Doors schrieb:sondern wir haben auch noch das einstmals anspruchsvolle TV-Programm (Blauer Bock, Flipper, Schwarzwaldklinik etc.) auf dem Gewissen.
Schön zu sehen, dass du jetzt auch an Bord bist.
Na, die Sendungen könnten doch dann im neu formierten SeKa (Seniorenkanal) rund um die Uhr laufen. Statt der neun (und nach einer Reform: nur noch 3 oder 4) Regional-Anstalten.
Gerne auch alle 2 Stunden unterbrochen vom Zipperlein, ups, nein: Gesundheitsmagazin für die ü70-Fraktion.
Nun gehört es zu den Zivilisationskrankheiten vieler dritter Programme, dass sie seit Jahren in Sachen Regionalbezug in Therapie sind. Abgesehen von den Regionalnachrichten reicht einE medizinische Expert*in, einE moderierendeR Doc aus dem Sendegebiet als Beweis der Verbundenheit mit der dortigen Lebens- und Sterbenswirklichkeit nicht aus. Bevor die ARD weiter den hippokratischen Eid der Regionalität um ihren Äskulapstab windet, bräuchte es ein Rezept, was Regionalität im 21. Jahrhundert eigentlich heißt.
Quelle:
https://taz.de/ARD-reduziert-Angebote/!5955846/Und zum Letzteren, na das ist doch einfach, Regionalität im 21. Jahrhundert könnte z. B. bedeuten, die Augen zu öffnen dafür, wie die Menschen so jenseits der Grenze ticken.
Vielleicht würden all die Putin-Wähler im deutschen Osten dann auch mal raffen, dass sie da (also unter den ehemaligen Sowjet-Republiken) ziemlich alleine dastehen.
Weil es mir gerade einfällt, aus und über ein wichtiges Buch von Thomas Urban: Verstellter Blick.
Der selbstgerechte Blick Deutschlands auf sich selbst.
Als Russland die Ukraine angriff, war das politische Berlin überrascht und „enttäuscht“, während man sich in vielen osteuropäischen Hauptstädten in der eigenen Skepsis bestätigt sah: Die Bundesrepublik agierte in einer Mischung aus naiver Gesundbeterei und arroganter Missachtung all jener Warnzeichen, die es seit langem gegeben hatte.
Währenddessen wurde hierzulande ein „Offener Brief“ veröffentlicht, der hauptsächlich gegen den Westen polemisierte und von „Russlands Sicherheitsbedürfnis“ raunte – unterschrieben hatten unter anderem Antje Vollmer, Gerhard Schröder, Erhard Eppler, Otto Schily und Roman Herzog, Zustimmung kam sowohl von der Linkspartei wie von der AfD.
So geschehen 2014, als Wladimir Putin im Osten der Ukraine und auf der Krim europäische Grenzen gewaltsam verschoben hatte ...
Die Welt nicht nur aus heimischer Perspektive betrachten, vielleicht fiele das ja mit weniger Regionalsendern sogar einfacher
:ask:Thomas Urban faktenreiches Buch hinterfragt damit auch die ahistorische Selbstgerechtigkeit einer „Geschichtsaufarbeitung“ und „Erinnerungspolitik“, in der sich die Bundesrepublik quasi als eine Art „Weltmeister“ fühlt. Stichwort „Weizsäcker-Rede“, in welcher der damalige Bundespräsident 1985 den 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung“ bezeichnet hatte.
Während man sich dafür hierzulande noch immer auf die Schulter klopft, lässt Urban jene osteuropäischen Stimmen zu Wort kommen, die hier Geschichtsverfälschung am Werk sehen:
Die Verwendung des Begriffs ‚Befreiung‘ stelle die Deutschen mit den von ihnen terrorisierten Völkern gleich; es werde dadurch behauptet, die Nationalsozialisten seien eine Art Besatzungsmacht gewesen, die auch die Deutschen unterjocht habe.
Aus Thomas Urban: „Verstellter Blick. Die deutsche Ostpolitik“
Ganz zu schweigen von den stalinistischen Verbrechen nach 1945. Dafür saß dann im Mai 2005 der damalige Kanzler Schröder als Ehrengast neben Präsident Putin, um auf dem Roten Platz den 60. Jahrestag des Kriegsendes zu feiern. Den Vorschlag, zuvor mit einer Zwischenlandung in Warschau an die Genese des Schreckens zu erinnern, hatte Gerhard Schröder abgelehnt.
Quelle:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/thomas-urban-deutsche-ostpolitik-rezension-100.html