@FF Was
@matraze106 essenziell meint, ist nur, dass sich zunehmend das Phänomen ausbreitet, Meinungen abseits des Mainstreams nicht akzeptieren zu wollen. Speziell in diesem Falle ist mit "Mainstream" der Apparat gemeint, der die gesellschaftliche Denkrichtung vorgibt.
Jetzt gibt es aber ein Dilemma. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die die Bestätigung für ihr disproportionales Empfinden in Sachen politischer Demagogie und Weltgeschehen gefunden haben. Sie stehen nun in der Position, über dem Wissen der anderen erhaben zu sein, Zusammenhänge erkannt zu haben, die es offiziell vllt. nicht gibt. Das wiederum bringt weitere Fragen auf und so vertieft man sich in die Materie.
Was hier passiert, ist aber ganz entscheidend. Es gibt da die Einen, die sich treiben lassen und ihre eigene Denkfähigkeit tatsächlich abgestellt haben und nun alles fressen, was ihnen in puncto Esoterik oder Abstrusität vor die Augen fällt. Der anfängliche Drang, zu hinterfragen, ist nun futsch, weil diese Leute dank ihres Dopamin-Flashs, den sie durch ihre anfängliche (!) "Erleuchtung" erfahren haben, nur noch diesem einen Belohnungseffekt nachjagen. Gut, diese Leute gibt es und ja, sie können in der Tat den Bezug zur Realität verlieren. Um das mal deutlich zu machen anhand eines Beispiels:
A. ist ein helles Köpfchen, denkt er, und stellt sich so seine Fragen, warum es trotz politisch sich immer wieder repetierender Brabbelmanier auf der Welt zunehmend ungerechter abläuft. Also forscht er nach und findet die Antwort darin, dass die Politik total an den Bürgern vorbeiarbeiten muss. Warum macht sie das? Weil sie entweder rücksichts- und skrupellos sich selbst bereichern möchte, oder weil sie nur nach außen autonom auftritt, es in Wahrheit aber nicht ist. Dann forscht er weiter nach und gelangt zum Geldsystem und der Tatsache, dass die Banken über der Politik stehen und sich diese nach ihren Vorstellungen gestalten.
Da A. nach eingehender Recherche einsieht, dass es sich tatsächlich so verhält und er sich extrem bestätigt und im Recht fühlt, stellt er von nun an das Denken ab und gerät damit zunehmend in die Fänge von zwielichtigen Seiten. Nachdem er sich weiterhin total erleuchtet fühlt, landet er irgendwann bei Holocaust- und AIDS-Leugnern, die empathisch nach dem gleichen Muster zu überzeugen versuchen, wie es das bei dem Politik-Banken-Dilemma war. Da A. aber jegliches kritisches Denken a priori ausgeschaltet hat, lässt er sich weiterhin von den Emotionen leiten, die die bösen Seiten bei ihm auslösen - nämlich Gefühle des Bestätigt-werdens und, vllt. am wichtigsten, des
Verstanden-werdens.
Nach gewisser Zeit ist A. dermaßen dogmatisch, dass es ihm nur noch darum geht, gegen die Skeptiker zu bashen und in typischer Infokrieger-Manier alle, die keine Glaubensbrüder sind, als Mitverschwörer zu stilisieren, sowie weitere Menschen zu missionieren. Denn geeinter Glaube führt wieder zu Bestätigung. Teufelskreis. Wohin das führt, sehen wir bei Alex Benesch oder anderen dieser Zunft.
Bei A. ist der Vorwurf des verrückt gewordenene VTlers berechtigt.
