdruck eine Besonderheit. Während bei der einfachen Anlage, die ich in meiner ursprünglichen Widerlegung beschrieben hatte, das Schliessen der unteren Kammer genügt, um die Zylinder sowohl gegen Expansion als auch Kompression zu blockieren, genügt das bei der hier betrachteten Anlage bzgl. Expansion nicht. Da es sich um einen nebensächlichen Punkt handelt, möchte ich hier nicht näher auf die Einzelheiten eingehen. Zum vollständigen Blockieren der einzelnen Zylinder dieser Anlage müssen entweder sowohl die untere als auch die obere Kammer geschlossen werden, oder die Zylinder müssen mechanisch in sich "verriegelt" werden (was konstruktiv unproblematisch wäre). In meiner weiter unten folgenden Grafik gehe ich von der Variante mit offenen oberen Kammern und einer zusätzlichen mechanischen Verriegelung aus. Das Resultat ist bei beiden Varianten gleich.
Beim Rückstelltakt werden die unteren 19 Zylinder blockiert, können also weder expandieren noch komprimiert werden. Das bedeutet im Endeffekt, dass sie sich wie ein einziger starrer Zylinder verhalten. Herr W. berechnet die Kraft, die die Zylindersäule beim Rückstelltakt nach unten ausüben soll, wie folgt (im Screenshot oben mit leicht abweichenden Werten in mittlerer Höhe rechts: "Wa = .."): Kraftwirkung der oberen Kammer des obersten Zylinders Nr. 20 nach unten zuzüglich Gewichtskraft aller 20 Zylinder abzüglich Auftriebskraft der unteren 19 Zylinder. Mit den Werten in meiner Grafik ergibt sich dafür konkret (die Auftriebskraft ergibt sich entsprechend dem Volumen der Zylinder: V = A * h = (0,5 m)2 * π * 1 m ≈ 0,785 m3) :
F = 214,32 tf + 20 * 1,43 tf - 19 * 0,785 tf ≈ 228 tf
Das ist falsch. Eine Betrachtung der Kraftverhältnisse zeigt:
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Zum einen hat die Zylindersäule, wie ich in meiner Widerlegung der Funktionsfähigkeit der einfachen Anlage erläutert hatte, sofern die Zylinder plan aufeinander und auf dem Kraftübertragungskolben aufliegen, keinen Auftrieb. Gibt es einen Zwischenraum zwischen der Zylindersäule und dem Kraftübertragungskolben, erhält sie dadurch zwar Auftrieb, gleichzeitig wirkt aber, wie ich kürzlich erläutert hatte, durch den Wasserdruck unvermeidlich eine gleich grosse Kraft zusätzlich auf den Kraftübertragungskolben nach unten, so dass die insgesamt nach unten wirkende Kraft in jedem Fall der Situation ohne Auftrieb entspricht.
Der fälschlich eingerechnete Auftrieb ist aber in diesem Fall nicht der schwerwiegendste Fehler. Der schwerwiegendste Fehler ist, dass Herr W. die Kraftwirkung der unteren Kammer des (nicht blockierten) obersten Zylinders Nr. 20 nach unten nicht berücksichtigt. Diese Kraft wird nämlich bei blockiertem Zylinder Nr. 19 nicht durch die Kraftwirkung der oberen Kammer dieses Zylinders nach oben aufgehoben. Sind die oberen Kammern der unteren 19 Zylinder (wie in der Grafik dargestellt) offen, heben sich im blockierten Zustand die durch den Wasserdruck auf die untere und die obere Querschnittsfläche wirkenden Kräfte gegeneinander auf. Sind sie alternativ geschlossen, übt der (externe) Wasserdruck überhaupt keine Kraft darin aus. Die unteren 19 Zylinder verhalten sich also im blockierten Zustand in jedem Fall, wie erwähnt, wie ein einziger starrer Zylinder. Tatsächlich ergibt sich also die Kraft, die die Zylindersäule beim Rückstelltakt nach unten ausübt, aus der nach unten wirkenden Kraft der oberen und der unteren Kammer des obersten Zylinders Nr. 20, zuzüglich der Gewichtskraft aller 20 Zylinder:
F = 214,32 tf + 215,03 tf + 20 * 1,43 tf = 457,95 tf
Das ist aber (von einem minimalen, rein rundungsbedingten Unterschied abgesehen) die gleiche Kraft, die die Zylindersäule beim Arbeitstakt nach unten ausübt. Es gibt also keinen Kraftunterschied zwischen Arbeitstakt und Rückstelltakt, und damit auch keine "Energieproduktion".
