tessie schrieb:Ist ein schwieriges Thema...in Einzelfällen...aber wie man das dann genau abwägt ist halt die Frage.
Deswegen ist es sinnvoll es einfach ganz zu lassen.
tessie schrieb:Was ich sicher weiß ist, dass ich durchaus jemanden foltern könnte wenn es um das Leben von Menschen geht die ich liebe
Da stimme ich Dir soweit zu, als das ich das zumindest nicht unnormal oder besorgniserregend finde.
Aber meiner Meinung nach sind es völlig verschiedene Dinge was man "tun würde", wäre man akut selbst betroffen und was man als "Legal durch staatliche Organe und Verfahren." möchte.
Nur weil auch ich mir Situationen vorstellen kann in denen ich jemandem eine scheuern oder ihn gar irgendwo verscharren möcht, wo niemand je die Leiche findet, heißt das nun lange nicht, dass es mir Recht wäre in einem Staat zu leben in dem es nicht nur erlaubt ist Leute zu verkloppen, zu foltern oder zu töten, sondern derartige Handlungen gar explizit als "legales Rechtsmittel" etabliert werden.
Kürbisgesicht schrieb:Pallas schrieb:
Dann würde er ja vor Gericht kommen und sein Urteil dort erhalten. Oder geht es dir jetzt nur darum Rachegelüste zu befriedigen? Das liest sich nämlich so.
Leider kann ich mich dieses Eindrucks auch nicht verwehren, denn mit rechtsempfinden hat das nichts zu tun, nicht im Ansatz.
Meist ist es eher Angst als "Rachegelüst".
Der Gedanke, dass jemand den man liebt in die Fänge von jemandem geraten könnte, der selbst nach seiner Verhaftung scheinbar noch über Leben und Tod seines Opfers bestimmen möchte ist zwar extrem hypothetisch, aber ich kann nachvollziehen, dass er auch extrem beängstigend ist.
Das ist nichts Anderes als die Angst vor Krebs und Co.
Man fürchtet etwas, dessen Ausgang man nicht ertragen könnte und zu akzeptieren, dass man in einer solchen Lage obendrein noch völlig machtlos ist, das fällt nicht jedem leicht.
Das der Wunsch etwas Unkontrollierbares doch Kontrollierbar zu machen um sich gegen diese Angst zu wehren ist für mich nachvollziehbar.
Aber genau aus diesem Grund entscheiden hier fest verankerte Gesetze über das "wie und durch wen" und keine verängstigten oder traumatisierten Grüppchen oder Einzelpersonen.
Angst hat in der Vergangenheit schon so manches Monster erschaffen, tut es immer noch und wird es auch immer tun.
Sich den Vorschlägen die einem die eigene Angst unterbreitet hinzugeben muss fast zwangsläufig zu extrem irrationalen und bisweilen inhumanen Gedanken oder gar Handlungen führen und dann vergisst man vielleicht auch nur zu gern, dass man dabei gar nichts zu gewinnen hat, aber Teile von sich verlieren wird, die man niemals zurückbekommt.
Kürbisgesicht schrieb:Jemanden zu foltern schafft nicht jeder Mensch, dafür muss man eine Ader haben und ich denke das Sadismus ausschlaggebend ist
Das ist auch ein nicht zu unterschätzendes Problem.
Es ist etwas anderes ob ein aufgelöster Mensch, der glaubt einen geliebten Menschen retten zu können sich an jemandem vergreift und anschließend die rechtlichen Konsequenzen trägt oder wir einen Berufsstand erschaffen in dem Menschen ihr Geld u.A. mit Folter verdienen.
Das es in einem Rechtsstaat keinen Platz für Folter gibt hat nicht nur mit der Ineffizienz von Folter zu tun, nicht nur damit, dass man das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Unschuldsvermutung nicht "aussetzen" oder abschaffen kann.
Wir haben auch keinen Platz dafür, was das aus den in diesem Feld tätigen Menschen macht.
Warum wird Todesstrafe in den USA so "maschinell" wie nur irgend möglich gesteuert, warum verteilt man in einem Erschießungskommando die eine oder andere Platzpatrone, damit jeder sich einreden kann er hätte nicht getötet?
Wir sind eine soziale Spezies und nicht etwa im Affekt oder zur Notwehr Artgenossen zu misshandeln oder zu töten, das kommt nicht kostenlos daher.
Entsprechende "Verhörspezialisten" kommen mit einem Preisschild, dass kaum jemand sehen oder gar zahlen möchte.
Um ein Lebewesen aktiv zu foltern und erst Recht einen Menschen, dazu muss man "Dinge" von sich selbst abspalten, Ausschalten.
