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Gendern im Gespräch

1.462 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Frauen, Männer, Gendern ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Gendern im Gespräch

18.02.2022 um 19:21
Zitat von DoorsDoors schrieb:Ich kenne Betriebe, die per Verordnung unter ihren MitarbeiterInnen das "Du" festgeschrieben haben. Auch das lässt sich überleben.
Ja, besonders schön, wenn das der CEO vorschreibt: als Ausdruck permanenter Übergriffigkeit und - marxistisch gedacht - bewusste Verschleierung ökonomischer Abhängigkeit.


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Gendern im Gespräch

18.02.2022 um 19:23
@Fellatix

Hätte ich früher im Hafen meine Kollegen mit "Sie" angesprochen, dann hätten sie mich vermutlich als Spinner zum Abkühlen ins Hafenbecken geworfen. Damals war das "Sie" den Bürohengsten (und -stuten) vorbehalten. Wer nicht mit den Händen arbeitete, sondern mit dem Kopf, der/die galt als etwas besseres. Das ist aber nun schon rund ein halbes Jahrhundert her.

Als ich dann ins Büro aufstieg, weil meine Halswirbelsäule nach einem Auslandsaufenthalt schwer gelitten hatte, setzte sich langsam auch am Schreibtisch das "Du" durch. Lediglich mit Vorgesetzten war man bei "Sie".

In den Redaktionen, für die ich zwischendurch bzw. später tätig war, war zwischen den KollegInnen das "Du" üblich, zumal in sich als "links" verstehenden Häusern wie Arbeiterkampf, Konkret, Titanic, aber auch, mit Abstrichen beim Spiegel oder der Süddeutschen Zeitung. Dort gab es noch ein gewisses hierarchisches Gefälle, das sich auch in der Anrede manifestierte.

Auch in den kleineren Verlagen, in denen ich später arbeitete, war, zumindest bis zur letzten Übernahme durch ein grosses Haus, das "Du" Standard. Nach der Übernahme wurde sorgsam zwischen den "Alten" mit "Du" und denen da oben, bzw. weit weg mit "Sie" unterschieden. Wir sind wir und die sind die. Je weiter ich allerdings in dem Unternehmen selbst die Karriereleiter hochkletterte, desto verbreiteter wurden das "Du" unter Gleichrangigen. Von Vorgesetzten wurde einem das höchstens angeboten, wenn sie besoffen waren oder eine sexuelle Komponente mitspielte - aber wehe, man kam im betrieblichen Alltag darauf zurück: "Im Bett und am Tresen waren wir doch noch per Du - aber nun nicht mehr?"

Nach Ende meiner Tätigkeit für den internationalen Wissenschaftsverlag arbeitete ich wieder als Journalist, bzw. organisierte den Papierkram in kleineren Betrieben, oft bei Handwerkern. Da galt dann hier oben im hohen Norden ein generelles "Du", selbst den Inhabern gegenüber.

In der Klapsmühle, wie ich sie gern nannte, war unter KollegInnen das "Du" üblich, mit Ausnahme der hohen Tiere. PatientInnen bzw. KlientInnen, oder was es sonst noch für euphemistische Bezeichnungen für die "Irren" gab, gegenüber galt eine strenge "Sie"-Verordnung, auf die aber viele von ihnen keinen Wert legten. Wenn mich jemand anspricht: "Tach, ich bin Irene, und wie heisst Du?", dann antworte ich nicht: "Für Sie immer noch Herr J.!"

Ich musste allerdings machmal, wenn Vorgesetzte vorbei kamen, mitten im Satz vom Du zum Sie und danach wieder zurück wechseln, was die Angesprochenen manchmal irritierte: "Na, Paul, sossu 'n Tass' Kaff' haben?" "Jo, man to, Anders." (Vorgesetzte schwebt ein) "Gut, Herr X., ich bringen Ihnen den Kaffee dann an Ihren Platz." "Jo, mok man." (Vorgesetzte schwebt aus) "Ey, Paul, wissu auch noch'n paar Kekse dorto?"