Es nützt übrigens -- genau wie beim Auftrieb der Zylindersäule -- nichts, einen Zwischenraum zwischen Zylinder Nr. 20 und Zylinder Nr. 19 einzufügen. Der Wasserdruck in diesem Zwischenraum würde zwar tatsächlich den nach unten gerichteten Druck in der unteren Kammer von Zylinder Nr. 20 kompensieren. Gleichzeitig würde er aber einen gleich starken Druck auf Zylinder Nr. 19 nach unten ausüben, wodurch die Gesamtkraft auf den Kraftübertragungskolben gleich bliebe.
Obwohl der Fehler im Nachhinein ziemlich offensichtlich ist, ist er aufgrund der komplexen Druckverhältnisse der Anlage ohne eine sehr eingehende Beschäftigung mit dem Thema kaum zu erkennen.
Es hat auch, wie ich bereits in meiner Widerlegung der Funktionsfähigkeit der einfachen Anlage schrieb, keinen Sinn, nach einer "Lösung" zu suchen. Das würde höchstens den Fehler an eine andere Stelle verlagern. Ein "Schwerkraft-Kraftwerk" im hier betrachteten Sinne kann grundsätzlich nicht funktionieren.
Ein geplanter ca. 20 m hoher Prototyp einer solchen Anlage mit 20 Dreikammer-Zylindern wird von Herrn W. u.a. in den Videos Beitrag 30/2, Beitrag 30/3 und Beitrag 32/2 beschrieben. Eine weitere ausführliche Beschreibung, allerdings mit leicht abweichenden technischen Daten findet sich im Video Beitrag 26. Der folgende Screenshot stammt aus dem Video Beitrag 32/2:
Original anzeigen (0,6 MB)
Leider sind die angegebenen technischen Daten z.T. unklar. Insbesondere gilt das, wie man z.B. in obigem Screenshot sehen kann, für die Angaben zu den Querschnittsflächen der unteren und oberen Zylinderkammern. Herr W. gibt zwar eindeutig an, dass beim obersten Zylinder Nr. 20 die obere Kammer eine abweichende Querschnittsfläche haben soll, allerdings sind auch die Angaben zu den unteren 19 Zylindern, die eigentlich einheitlich sein sollten, widersprüchlich. Mal hat die untere Kammer eine Querschnittsfläche von 7850 cm2, mal von 7850 cm2 - 706 cm2 (706 cm2 soll die Querschnittsfläche der Kolbenstange sein), mal hat die obere Kammer eine Querschnittsfläche von 8820 cm2 - 706 cm2, mal von 7850 cm2 - 706 cm2. Da sich jedoch die Kraft, die die obere Kammer eines Zylinders nach oben ausübt, mit der Kraft, die die untere Kammer des darüber befindlichen Zylinders nach unten ausübt, aufheben soll, müssen die Querschnittsflächen der beiden Kammern (bei den unteren 19 Zylindern) eigentlich gleich sein. Nach einigem Überlegen erschien es mir am sinnvollsten, für beide Kammern einheitlich Querschnittsflächen von 7850 cm2 - 706 cm2 = 7144 cm2 anzunehmen. Dadurch ergeben sich einige Unterschiede zu Herrn W.'s Berechnungen, die jedoch letztendlich nebensächlich sind. Der entscheidende Fehler liegt an einer ganz anderen Stelle.
Um Herrn W. entgegen zu kommen, verwende ich auch in diesem Beitrag die von ihm favorisierten, veralteten (seit 1978 in Deutschland offiziell nicht mehr zulässigen) Einheiten Krafttonne (1 tf = 1000 kgf = 9.806,65 N) und Technische Atmosphäre (1 at = 1 kgf/cm2 = 10 tf/m2 = 98.066,5 Pa).
Eine kurze Zusammenfassung der technischen Daten und z.T. idealisierten Annahmen zu dieser Anlage:
- Die Zylindersäule besteht aus 20 Dreikammer-Zylindern mit je 1 m Höhe und einem Radius von ungefähr 0,5 m, die sich in einem Wasserbehälter von etwas mehr als 20 m Höhe befinden.
- Die Querschnittsflächen der unteren und oberen Zylinderkammern betragen 0,7144 m2 (7144 cm2).
- Der Wasserbehälter ist oben geschlossen, und über der Wasseroberfläche befindet sich Druckluft mit einem Druck von 30 atü. Dadurch steht die 20 m hohe Wassersäule der Anlage unter einem Druck, der einer 300 m höheren Wassersäule entspricht.
- Alle Wandstärken und das Volumen des Kolbens seien als vernachlässigbar angenommen.
- Reibungsverluste, hydraulische Verluste, etc. seien als vernachlässigbar angenommen.
- Die genutzte Höhe der unteren und der oberen Zylinderkammern sei als vernachlässigbar angenommen.