Dinge, die nicht nur in einem lebenslangen Sozialisierungsprozess erworben wurden, sondern die auch in unserer Spezies genetisch verankert sind.
Glaubt hier wirklich irgendwer, dass sowas möglich ist ohne das das Folgen hat?
Das jemand "beruflich Menschen foltern kann" ohne dabei zu zerbrechen oder zu etwas zu "mutieren", dass niemand von uns gern in seiner Nachbarschaft herumlaufen hat?
Jairo schrieb:Egal ob das Eigene oder ein Anderes. Aber das regelt eh das Gesetz mit Notwehr im Notfall.
Das Notwehr zwar je nach Situation auf eine Tötung zutreffen kann, niemals aber auf ein Folterszenario, das sollte hier gewaltig zu denken geben.
Jairo schrieb:Für Ermittler sollte es Alle Möglichkeiten geben, so lange die Gesundheit nicht deswegen geschädigt wird.
Du kannst niemanden foltern ohne seine Gesundheit zu schädigen.
tessie schrieb:Dieser jemand hat die Situation aber ganz alleine verursacht.
Deswegen droht ihm auch die härteste Strafe, die es in unserem Land gibt:
Ein mehrjähriger und mitunter gar lebenslanger Verlust des Rechtes darauf sich frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsraum frei zu wählen.
Kürbisgesicht schrieb:Leider ist man im Laufe der Diskussion aber in eine ganz andere Ecke abgedriftet und zwar in die Selbstjustiz.
Da nur Tatverdächtige vor einem Schuldspruch verhört werden und die hier vorgebrachten Argumente "pro Folter" sich ausnahmslos auf Ermittlungstätigkeit anwenden lassen und damit Gewalteinwirkung an einer nicht rechtskräftig verurteilten Person bedeuten, kommt man aus dem Bereich der Selbstjustiz nicht einmal dann raus, wenn man Folter theoretisch legalisieren würde.
Man muss ja zwangsläufig ohne Prozess und Richter entscheiden, dass einem die Hinweise auf eine mögliche Schuld des Tatverdächtigen bereits ausreichend erscheinen um ihm sein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzusprechen.
Das ist mit einem gesunden Justizsystem einfach mal in keiner möglichen Konstellation vereinbar.
Vomü62 schrieb:Da ich ein Kind habe, bin ich dafür
Tjo und für mich sind grade Kinder ein weiterer Grund dagegen zu sein.
Meine Kinder sind in einem Rechtsstaat mal definitiv sicherer als in einem der Menschen foltert.
Vomü62 schrieb:in solchen extremen Fällen und wenn es keine andere Möglichkeit gibt
Dann ändert sich doch trotzdem absolut gar nichts an der Tatsache, dass es keine Belege dafür gibt, dass Folter die Wahrscheinlichkeit auf einen positiven Ausgang für das Opfer erhöht aber massenweise dafür, dass das nicht der Fall ist.
Demgegenüber stehen zahlreiche Erfolge, die aus der "Methode" erwachsen, dass man einem Tatverdächtigem kein Haar krümmt, sondern ihm die Beweise die gegen ihn vorliegen erläutert und die Tatsachen beim Namen nennt:
"Du (oder zumindest Dein Anwalt) wirst erkennen, dass ein Schuldspruch mehr als wahrscheinlich ist, nun hilf Dir selbst und kooperiere, dann wirkt sich das mitunter günstig auf das Strafmaß oder die Haftbedingungen aus."
Vomü62 schrieb:die Abschaffung des Rechtsstaates zu unterstellen ist Blödsinn
Ein Rechtsstaat ist mit Folter absolut unvereinbar.
Sogar die USA, die nu nicht grad als "Vorreiter für Rechtsstaatlichkeit und Soziales" glänzen wissen das.
Deswegen existiert Guantanamo überhaupt, weil selbst dem verblödestem Republikaner klar war, dass es Grenzen gibt, die man nicht überschreiten kann, wenn man weiterhin als freies oder auch nur als zivilisiertes Land dastehen will.
Will man diese Grenzen dann doch gern ab und zu überschreiten, dann lagert man sowas eben aus, damit man sagen kann "Eigentlich ist dies und jenes rechtswidrig, aber leider, leider sind wir ja gar nicht auf dem Boden der USA... schade aber auch..."
Vomü62 schrieb:im Gegenteil würde das denjenigen, der versucht, das Opfer um jeden Preis zu finden/zu schützen vor "Rache" des Staates schützen.
Der Staat bzw das Justizsystem ist genau das Gegenteil von "Rache", es werden Regeln definiert, wie Menschen in diesem Staat miteinander umzugehen haben und es ist verbindlich festgehalten was die Konsequenzen sind, wenn man sich da nicht dran hält.
