@smailliw"Zu Anfang der dreißiger Jahre gab es 80000 Freimaurer in Deutschland, also mehr als viermal so viel wie heute. Sie waren zunächst nicht durch die Nationalsozialisten, sondern vor allem durch den General Erich Luddendorf und dessen Ehefrau Mathilde bedroht. 1927 verfasste er eine Schrift "Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse", in der er alle Register des Rassenwahns, der Spekulation und des Aberglaubens zog.
Diese brisante weltanschauliche Mischung fiel im Zuge der Wirtschaftskrise auf fruchtbaren Boden. Ludendorff entlarvte geheime Drahtzieher hinter den Kulissen als wahre Schuldige für die Misere, sprach von einer internationalen Verschwörung von Juden, Kommunisten und Freimaurern. Man kannte die "Verantwortlichen" nicht, aber wenn ein leibhaftiger General, behängt mit den Symbolen der Obrigkeit, behauptete, die Bösen steckten alle unter einer Decke und würden außerdem von den noch geheimnisvolleren Weisen aus Zion angestiftet, musste etwas dran sein. Das Buch erlebte einige Auflagen, und die Presse beschäftigte sich begierig mit den obskuren Anschuldigungen.
Bald erkannten die faschistischen Führer, dass sich die Hetztiraden Ludendorffs ausnutzen ließen. Viele Logen machten den Fehler, denen da oben zu trauen. Sie hielten sich gegenüber der beginnenden Hetze bedeckt, ja biederten sich der nationalsozialistischen Herrschaft an. Ihr Motto, Politik müsse aus der Freimaurerei herausgehalten werden, hatte groteske Folgen. So musste zum Beispiel der konservative Großmeister der Großen National Mutterloge, der Pfarrer K. Habicht, seinen Posten räumen. An dessen Stelle wurde ein glühender Nazi und persönlicher Bekannter Hitlers, Otto Bordes, zu seinem Nachfolger gewählt.
Am 21.3.1933, dem Tag von Potsdam, drei Tage vor dem Ermächtigungsgesetz, das dem nationalsozialistischen Regime gegen seine Gegner frei Hand ließ, schickten die sächsische Großlogen ein Telegramm an Hitler, Hindenburg, Frick und Goebbels: "Die Große Landesloge der Freimaurer von Sachsen begrüsst am heutigen Weihetage die nationale Erhebung des deutschen Volkes und Vaterlandes. sie gelobt in christlicher-nationaler Pflichttreue, wie bisher, im Geiste ihres Bruders Friedrichs des Großen mit der Reichsregierung zu arbeiten für Deutschlands Ehre und Größe, in Einigkeit und Freiheit. Den Allmächtigen bitten wir, das neue Reich segnen zu wollen." Die drei altpreussischen Logen eiferten dem Geist der Ergebenheitsadresse mit ähnlichem Wortlaut nach.
Helmut Neuberger, der die dunkle Zeit, wie der Nationalsozialismus von den Freimaurern wolkig umschrieben wird, detailliert erforscht hat, schränkt ein: "Die Taktik der nationalen Logen, durch weitgehende ideologische Anpassung an den Nationalsozialismus und Erfüllung dessen antimaurerischer Forderungen der drohenden Auflösung zu entgehen, war freilich auch innerhalb der altpreussischen Großlogen nicht unumstritten."(1)
Der Appell der Logenbrüder an die Herrschenden, doch das eigene Wohlverhalten zu honorieren und vernünftig zu sein, fruchtete wie immer nicht. Bis 1935 wurden die deutschen Freimaurer gezwungen, ihre Logen zu schließen und alle Vereine auszulösen. Die Nazis erreichten das mit der bekannten Taktik von Regierungen, die sich missliebiger Gruppen entledigen wollen. Terror, Verhaftungen, Deportationen und scheinbar rechtsstaatlichem Verhalten. Liquidatoren wurden beauftragt, sich um das beträchtliche Vermögen der Logen zu kümmern, es kam sogar zu formellen Kaufverträgen, durch die der freimaurerische Besitz staatlichen Institutionen übertragen wurde. Einzelne, die Widerstand leisteten wie Wilhelm Leuschner, kamen ins Konzentrationslager und wurden ermordet.
General Ludendorff starb 1937, doch seine Wahnideen von der freimaurerischen Weltverschwörung und ihren finsteren Geheimnissen blieben präsent. In einem Wörterbuch der deutschen Volkskunde aus dem Jahr 1936 hieß es: "Jedes Jahr muss ein Freimaurer geopfert werden...ein Freimaurer, dessen Todeslos gezogen ist, kann sich durch Tötung eines unschuldigen Kindes oder Dienstmädchens oder eines lieben Verwandten befreien." Das Buch wurde 1957 ohne Korrekturen neu aufgelegt."
Q:
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