Beim Stöbern bin ich zufällig hier gelandet.
@Mahananda Mahananda schrieb am 29.01.2012:Die Wahrscheinlichkeit von 10^ -1018 ist schon erschütternd ...
Aber nur, wenn man folgenden Satz überliest, der in dem Paper enthalten ist, aus dem die Kalkulation entnommen ist:
"Let us assume that, for the onset of biological evolution, a unique n-mer is required."
Der Knackpunkt ist hier "unique" im Sinne von "einzigartig" oder "einmalig". Das legt den Schluss nahe, dass es auf eine einzelne Sequenz ankommt, die passgenau sein muss, damit die biologische Evolution starten kann. So kann man es freilich nicht sehen, auch wenn die Ausführungen von Eugene V. Koonin teilweise sehr interessant und aufschlussreich sind.
Es kann meiner Ansicht nach nicht ausgeschlossen werden, dass über Selbstorganisationsphänomene bei hinreichend lang gewordenen Polymeren (~100 Monomere) binnen kurzer Zeit sich selbst stabilisierende funktionsfähige Netzwrke entstehen, aus denen ein Translationsmechanismus emergiert, wie er als "breakthrough-system" von Koonin beschrieben wird.
Gemäß des vom TE erstellten Berechnungsansatzes (den ich weiter unten kritisieren werde) sind solche Polymere bereits nach knapp 18 Millionen Jahren verfügbar und ordnen sich wunderbar in das Zeitfenster ein, dass zwischen dem Großen Bombardement und dem nachweis erster Lebensformen gegeben war:
Mahananda schrieb am 28.01.2012:Ein Polymer von 2^7 Polymeren benötigt (2^7)^7 = 2^49 s = 17,84 Millionen Jahre zur Entstehung.
Es kommt daher möglicherweise nicht auf eine bestimmte Sequenz an, sondern lediglich auf eine bestimmte Funktionstauglichkeit. Und da eine Vielzahl von Polymeren mit Zufallssequenz vorliegt, fächert sich auch die unktionstauglichkeit in eine Vielzahl von Funktionen auf, die über Rückkopplungseffekte aus dem Gesamtkontext der Molekülpopulation konstituiert werden.
Bei einer hinreichenden Größe der Molekülpopulation und einer hinreichend großen Verteilungsdichte ergeben sich somit "von selbst" Netzwerke, die u.a. in einen Translationsmechanismus münden können, nachdem sich mehrere Polymere zu einer Art Ribosom zusammengefunden haben, welches zunächst nichts weiter tut, als Aminosäuren in spontaner Zufalls-Sequenz miteinander zu verketten.
Diese Zufallsproteine konstituieren sich ebenfalls zu einem kontextbaserten Funktionsnetzwerk, bis über kurz oder lang der erste Hyperzyklus hochwächst und das vorhandene Netzwerk zu einer funktionalen Ganzheit integriert, in dem die verschiedenen Polymerklassen (Nucleinsäuren und Polypeptide) verschiedene Funktionsbereiche zugewiesen bekommen (Informationsspeicherung und -übertragung sowie Katalyse und Gerüststoff).
Die weitere Selektion lässt dann über den genetischen Code, der stetig in Richtung Fehlertoleranz optimiert wird sowie über den damit möglichen Horizontalen Gentransfer die ersten Zellen hervorgehen, die autonom bestehen und sich vermehren können (Szenario von Carl Woese, 2002).
Nun zum Berechnungsansatz des TE:
Das Polymerwachstum beginnt mit der Entstehung von Dimeren aus zwei Monomeren. Dabei reduziert sich die Zahl der verfügbaren Reaktionspartner auf die Hälfte, nachdem alle Monomere zu Dimeren geworden sind. Dies wiederum führt zur Verlangsamung der weiteren Reaktionsschritte infolge des Absinkens der Konzentration der Ausgangsstoffe. Durch Zustrom weiterer Monomere aus dem Umfeld (z.B. über Gezeitenströmungen) kommen die Reaktionen allerdings nicht zum Stillstand, ...
Die Reaktionszeit hat sich dabei stetig vergrößert, wobei die erste Verdopplung von 2^0 zu 2^1 einen Zeitraum von 2^1^1 mal durchschnittliche Reaktionsrate benötigt hat und die zweite Verdopplung von 2^1 zu 2^2 einen Zeitraum von 2^2^2 mal durchschnittliche Reaktionsrate.
Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum sich die Reaktionszeit stetig vergrößert, wenn weitere Monomere aus dem Umfeld stetig zuströmen. Die eingangs getroffene Feststellung, dass die Konzentration der Ausgangsstoffe abnimmt, wird durch den Zustrom ja wieder ausgeglichen! Also ist doch eher zu erwarten, dass die Wachstumsgeschwindigkeit so lange konstant bleibt, bis der Zustrom geringer wird bzw. ganz ausbleibt. Also verzerren sich die zeitlichen Distanzen, die für das Polyerwachstum benötigt werden in Richtung kleinerer Werte.
