Ich habe gerade nicht viel Zeit, deshalb nur kurz:
@Luminarah Luminarah schrieb:Ein sehr interessantes Phänomen Titans ist das Verschwinden von Wasserstoff in Oberflächennähe , ähnlich dem Verschwinden von Sauerstoff in Bodenhöhe auf der Erde.
Sauerstoff verschwindet auf der Erde nicht, sondern er wird dort erzeugt, was ungewöhnlich wäre, wenn es hier kein Leben geben würde. Zum Verschwinden von Wasserstoff - zunächst muss geklärt werden, ob es sich hier um ein Simulations-Artefakt handelt oder nicht. Wenn nicht, findet eine chemische Reaktion am Boden statt, die Wasserstoff umsetzt. Ob Ethin daran beteiligt ist oder nicht, bedarf ebenfalls der Bestätigung. In McKays Prioritätenliste wäre der nächste Punkt, herauszufinden, ob es sich hier um reaktive Oberflächen handelt, die den Umsatz von Wasserstoff mit anderen Stoffen katalysieren. Eventuell sind die herabrieselnden Tholine, die u.a. Dünenformationen bilden, in ihrer Oberflächenbeschaffenheit so zerklüftet, dass sie - analog zu Aktivkohle - solche Reaktionen ermöglichen.
Auch die Präsenz von PAH (Benzene) ist interessant ,gegebenenfalls können solche Moleküle bei alternativen Szenarien eine Rolle spielen.
Interessant ist es auf Titan allemal, aber warum müssen es gleich Organismen sein, die Titan interessant machen? Was uns hier vorgeführt wird, ist das Potenzial einer Drei-Elemente-Chemie unter Ausschluss von Wasser. Das was dort entsteht, ist eine Mischung aus Kohlenwasserstoffchemie, Aromatenchemie und Nitrilchemie, die zu einer Vielzahl komplexer Moleküle führt, die sich - in Ermangelung reaktiver Substanzen, gekoppelt mit langsamen Reaktionsgeschwindigkeiten und nach Ablauf sehr langer Zeiträume - zu Verbindungen strukturieren, die weitgehend unbekannt sein dürften. Schon allein deswegen ist Titan als gigantisches Labor interessant. Die Bedingungen, die solche komplexen Moleküle entstehen lassen, verhindern jedoch zugleich jegliche Stoffwechselaktivitäten, die ein System lebendig werden lassen. Mit Organismen ist daher nicht zu rechnen, auch wenn die Chemie dort sehr komplex ist.
@wolf359 wolf359 schrieb:Du sagtest Silizium bildet keine Makromoleküle und das stimmt so nicht.
O.K., ich hätte hinzufügen sollen, dass Makromoleküle auf der Basis von Silizium außerhalb von Laborbedingungen nicht entstehen. Denn das tun sie wirklich nicht.
wolf359 schrieb:das bei Temperaturen über 1000 Celsius (auch defenitiv nicht auf den Titan bezogen...) und bei sehr niedrigen Temperaturen Silizium vielleicht doch eine Alternative zu Kohlenstoff sein könnte...
Hierfür gibt es jedoch nicht einmal ansatzweise irgendwelche Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten.
wolf359 schrieb:Es könnte eine Selektion stattfinden, die einige Arten überleben lässt, wenn auch vielleicht nur in einer Art Winterschlaf mit extrem reduziertem Stoffwechsel.
Selektion vermag jedoch keine Wunderdinge zu vollbringen. Auch die exotischsten Extremophilen, die man bis jetzt entdeckt hat, basieren auf Kohlenstoffchemie in Wasser. Ohne Wasser geht gar nichts, und Methan ist keine gangbare Alternative, weil es völlig entgegengesetzte Lösemitteleigenschaften hat. Falls da also etwas hochsickern sollte (falls da überhaupt etwas sein sollte, was ebenfalls äußerst unwahrscheinlich ist ...), dann friert es ein und geht zugrunde.
wolf359 schrieb:der sich ja ausdrücklich auf die Bedingungen auf dem Titan bezieht...
Wenn Du Dir das Zitat noch einmal genau durchliest, wirst Du feststellen, dass Benner hier die Lösemitteleigenschaften von Wasser mit Kohlenwasserstoffen vergleicht. Wasser ist in der Tat reaktiver als z.B. Pentan, weil es z.B. zur Hydrolyse von komplexen Molekülen führt, was mit Pentan nicht geschieht. Insofern ist der Vergleich durchaus legitim, weil ähnliche Eigenschaften auch auf Methan zutreffen dürften. Aber in der organischen Chemie wird kein flüssiges Methan verwendet, sondern andere Kohlenwasserstoffe, die bei Zimmertemperatur flüssig sind. Und damit ist der Vergleich in Bezug auf die Temperaturen eben doch daneben, weil die Reaktionsgeschwindigkeiten entsprechend niedrig sind. Und was den Vorschlag von Benner betrifft, Titan mit einer längerlebigen Sonde zu erforschen - ich habe nichts dagegen einzuwenden!
wolf359 schrieb:Die kryovulkanische Magma drückt die Kruste ein kleines Stück weit in den Ozean, ...
Also das bisschen, was den Weg durch die 100 km dicke Kruste nach oben findet, drückt da nichts von der Oberfläche nach unten. Plattentektonik findet auf Titan nicht statt. Dafür reichen die Energien nicht aus.
wolf359 schrieb:An der Oberfläche selbst könnte es vielleicht auch sehr simple Lebensformen geben, wie organische Kristalle, die wachsen, sich verändern und sich vermehren können oder einfache methanbasierte Lebenskreisläufe oder eine Kombination aus beidem...
Kristalle leben nicht, denn sie stellen den energieärmsten Zustand dar, den die Atome einnehmen können. Lebewesen zeichnen sich aber dadurch aus, dass sie vom Gleichgewichtszustand entfernt funktionieren, indem sie Energie anzapfen, um damit die lokale Entropie zu vermindern. Auf Methan-Basis geht da allerdings nichts, auch wenn Du es mir nicht glauben magst.
@smokingun smokingun schrieb:die möglichkeit besteht das silizium den Kohlenstoff ersetzt
Die planetologischen Rahmenbedingungen sprechen dagegen, dass das möglich ist.
smokingun schrieb:Titan ist aber ausserhalb der habitalen Umlauf- Zone wo auf wasser basierenden kohlenstoff als leben wahrschl. macht
Das geschmolzene Eis bezog sich auf die Entstehungsphase von Titan. Dass danach alles wieder eingefroren ist, ist mir bekannt. Siliziumverbindungen, die das Potenzial hätten, komplexere Moleküle zu bilden, wurden in der Entstehungsphase zerstört, weil sie sich zu Kieselsäure umgesetzt haben. Damit war Silizium aus der chemischen Evolution raus.
smokingun schrieb:du vergisst das silizium an und für sich schon ein wichtiger faktor für bindungen sind
Nein, da vergesse ich nichts, weil es schlicht nicht stimmt, dass Silizium (außer für die Außenskelette von Kieselalgen) irgend eine Relevanz für Bindungen besitzt. Silizium bildet unter natürlichen Voraussetzungen (also außerhalb von Laboren) Silikate, die als Gestein für die Planetenbildung von Bedeutung sind, aber nicht für die Lebensentstehung.