Jetzt bin ich Rentner und muss auch den Kram nicht mehr achten.


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Gendern im Gespräch

18.02.2022 um 19:56
Zitat von DoorsDoors schrieb:Wer bestimmt denn Deiner Meinung nach darüber, wie Du wen anzusprechen hast - und welche Strafen drohen Dir, falls Du Dich an diese angebliche Vorschrift nicht hältst?
Welche Strafe? Ich muss mir dann dummes Zeug anhören von Nicht-Betroffenen, die den ganzen Tag nix anderes zu tun haben, als sich stellvertretend für Betroffene zu allen Themen zu äußern. Wer gerne Blogs liest: Der Betreiber des bestatterweblogs fasst solche Menschen unter dem Namen "Frau Birnbaum-Nüsselschweif" zusammen.
Und da wir beim Thema sind, und ja jeder das Recht auf Wahrnahme und Selbstbestimmung hat: das bestimmt derjenige dann selbst, wie man ihn/sie/es anzusprechen hat.
Wer mal über den Ozean schaut wird feststellen, dass derlei Gehabe in den USA mittlerweile schon an der Tagesordnung ist. Nicht im Tagesgeschäft der Bevölkerung, aber in Freundeskreisen und themenrelevanten Diskussionen/Veranstaltungen stellt man sich etwa mit "I am XYZ, I prefer He/Him//She/Her//They/Them...". Und da wir in Europa immer so gerne von den coolen Amis kopieren, tritt das in DE mittlerweile auch hier und da auf.
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Ihr habt schon Menschen gehabt, die euch gesagt haben, wie sie angeredet werden wollen?
Ja.
Zitat von DoorsDoors schrieb:Kommt also offenbar öfter bei alten weissen Männern vor.
Kannst du ins Lächerliche zu ziehen versuchen, so lange du möchtest. Bis du mal Frau Oberstudienrat Müller triffst, die selber nie studiert hat, aber gefälligst ordnungsgemäß mit dem Titel ihres Mannes angesprochen werden möchte.
Müsstest du aber ohnehin selber wissen, du entstammst ja dieser Generation, in der sowas noch mehr als nur üblich war, und man in tiefste Fettnäpfchen treten konnte, wenn man gedankenlos "Frau" statt "Fräulein" gesagt hat. Und solche Pfeifen gibt es heute auch noch, unter den Jüngeren. Zumindest was das Ausleihen des Titels des Ehegatten angeht. Man ist ja schließlich wer.

Es ist durchaus legitim, wenn jemand auf bestimmte Art und Weise angeredet werden möchte. Aber es ist nunmal auch legitim, das wahlweise unnötig, überflüssig, lächerlich oder sonstwie zu finden.
Die ganz wenigen, die sich persönlich nicht angesprochen fühlen, weil nicht auf sie gegendert wurde, haben eh andere Probleme.


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Gendern im Gespräch

18.02.2022 um 20:01
Zitat von chrisebachriseba schrieb:Bis du mal Frau Oberstudienrat Müller triffst, die selber nie studiert hat, aber gefälligst ordnungsgemäß mit dem Titel ihres Mannes angesprochen werden möchte.
Derartiges kenne ich allerdings nur aus Österreich.


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18.02.2022 um 20:05
Weniger gendern, mehr Hanf verdammt nochmal!


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18.02.2022 um 22:33
Zitat von DoorsDoors schrieb:Was mir bei unserer Vizepräsidentin des Landtages in SH mal gut gefallen hat: Aminata Touré antwortete auf die Frage nach ihrer "Herkunft" mit dem Geburtsort: Neumünster.
Hajo kann sie doch. Wo ist das Problem?


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18.02.2022 um 22:34
Zitat von chrisebachriseba schrieb:. Und solche Pfeifen gibt es heute auch noch, unter den Jüngeren. Zumindest was das Ausleihen des Titels des Ehegatten angeht. Man ist ja schließlich wer.
Jepp.
Eine jüngere Dame, die darauf besteht, mit "Frau Doktor" angesprochen zu werden, dabei hat sie selbst keine Ärztin "nur" ihr Mann.
Von daher würde und werde ich sie nicht mit Frau Doktor ansprechen, weil sie definitiv keine Ärztin ist .


