@AlteTante Deine Angst in Ehren, aber das darf doch nicht dazu führen, dass man so wie Scholz eine Form der Selbstabschreckung betreibt.
So wie ich das verstanden hatte, waren Hauptadressat von Macrons Äußerungen erstens Scholz und zweitens Putin, es sollte ihn verunsichern: es ist nun mal Schwäche, die Putin zur Eskalation treibt. Wie ist denn die Ukraine Kriegspartei geworden? Richtig, Russland hat sie angegriffen. Weil sie schwach war. Macron ging es da um strategische Ambiguität, niemand gewinnt einen Krieg, der dem Gegner laufend sagt, was er garantiert nicht macht.
Ich denke z. B. dass das heute kein Zufall war, die Meldung:
Russische Medien: Separatisten in Transnistrien bitten Moskau um "Schutz"
Quelle:
https://www.n-tv.de/politik/Russische-Medien-Separatisten-in-Transnistrien-bitten-Moskau-um-Schutz-article24770300.htmlDas gleiche Drehbuch wie Krim 2014. Und darauf nun was? Moldau sollte sich schon mal mit den neuen Realitäten abfinden?
Krieg ist ein dynamischer Prozess, Wolfgang Ischinger hat dazu, zu Macrons Äußerungen Stimmiges gesagt:
„Es ist natürlich in einer solchen Konfliktsituation, in der wir uns mit Russland befinden, im Prinzip richtig, nichts auszuschließen. Sobald man irgendwas ausschließt, macht man es natürlich im Prinzip für den Gegner leichter, sich auf das, was da vielleicht kommen könnte, einzurichten“, sagte der ehemalige Spitzendiplomat dem Sender Welt-TV. Er finde es „ein bisschen kühn, aber nicht falsch“, dass der französische Präsident Emmanuel Macron sage: „Wenn das so weitergeht, ist es besser, wir schließen gar nichts aus.“ Ischinger betonte aber auch, es gebe auf der anderen Seite den richtigen Grundsatz, dass die Nato nicht militärisch in den Krieg zwischen Russland und der Ukraine hineingezogen werden wolle.
Auch Ischinger bezeichnete es aber als „zutiefst bedauerlich, dass ausgerechnet in dieser schwersten strategischen, militärischen, politischen Krise, in der sich Europa sicherheitspolitisch seit vielen Jahren befindet, der deutsch-französische Segen schief hängt.“ Es sei die Pflicht aller Beteiligten, alles zu tun, um ein „gemeinsames Vorgehen in dieser schweren Krise zu erreichen.“
Ischinger sagte weiter: „Wenn sich Deutschland und Frankreich vor den Augen der Russen hier mit Kabbeleien und Uneinigkeit präsentieren, wo werden da wohl die Champagnerkorken knallen? Nicht in Washington und auch nicht in Italien, aber in Moskau.“
Quelle:
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/taurus-und-westliche-truppen-kritik-an-scholz-und-macron-li.2191624Und, wie fast schon immer, am besten Claudia Major im Interview, daraus:
Man hört schon durch, dass sie diesen Vorstoß von Macron gar nicht für unklug halten, denn er könnte ja beispielsweise auch für Unsicherheit in Moskau sorgen, zu was Europa möglicherweise doch bereit ist. Experten sagen dazu strategische Ambiguität. Also war das aus Ihrer Sicht klug, das zu tun?
Major: Klug finde ich jetzt hier ein großes Wort. Ich finde, was mich am meisten irritiert hat, gestern und auch schon die Tage davor auf der Münchner Sicherheitskonferenz, dass wir eine unheimliche Dringlichkeit in Europa haben in dem Krieg in der Ukraine und das Europa darauf aber nicht geeint und entschlossen reagiert, sondern sich letztlich in Zankereien ergeht. In der Ukraine ist die Lage dramatisch, was die Munitionsknappheit angeht. Russland stellt sich auf einen langen Krieg ein. Und in Europa steht man aber nicht zusammen und sagt, wir machen das jetzt gemeinsam, die USA sind blockiert, aber wir in Europa schaffen das. Sondern beispielsweise die Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine unterschreiben Frankreich und Deutschland getrennt. Jetzt gibt es das Zuspielen, Deutschland oder der Kanzler lehnt die Lieferung von Taurus ab und am nächsten Tag widerspricht Großbritannien und Frankreich schießt mit diesen Kommentaren auch schräg. Also was mich wirklich betroffen macht ist, dass es jetzt die Stunde Europas wäre, dass jetzt Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Polen geschlossen dastehen darstellen müssen und sagt, Streitereien beiseite, es geht hier um die Sicherheit Europas. Und das findet nicht statt, und das finde ich daran am schlimmsten.
Quelle:
https://www.radioeins.de/programm/sendungen/der_schoene_morgen/_/ukraine-krieg--diskussion-um-bodentruppen.htmlUnd dann am Schluss:
Wenn Russland diesen Krieg gewinnt, in der Ukraine steht, das als militärische Machtprojektionsbasis nimmt, die Lehre zieht, dass sich Krieg führen lohnt und es damit seine Ziele erreichen kann, dann stehen wir in Europa sicherheitspolitisch schlechter da, und dann sind auch die wirtschaftlichen Grundlagen für Deutschland, dass man Regeln respektiert, dass international auch Handelswege offen bleiben, dass es eine internationale Ordnung gibt, dann ist all das in Frage gestellt, und dann stehen wir schlechter da. Und ich glaube, das ist die Frage, die wir uns stellen müssen. Aus Furcht vor Handeln nicht zu Handeln kann manchmal noch viel schlimmere Folgen haben.
Quelle:
https://www.radioeins.de/programm/sendungen/der_schoene_morgen/_/ukraine-krieg--diskussion-um-bodentruppen.htmlDas sind Worte, die ich von einem Kanzler erwarten würde, auch an die Adresse der Bürger, die sich so für BSW und AfD erwärmen.
Stattdessen haben Scholzens Äußerungen der letzten 2 Tage auf europäischer Bühne nicht zu mehr Engagement, sondern nur zu Verärgerung geführt. Das ist das Hauptärgernis.
Manche gingen sogar so weit, zu vermuten, das war Show für die heimische Bühne, so eine Art Wahlkampf für die "Friedens-Stimme", um die sich eh schon drei kleine (mehr oder weniger extremistische) Parteien streiten.