- Die Masse der einzelnen Zylinder beträgt ca. 1,43 t, und sei vollständig auf die untere Stirnfläche konzentriert angenommen.
Bewusst abweichend von der Darstellung von Herrn W. verwende ich aus Vereinfachungsgründen auch beim obersten Zylinder Nr. 20 für die obere Kammer die gleiche Querschnittsfläche wie bei den unteren 19 Zylindern, da der Gleichgewichtszustand zur Widerlegung der Funktionsfähigkeit ausreicht.
Aus den obigen technischen Daten und Annahmen lassen sich die folgenden Kraftverhältnisse im Ausgangszustand (mit offenen unteren Zylinderkammern) ableiten:
Original anzeigen (0,2 MB)
Die vom Wasserdruck auf die Querschnittsflächen der unteren und oberen Zylinderkammern ausgeübte Kraft ergibt sich gemäss: F = A * p = 7144 cm2 * (30 at + 1/10 at/m * Wassertiefe) = 214,32 tf + 0,7144 tf/m * Wassertiefe. Der atmosphärische Luftdruck kann unberücksichtigt bleiben, weil er dadurch kompensiert wird, dass die mittleren Zylinderkammern mit der Atmosphäre verbunden sind.
Der unterste Zylinder Nr. 1 wirkt mit einer Kraft von 228,61 tf + 227,89 tf = 456,50 tf durch den Wasserdruck, und mit 1,43 tf durch sein Gewicht, also mit insgesamt 457,93 tf nach unten. Gleichzeitig wirkt er mit einer Kraft von 228,61 tf + 227,89 tf = 456,50 tf durch den Wasserdruck nach oben. Der darüber befindliche Zylinder Nr. 2 wirkt mit einer Kraft von 227,89 tf + 227,18 tf = 455,07 tf durch den Wasserdruck, und mit 1,43 tf durch sein Gewicht, also mit insgesamt 456,50 tf nach unten. Die Kraft, die Zylinder Nr. 1 nach oben ausübt, hebt sich also mit der Kraft, die Zylinder Nr. 2 unten ausübt, genau auf. Das wiederholt sich entsprechend für die darüber befindlichen Zylinder, so dass sich die Kräfte zwischen den Zylindern alle aufheben. Die nach oben wirkende Kraft des obersten Zylinders Nr. 20 von 215,03 tf + 214,32 tf = 429,35 tf wird von einem mit dem Wasserbehälter verbundenen Widerlager aufgenommen.
Sofern der Kraftübertragungskolben unterhalb der Zylindersäule genau die 457,93 tf nach oben ausübt, die der unterste Zylinder Nr. 1 nach unten ausübt, ist die Konstellation im Gleichgewicht, und es findet keine Bewegung statt.
Auch ohne den eigentlichen Arbeitstakt (Absinken der Zylindersäule mit Expansion des obersten Zylinders Nr. 20) zu betrachten, lässt sich bereits am Gleichgewichtszustand der entscheidende Denkfehler von Herrn W. zeigen. Die von Herrn W. angestrebte "Energieproduktion" soll sich dadurch ergeben, dass die Zylindersäule beim Arbeitstakt eine (erheblich) grössere Kraft nach unten ausüben soll, als beim Rückstelltakt (Anheben der Zylindersäule mit "blockierten" unteren Zylindern und Kompression des obersten Zylinders Nr. 20).
Beim "Blockieren" der Zylindersäule gibt es bei dieser Anlage durch den erheblich höheren Wasserdruck eine Besonderheit. Während bei der einfachen Anlage, die ich in meiner ursprünglichen Widerlegung beschrieben hatte, das Schliessen der unteren Kammer genügt, um die Zylinder sowohl gegen Expansion als auch Kompression zu blockieren, genügt das bei der hier betrachteten Anlage bzgl. Expansion nicht. Da es sich um einen nebensächlichen Punkt handelt, möchte ich hier nicht näher auf die Einzelheiten eingehen. Zum vollständigen Blockieren der einzelnen Zylinder dieser Anlage müssen entweder sowohl die untere als auch die obere Kammer geschlossen werden, oder die Zylinder müssen mechanisch in sich "verriegelt" werden (was konstruktiv unproblematisch wäre). In meiner weiter unten folgenden Grafik gehe ich von der Variante mit offenen oberen Kammern und einer zusätzlichen mechanischen Verriegelung aus. Das Resultat ist bei beiden Varianten gleich.