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18.02.2022 um 22:36
Zitat von 6.PzGren3916.PzGren391 schrieb:So handhabe ich das in der Regel auch.
Moment, nur damit ich das verstehe: Du fragst Menschen, wie sie angesprochen werden wollen, findest es aber lächerlich, wenn sie es dir sagen, ohne dass du gefragt hast?

Oder habe ich da irgendwas falsch verstanden?
Zitat von chrisebachriseba schrieb:Bis du mal Frau Oberstudienrat Müller triffst, die selber nie studiert hat, aber gefälligst ordnungsgemäß mit dem Titel ihres Mannes angesprochen werden möchte.
2022? Oder geht es hier um eine Zeitreise nach 1950? :D


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18.02.2022 um 22:38
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Oder habe ich da irgendwas falsch verstanden?
Scheinbar. Ich findet es lächerlich wenn andere sagen wie ich jemanden anzusprechen habe.
Steht doch da.


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19.02.2022 um 11:50
Zitat von 6.PzGren3916.PzGren391 schrieb: Ich findet es lächerlich wenn andere sagen wie ich jemanden anzusprechen habe.
Auch das ist mir noch nie passiert.

Langsam glaube ich, dass ich gar nicht wirklich in einer mittelgroßen Stadt wohne, sondern irgendwo tief im Wald ohne Kontakt zu Menschen...


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19.02.2022 um 12:48
@Groucho

Ich leb da so aehnlich"im Busch"
Trotz meiner vielen Kundenkontakte ist mir das noch nicht begegnet. Nur halt Satirisch, wenn etwa ein Kumpel fragt ob ich gleich mal vorbeikommen kann,- oder erst noch meine "Pferdinnen" versorgen muss ;)


:mlp:


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19.02.2022 um 13:23
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Auch das ist mir noch nie passiert.
Mir auch noch nicht. Allerdings lebe ich tatsächlich im nordfriesischen Outback.


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19.02.2022 um 14:40
Zitat von boraboraborabora schrieb:Von daher würde und werde ich sie nicht mit Frau Doktor ansprechen, weil sie definitiv keine Ärztin ist .
Doktor ist aber nicht zwangsläufig mit einem Arzt gleichzusetzen, sondern steht "nur" für einen akademischen Grad. ;)


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19.02.2022 um 14:48
Zitat von PallasPallas schrieb:steht "nur" für einen akademischen Grad
...mit dem sie gar nichts zu tun hat.
Also wüsste ich nicht, warum ich sie diesbezüglich ansprechen sollte.


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19.02.2022 um 14:48
..
Zitat von VymaanikaVymaanika schrieb:Weniger gendern, mehr Hanf verdammt nochmal!
WORD! Ich finde diese (in meinen Augen) ideologische Verunglimpfung der deutschen Sprache überaus unnötig; um es höflich auszudrücken. Ich frage mich indes immer, wie es um das Selbstwertempfinden von Menschen bestellt sein muss, die dieses an reine Begrifflichkeiten gekoppelt sehen. Anders: Ich, "alte, weiße Frau", bin selbstbewusst genug, um auf Derartiges getrost verzichten zu können. :-) Und, dass man Studenten, die dem nicht nachkommen, mitunter benachteiligt**, das empfinde ich als empörend.

**Exemplarisch: https://www.welt.de/vermischtes/article229535073/Kassel-Student-benutzt-keine-genderneutrale-Sprache-Punktabzug.html

LG Mina


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19.02.2022 um 15:05
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:Ich finde diese (in meinen Augen) ideologische Verunglimpfung der deutschen Sprache überaus unnötig; um es höflich auszudrücken. Ich frage mich indes immer, wie es um das Selbstwertempfinden von Menschen bestellt sein muss, die dieses an reine Begrifflichkeiten gekoppelt sehen.
Und ich frage mich, wie es um das Sprachempfinden bestellt sein muss, wenn man wegen ein paar Personalpronomen gleich "die deutsche Sprache" "verunglimpft" sieht....
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:Ich, "alte, weiße Frau", bin selbstbewusst genug, um auf Derartiges getrost verzichten zu können. :-)
Zu sagen, wie toll man doch selbst ist und indirekt damit auch zu sagen, wie doof und memmenhaft die anderen sind ist leider kein Argument in der Sache, sondern nur Selbstdarstellung.