Doch weiter:
Mahananda schrieb am 28.01.2012:Mit zunehmender Länge der Polymere steigt auch die Anfälligkeit zum Zerbrechen der Monomerketten, so dass der Zeitbedarf zur Synthese längerer Polymere größer wird.
Das ist zwar einerseits richtig, zieht aber andererseits den Effekt nach sich, dass nach jedem Zerbrechen eines Polymers zwei neue Reaktionspartner zur Verfügung stehen, die sich entweder als Ganzes wieder finden, um zu einem neuen Polymer alter Länge zu reagieren - oder aber dass die etwas kürzeren Polymere, die parallel mit herangewachsen sind, sich an jedes der beiden Bruchstücke anlagern können und somit die durchschnittliche Polymerlänge fast genau wieder erreichen. Also auch hier wird der angenommene Verzögerungseffekt binnen kurzer Zeit wieder ausgeglichen.
Mahananda schrieb am 28.01.2012:Eine primitive Form könnte sich aus einer Replicase (zur Reduplizierung des Mechanismus), einem Set von 10 einfachen tRNA-Analoga (zur Translation) und einer Syntheseeinheit (primitives Ribosom) zusammensetzen. Da die erforderlichen Polymere zugleich vorhanden sein müssen, multiplizieren sich die Wahrscheinlichkeiten der Entstehung jedes einzelnen Polymers zu einem Gesamtwert. Der erforderliche Aufwand für das Gesamtsystem umfasst etwa 2^11 Monomere.
Der Zeitaufwand berechnet sich wie folgt:
t = (2^11)^11 s = 2^121 s = 84,243 Quadrilliarden Jahre!
Hierzu gilt das, was ich oben bereits schrieb. Einerseits standen funktionsfähige Polymere bereits nach spätestens 18 Millionen Jahren zur Verfügung, andererseits wird darauf abgehoben, dass sich die nötigen Komponenten für ein "Durchbruchs-System" nicht spontan zusammenfinden können, so dass darauf gewartet werden muss, bis sich die nötige Sequenz in hinreichender Größe spontan von selbst bildet.
Abgesehen davon ist die verwendete Formel von höchst zweifelhaftem Wert, wie ich bereits gezeigt habe. Die tatsächlichen Zeiten für die Synthese eines 2^11-Polymers dürften erheblich niedriger sein, wenn man die von mir benannten Ausgleichseffekte sowie Selbstorganisationseffekte berücksichtigt. Von daher ist der Berechnungsansatz bereits im Grundsätzlichen ein Muster ohne Wert.
Mit der Schlussfolgerung:
Mahananda schrieb am 28.01.2012:5. Es gab und gibt keine Außerirdischen, die jemals die Erde besucht haben und jemals besuchen werden.
kann ich mich durchaus anfreunden, aber die gebotene Berechnungsgrundlage ist dafür alles andere als stichhaltig.
@Luminarah Luminarah schrieb am 29.01.2012:Solange nicht mehr Klarheit in dem Wissen um die Biogenese besteht,und derartig oben angefuhrte Kettenreaktionen schaffen beispielsweise gerichtete Reaktionen ,die katalysiert und schneller ablaufen ,zudem gerichtet zu höherer Komplexität und Polymerenbildung ,überzeugen mich derartige Ansätze nicht wirklich.
Das kann ich voll und ganz unterschreiben! Allerdings wurde dort in München wohl etwas getrickst:
Luminarah schrieb am 28.01.2012:Das entstandene Glycin und Alanin führten die Wissenschaftler dann einem weiteren System zu, das wiederum zwei neue Biomoleküle herstellte.
Interessanter wäre gewesen, herauszufinden, was passiert, wenn man die beiden Aminosäuren im Ursprungssystem belässt. So aber hat man sich der "König-Midas-Methode" bedient, die Robert Shapiro in seinem Buch "Schöpfung und Zufall" beschrieben hat. Und das die immer zu spektakulären Fortschritten führt, ist hinlänglich bekannt ...
Luminarah schrieb am 29.01.2012:Die Rate Earth Hypothese bleibt eine ideologische Frage ,für die es Argumente und Gegenargumente gibt.
Das sehe ich wiederum nicht so. Mit Ideologie hat das nichts zu tun, auch wenn es ideologisch Verblendete gibt, die diese Hypothese als Aufhänger benutzen, um ihre Glaubensüberzeugungen zurechtfertigen - sei es als Befürworter oder als Gegner dieser Hypothese.