Ein System in dem nicht alle Gesetze und ganz besonders die mit Verfassungsbezug ausnahmslos für jeden Staatsbürger die Gleichen sind und ohne wenn und aber für jeden gelten kann niemals den hohen Ansprüchen gerecht werden, die ein Rechtsstaat nun einmal stellt.
Führt man bei den fundamentalen Rechten Ausnahmen ein, dann wirft man unvermeidlich einen Dominostein um und eine Kettenreaktion an die die Türen zu Dingen öffnen bei denen es viele Leben gekostet hat sie in die Vergangenheit zu verbannen.
Vomü62 schrieb:ja, der Täter ist noch nicht "offiziell" verurteilt
Er ist überhaupt nicht verurteilt und damit kein Täter sondern ein Tatverdächtiger.
Das kannst Du einfach mal nicht schön reden.
"Ein bisschen verurteilt" gibt es ebenso wenig wie "ein bisschen tot".
Vomü62 schrieb:Was soll denn nur dauernd dieser Täterschutz?
Was Du entweder nicht begreifen kannst oder nicht begreifen willst ist, dass es nicht um "Täterschutz" geht, sondern um den Schutz jedes Einzelnen für staatlicher Willkür.
Vomü62 schrieb:dann scheiße ich auch auf den "Rechtsstaat".
Das ist doch mal eine Aussage mit der man wenigstens was anfangen kann.
Wenn Du den Rechtsstaat verachtest (ich bin hoffentlich nicht verpflichtet deine Primitivlinguistik zu übernehmen), dann wäre die sinnvollste Konsequenz doch nicht etwa, dass Du uns anderen, die es als schützenswertes Privileg ansehen in einem Rechtsstaat zu leben Selbigen nicht etwa madig machst und dessen Abschaffung verlangst, sondern Deinerseits in eines der zahlreichen Länder auswanderst in dem es an der Tagesordnung ist, dass Leute abgeholt, gefoltert, hingerichtet werden oder einfach verschwinden.
Ich würde mal annehmen, dass du, zumindest wenn das Wohl deines Kindes die wirklich so wichtig ist, ganz schnell wieder zurückkommen würdest.
Weil es einfach mal sehr viel einfacher ist ein Kind und sich selbst vor einzelnen Kriminellen zu schützen, bei staatlicher Willkür gibt es keinen Schutz mehr, keine Rettung, nicht mal mehr jemanden dem du mitteilen kannst, dass du dir das irgendwie lustiger vorgestellt hast.
Vomü62 schrieb:Unterstell mir doch nicht diesen Mist!
Ich denke nicht, dass ich Zeit damit verplempern muss hier deutlich zu machen wer hier mit absurden Unterstellungen um sich wirft, manchmal sollte man kurz darüber nachdenken, warum man nicht einen Geisterfahrer sieht, sondern Hunderte.
Teegarden schrieb:Haben solche Menschen dann halt auch einfach Pech gehabt und werden gefoltert?
Das ist einfach mal persönliches Pech.
Ist es bei solchen "Argumenten" erfahrungsgemäß immer aber ebenso erfahrungsgemäß immer ganz genau bis zu dem Zeitpunkt in dem man selbst oder jemand der einem wichtig ist Opfer solcher Willkür wird.
Dann ist der Traum von Rechtsstaat ganz schnell wieder ganz groß.
Vomü62 schrieb:MissGreen schrieb:
Nach deiner Auffassung hätte der Täter danach dann mindestens einen pschischen Schaden oder könnte bei der Folterung ebenfalls zu Tode gekommen sein. Wie wird dann weiter verfahren? Wird dann eine Neverending Story draus.
Dann wurde wenigstens alles Mögliche versucht und die "Story" ist zu Ende.
Du vergisst grade, dass auch der Tat
verdächtige Eltern, Geschwister und andere Menschen haben könnte die ihn lieben.
Gegen Tote wird nicht ermittelt, wenn also ein Tatverdächtiger während der Folterung verstirbt, dann kann es keinen Prozess mehr geben und dessen Schuld wird folglich niemals nachgewiesen.
Es stünde also der Tod eines möglicherweise Unschuldigen im Raum der wiederum gerecht werden müsste, dass meint
@Teegarden mit "Neverending Story".
Ich darf also davon ausgehen, dass es für dich absolut in Ordnung wäre, wenn dein Kind während eines Verhörs zu Tode gefoltert wird, weil man annimmt es sei schon schuldig und der Zweck alle Mittel heiligt.
Ich finds besser, wenn meine Kinder in einem Staat aufwachsen in dem das so gut wie ausgeschlossen ist.