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19.02.2022 um 15:09
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:Ich frage mich indes immer, wie es um das Selbstwertempfinden von Menschen bestellt sein muss, die dieses an reine Begrifflichkeiten gekoppelt sehen.
vielleicht solltest Du das nicht Dich fragen, sondern die, denen dies wichtig ist, dann kannst Du vielleicht auch Deine Vorurteile abbauen, so als Tipp von einer anderen alten weißen Frau an Dich.


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19.02.2022 um 15:15
..
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Und ich frage mich, wie es um das Sprachempfinden bestellt sein muss, wenn man wegen ein paar Personalpronomen gleich "die deutsche Sprache" "verunglimpft" sieht....
Indem man ein Fan von Lyrik und Literatur ist.
Zitat von GrouchoGroucho schrieb:Zu sagen, wie toll man doch selbst ist und indirekt damit auch zu sagen, wie doof und memmenhaft die anderen sind ist leider kein Argument in der Sache, sondern nur Selbstdarstellung.
Gut. Natürlich stellt man selbst sich auf eine Position und diese ist eben, dass ich so etwas albern finde und nicht brauche.
Zitat von TussineldaTussinelda schrieb:vielleicht solltest Du das nicht Dich fragen, sondern die, denen dies wichtig ist, dann kannst Du vielleicht auch Deine Vorurteile abbauen, so als Tipp von einer anderen alten weißen Frau an Dich.
Mir ist das gleichgültig, wem das wichtig ist. Für mich sind das Personen, die offensichtlich ein Selbstwertproblem haben. Da pflege ich gerne mein Vorurteil. Aber: Soll gendern wer will, nur bitte nicht zum Nachteil Anderer (siehe mein Link).

..


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19.02.2022 um 15:20
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:Mir ist das gleichgültig, wem das wichtig ist. Für mich sind das Personen, die offensichtlich ein Selbstwertproblem haben. Da pflege ich gerne mein Vorurteil.
na da gendere ich doch lieber, anstatt dumme Vorurteile zu pflegen.
Zitat von MarinaG.MarinaG. schrieb:nur bitte nicht zum Nachteil Anderer (siehe mein Link).
tja, die Anforderungen waren klar, hätte der Student sich einfach dran halten können.
Wer nicht gendert, bekommt schlechtere Noten? Ein Student der Uni Kassel wehrte sich im Sommer gegen einen Punktabzug. Ein Gutachten gibt jetzt jedoch seiner Dozentin Recht.
Quelle: https://www.hessenschau.de/panorama/uni-gutachten-punktabzug-fuer-gender-muffel-zulaessig,uni-kassel-gendern-pruefungen-100.html


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Gendern im Gespräch

19.02.2022 um 15:31
..
Zitat von TussineldaTussinelda schrieb:tja, die Anforderungen waren klar, hätte der Student sich einfach dran halten können.
Überhaupt solche "Anforderungen" zu stellen, zeigt den ideologischen Irrsinn, der leider immer mehr grassiert.

Aus Deinem Link zitiert:
Der Staats- und Verwaltungsrechtler Michael Sachs kommt darin zu dem Schluss, dass geschlechtergerechte Sprache in bestimmten Prüfungen verlangt werden darf, wie die Universität am Mittwoch mitteilte.
Das ist unsäglich. So etwas von Rechts wegen vorschreiben zu wollen und damit auch noch durch zu kommen, das bestätigt lediglich das, was ich geschrieben habe; wir landen in einem ideologisch verseuchten System. Den Leuten ihre Sprache vorschreiben zu wollen, das hat in den Vorstufen zu totalitären Systemen eine lange Tradition.

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