Rolly22 schrieb:Bei einer Sprengung wird das Tragwerk quasi absichtlich und in allen Stockwerken gleichzeitig funktionslos gemacht. Der Unterschied zwischen "gleichzeitig" und "quasi sofort" dürfte so gering sein, dass wir mit unseren Laienaugen diesen nicht bemerken.
Da möchte ich nochmal präzisieren:
Eine Sprengung findet zuallererst möglichst weit unten statt, normalerweise im Keller, bzw. Erdgeschoss. Wenn dort die tragenden Stützen durchtrennt wurden (Schneidladungen bei Stahlstützen) und zur Seite gedrückt wurden (kicker charges), dann kommt das Gebäude auf jeden Fall runter. Weitere Sprengungen etc. sind dafür nicht nötig und werden auch nicht durchgeführt.
Allerdings kommt das Gebäude dann eher ungeordnet runter und normalerweise hat man den Wunsch, das Gebäude auf eine bestimmte Art einstürzen zu lassen. Dafür (und da beginnt die Kunst der Sprengmeister) werden nun genau berechnete Ladungen in oberen Bereichen angebracht, so dass das Gebäude, ja nachdem, wie es gewünscht wird, auf die Seite gelegt wird oder in sich selbst einstürzt. Dabei ist das Timing der Ladungen wichtig, inklusive der Art der Vorbereitungen bis hin zu eingezogenen Trossen, die bestimmte Stützen beim Einsturz in eine Richtung ziehen.
Wichtig ist, dass der Einsatz von Sprengstoff nur den Einsturz auslöst und die Plazierung und das Timing bestimmen, wie der Einsturz abläuft. Das Zerlegen des Gebäudes übernimmt die Schwerkraft; das durch Sprengstoff zu erreichen verbietet sich von selbst.
Erstens stellt der Einsturz eines Gebäudes immer auch eine seismische Herausforderung für die Umgebung dar, welche in vielen Fällen auch mittels Seismometer überwacht wird und bei Grenzwertüberschreitung die Abbruchfirma für Schäden haftbar macht (das ist auch einer der Gründe, warum Sprengmeister gerade nicht darauf aus sind, das Gebäude in den freien Fall zu bringen).
Zweitens stellen die Druckspitzen der Detonationen auch eine Gefahr für umliegende Gebäude dar, so dass man möglichst wenig Sprengstoff verwendet und viel Aufwand macht, um mittels der Vorbereitungen die Druckwellen so gering wie möglich zu halten. Wenn man einige Dutzend Kilo Hochleistungssprengstoff in einem gebauten Gebiet einfach mal so zündet, dann gibt es in weitem Umfeld strukturelle Schäden an umliegenden Gebäuden, wie man bei Bombenattentaten auch sehen kann.
Und darüber hinaus: Stahl ist mit einer einfachen Ladung, die ungerichtet an einer Stütze klebt, kaum zu sprengen, da man dafür dann eine vergleichsweise große Menge braucht, die wiederum eine enorme Druckwelle auslöst.
Deshalb verwendet man Schneidladungen, die gerichtet wirken, die allerdings einen nicht unerheblichen Aufwand benötigen; beispielsweise müssen die Stützen per Schneidbrenner eingekerbt werden, um die Ladungen auch nur zu befestigen. Darüber hinaus schneidet man die Stützen soweit auf, dass die Ladungen möglichst klein sein können. Diese Vorbereitungen dauern mehrere Wochen bis Monate, je nach Größe des Objekts.
Um Stahl zu sprengen, muss der Sprengstoff eine Reaktionsgeschwindigkeit von mindestens der Schallgeschwindigkeit im betreffendem Medium haben, d.h. bei Stahl also zwischen 5000 und 6000 m/sec. Das bedeutet, wir haben nicht nur, wie bei Schwarzpulver etc. einen simplen Druckimpuls, sondern der Impuls durchläuft die Luft anfangs mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit, also wir hören einen Überschallknall, dessen Stärke abhängig ist von der Energie, die der Sprengstoff liefert. Und da Baustahl ein vergleichsweise widerstandsfähiges Material ist und bei den Materialstärken, die in Wolkenkratzern verbaut werden müssen, ist das eine ganze Menge.
Somit ist der Gedanke, man könne lautlos sprengen, schon physikalisch unhaltbar. Es gibt genug Sprengungsvideos, die zeigen, wie laut so ein Vorgang ist, insbesonders wenn die aufnehmende Kamera weit weg vom Gebäude steht: vom Einsturz selber hört man im Vergleich mit den Detonationen, fast nichts.