Beim Rückstelltakt werden die unteren 19 Zylinder blockiert, können also weder expandieren noch komprimiert werden. Das bedeutet im Endeffekt, dass sie sich wie ein einziger starrer Zylinder verhalten. Herr W. berechnet die Kraft, die die Zylindersäule beim Rückstelltakt nach unten ausüben soll, wie folgt (im Screenshot oben mit leicht abweichenden Werten in mittlerer Höhe rechts: "Wa = .."): Kraftwirkung der oberen Kammer des obersten Zylinders Nr. 20 nach unten zuzüglich Gewichtskraft aller 20 Zylinder abzüglich Auftriebskraft der unteren 19 Zylinder. Mit den Werten in meiner Grafik ergibt sich dafür konkret (die Auftriebskraft ergibt sich entsprechend dem Volumen der Zylinder: V = A * h = (0,5 m)2 * π * 1 m ≈ 0,785 m3) :
F = 214,32 tf + 20 * 1,43 tf - 19 * 0,785 tf ≈ 228 tf
Das ist falsch. Eine Betrachtung der Kraftverhältnisse zeigt:
Original anzeigen (0,2 MB)
Zum einen hat die Zylindersäule, wie ich in meiner Widerlegung der Funktionsfähigkeit der einfachen Anlage erläutert hatte, sofern die Zylinder plan aufeinander und auf dem Kraftübertragungskolben aufliegen, keinen Auftrieb. Gibt es einen Zwischenraum zwischen der Zylindersäule und dem Kraftübertragungskolben, erhält sie dadurch zwar Auftrieb, gleichzeitig wirkt aber, wie ich kürzlich erläutert hatte, durch den Wasserdruck unvermeidlich eine gleich grosse Kraft zusätzlich auf den Kraftübertragungskolben nach unten, so dass die insgesamt nach unten wirkende Kraft in jedem Fall der Situation ohne Auftrieb entspricht.
Der fälschlich eingerechnete Auftrieb ist aber in diesem Fall nicht der schwerwiegendste Fehler. Der schwerwiegendste Fehler ist, dass Herr W. die Kraftwirkung der unteren Kammer des (nicht blockierten) obersten Zylinders Nr. 20 nach unten nicht berücksichtigt. Diese Kraft wird nämlich bei blockiertem Zylinder Nr. 19 nicht durch die Kraftwirkung der oberen Kammer dieses Zylinders nach oben aufgehoben. Sind die oberen Kammern der unteren 19 Zylinder (wie in der Grafik dargestellt) offen, heben sich im blockierten Zustand die durch den Wasserdruck auf die untere und die obere Querschnittsfläche wirkenden Kräfte gegeneinander auf. Sind sie alternativ geschlossen, übt der (externe) Wasserdruck überhaupt keine Kraft darin aus. Die unteren 19 Zylinder verhalten sich also im blockierten Zustand in jedem Fall, wie erwähnt, wie ein einziger starrer Zylinder. Tatsächlich ergibt sich also die Kraft, die die Zylindersäule beim Rückstelltakt nach unten ausübt, aus der nach unten wirkenden Kraft der oberen und der unteren Kammer des obersten Zylinders Nr. 20, zuzüglich der Gewichtskraft aller 20 Zylinder:
F = 214,32 tf + 215,03 tf + 20 * 1,43 tf = 457,95 tf
Das ist aber (von einem minimalen, rein rundungsbedingten Unterschied abgesehen) die gleiche Kraft, die die Zylindersäule beim Arbeitstakt nach unten ausübt. Es gibt also keinen Kraftunterschied zwischen Arbeitstakt und Rückstelltakt, und damit auch keine "Energieproduktion".
Es nützt übrigens -- genau wie beim Auftrieb der Zylindersäule -- nichts, einen Zwischenraum zwischen Zylinder Nr. 20 und Zylinder Nr. 19 einzufügen. Der Wasserdruck in diesem Zwischenraum würde zwar tatsächlich den nach unten gerichteten Druck in der unteren Kammer von Zylinder Nr. 20 kompensieren. Gleichzeitig würde er aber einen gleich starken Druck auf Zylinder Nr. 19 nach unten ausüben, wodurch die Gesamtkraft auf den Kraftübertragungskolben gleich bliebe.
Obwohl der Fehler im Nachhinein ziemlich offensichtlich ist, ist er aufgrund der komplexen Druckverhältnisse der Anlage ohne eine sehr eingehende Beschäftigung mit dem Thema kaum zu erkennen.
Es hat auch, wie ich bereits in meiner Widerlegung der Funktionsfähigkeit der einfachen Anlage schrieb, keinen Sinn, nach einer "Lösung" zu suchen. Das würde höchstens den Fehler an eine andere Stelle verlagern. Ein "Schwerkraft-Kraftwerk" im hier betrachteten Sinne kann grundsätzlich nicht funktionieren.