Nun gibt es aber noch die Anderen, die ihr kritisches Denken
nicht abschalten. Sie forschen weiter, kommen aber an ihre ganz persönlichen skeptizistischen Grenzen, da sie zwar offen sind für neue Erkenntnisse, sich aber nicht auf der anfänglichen Bestätigung ausruhen, sondern weiter Fragen nach Evidenz stellen. Sobald diese Grenzen also überschritten wurden, rudert der Vertreter dieser Gruppe an "VTlern" zurück, da die neuen Erkenntnisse sich nicht mit seinem Verstand und bisherigem fundierten Wissen vereinbaren lassen. Beispiel:
B. ist auch ein helles Köpfchen, denkt er, stellt wie A. Diskrepanzen in Aussage und Wirkung von Politik fest und kommt zu denselben Schlüssen wie A., dass es eine Schattenmacht geben muss. Im Gegensatz zu A. behält B. aber sein kritisches Denken bei, obwohl auch er sich offen für jegliche neue Erkenntnisse zeigt.
Schon im Recherche-Verhalten zeigt sich, dass B. seinen Erkenntnisradius nicht auf 1-3 Webseiten mit einschlägigen Namen zentriert, da er - was A. in seinem dopaminversifften Wahn nicht tat - seine Quellen gegencheckt. Auf diese Weise kann B. recht schnell seriöse von unseriösen Quellen trennen und letztere verwerfen. Deshalb lässt sich B. auch nicht von AIDS-Leugnern vor den Karren spannen, weil er weiß, dass spätestens hier gefährliches Terrain betreten wird, in dem versucht wird, ihm sein fundiertes Wissen, dass AIDS eine Folge der HIV-Infektion ist, auszureden.
Was wir hier haben, ist also keine homogene Gruppe im Lager der "VTler". Deswegen macht es wenig Sinn, diese Gruppe in ein und dieselbe Schublade zu stecken, alle "VTler" als bräunlich versumpft, oder unzurechnungsfähig zu verklären. Denn im Grunde sind auch sie Skeptiker, nur in der Gegenform zu dem, was sich "offiziell" Skeptiker nennt.
Ebenfalls, und das beobachte ich auch sehr oft hier, erheben sich so-called Skeptiker über Andersdenkende deutlich aggressiver, persönlicher und polemischer als so-called VTler, ohne zu hinterfragen, dass sie im Grunde nichts von den VTlern unterscheidet. Beide sind skeptisch - die Einen auf die Machenschaften im System und die Anderen auf die Meinungen derjenigen, die skeptisch auf die Machenschaften im System sind. Zu einer Lösung werden diese beiden Gruppen, wenn sie aufeinandertreffen, niemals kommen und sich immer wieder in Grabenkriegen verlieren.
Das Meinungsdiktat der Medien in Abrede zu stellen, hat doch wirklich einen Bart und ist in etwa so haltlos wie ein fallender Ast. Allein die derzeitige Ukraine-Krise und das Statement von Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz im NDR dazu, haben das hinlänglich belegt. Dass sich in den Sende-Untiefen der Öffentlich Geächteten aber auch brauchbare Formate finden lassen, bedeutet nicht automatisch ihre Reinwaschung. Jeder kann sich von den widersprüchlichen Inhalten bestimmter Sendungen selbst überzeugen, dafür braucht man nur das Abend- mit dem Nachtprogramm zu vergleichen.
Was also tun? Zunächst mal anerkennen, dass beide Gruppen ein Gedanke eint, nämlich
Skepsis. Und in
beiden Gruppen gibt es sektenartige Auswüchse. Niemand hat etwas davon, wenn beide sich permanent aufeinander einschießen und mit Dreck bewerfen, nur, um sich in die throngleiche Position des Rechthabenden zu katapultieren. Wie war das noch mit Dopamin und Bestätigung/Belohnung?
;)Sinnvoller wäre es, nach Hintergründen und Lösungen zu suchen, statt sich im virtuellen Wrestling Room mit Schlamm zu beschmeißen. Wenn nur nicht dieser Thread-Titel wäre, der rhetorisch schon eine Einladung zur Schlammschlacht darstellt und eine konstruktive Diskussion von Vornherein verhindert. Mit Erfolg...