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Sollten Foltermerhoden erlaubt werden?
10.06.2020 um 22:36Vomü62 schrieb:Ich hab nirgendwo von "verdächtig" geredet, sondern von dem Fall, das der Täter überführt und geständig ist, ohne gefoltert worden zu sein.Da widersprichst Du Dir selbst aber ganz gewaltig:
Vomü62 schrieb:Beispiel: Ein Entführer wurde bei Lösegeldübergabe gefaßt, will aber nicht sagen, wo das Opfer untergebracht ist und das Opfer könnte demnächst dort sterben, bevor es auf andere Weise gefunden wird.Du sprichst einerseits von einem bereits überführten Täter und dann wieder davon, dass Folter Deiner Ansicht nach Zeit gewinnen bzw sparen soll, die das Opfer möglicher Weise nicht hat.
Wie gesagt gilt ein Täter in einem Rechtsstaat nur nach einem fairen Prozess und einem Schuldspruch als überführt.
Bei so einem Prozess, da sprechen wir von Monaten.
Mal ganz abgesehen davon, ist bereits Deine Annahme völlig absurd:
Warum sollte ein Täter erst ohne Folter geständig sein und den Aufenthaltsort des Opfers, also die einzige Information, die sich strafmindernd auswirken könnte, nur unter Folter gestehen?
Aber wie gesagt, selbst wenn man von dieser offensichtlichen Absurdität absieht, tritt Deine Argumentation sich selbst gegens Schienbein.
Entweder "folterst Du einen bereits geständige, überführten Täter" um nach einem monatelangen Prozess auf einmal "Zeit" zu gewinnen oder Du folterst einen Tatverdächtigen dessen Schuld noch nicht erwiesen wurde.
Daraus ergibt sich doch bereits ganz rational, dass Deine "Rechtfertigung für Folter" nicht einmal dann schlüssig wäre, wenn man völlig außer Acht ließe, dass hinreichend bekannt ist, dass Folter keines Wegs zuverlässig zu zeitnahen, wahrheitsgetreuen Aussagen führt.
Vomü62 schrieb:Was ihr hier alles an Shitstorm ablaßt, könnt ihr euch schenken.Mit anderen Worten:
Du nutzt Deine, Dir zustehende, Meinungsfreiheit hier um zu erklären warum und unter welchen Umständen Du die komplette Idee des Rechtsstaates im Klo herunterspülen würdest, aber andere sollen ihre Meinung, dass und warum ihnen das nicht so Recht wäre für sich behalten?
Findest Du das nicht selbst ein bisschen fragwürdig?
Wer seine Meinung äußern möchte muss schon damit umgehen können, dass Andere das auch tun.
Bereits alle anderen Meinungen als "Shitstorm" zu bezeichnen ist mächtig schräg.
Vomü62 schrieb:Und warum man nicht auch für solche extremen Einzelfälle Gesetze machen kann, erschließt sich mir nicht.Weil das komplette Justizsystem nur noch für den Mülleimer taugt, wenn Gesetze auf einmal individualisiert werden, ganz einfach.
"Gesetze für Einzelfälle" ist schon fast ein Oxymoron.
Vomü62 schrieb:In diesem Falle hat man wenigstens alles versucht, das Opfer zu retten.Jup, man hat den Rechtsstaat für dessen Erschaffung und Etablierung eine Menge Menschen gestorben sind mal eben abgeschafft um Verhörmethoden anzuwenden von denen bekannt ist, dass sie praktisch keine Aussicht auf Erfolg haben.
Da kann man auch gleich anfangen pro Polizeistation mindestens einen Wahrsager zu beschäftigen.
Vomü62 schrieb:Oder sagst Dir in so einem Falle: "Naja, Pech für mein Kind, aber Hauptsache, es wurde niemanden gefoltert?"Ich muss also entweder bereit sein jede Menschlichkeit und Zivilisiertheit nicht nur persönlich über Bord zu werfen, sondern dies von einem ganzen Staat zu verlangen oder ich darf Deiner Ansicht nach für mich nicht in Anspruch nehmen zu lieben und das was ich liebe zu schützen?
Ich soll also nachweislich unwirksame, unmenschliche Verhörmethoden nicht nur rechtfertigen, sondern deren Legalisierung verlangen?
Für mich wird da eher umgekehrt ein Schuh draus:
Grade wenn ich meine Kinder sicher wissen will, dann schaffe ich doch nicht den Rechtsstaat ab.
Würde mein Kind, ein anderer mir nahestehender Mensch oder eines meiner Tiere in einer solchen extrem hypothetischen Situation stecken, dann habe ich zwei Möglichkeiten ganz ohne Folter legalisieren zu wollen:
1. Ich könnte genau hier beweisen, dass ich besser bin als der Täter indem ich Folter ohne wenn und aber ablehne
2. sollte ich nicht stark genug dafür sein, dann kann ich zugeben, dass ich in solch einer Situation durchaus in der Lage sein könnte irrational und unmenschlich zu handeln.
Ich kann nicht zu 100% ausschließen, dass ich in solch einer Situation zu Dingen fähig sein könnte, auf die ich nicht stolz bin.
Aber:
Ich würde niemals fordern, dass der Rechtsstaat abgeschafft wird, nur weil ich ihn mit genug Panik um jemanden den ich liebe kurz vergessen könnte.
Der Gedanke, dass ich hinterher brav meine Hände ausstrecke, die Handschellen klicken lasse und die Konsequenzen für mein Handeln trage ist gar kein Problem für mich, der Gedanke, dass Folter legalisiert wird hingegen nicht.
Dass auch ich nicht ausschließen kann in entsprechender Lage zu vergessen, dass Handgreiflichkeiten falsch sind und Folter der Person die ich zu schützen vorgebe mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Vorteil verschaffen wird zieht doch nicht zwangsläufig mit sich, dass ich erwarte damit folgenlos davon zu kommen oder mir gar wünsche das Folter eine legale Verhörmethode sei.
Vomü62 schrieb:Ist das so schwer zu begreifen, oder was?Um ehrlich zu sein, für mich schon.
Es ist für mich sogar sehr schwer zu begreifen wie jemand, der das Privileg genießt in einem Rechtsstaat leben zu dürfen, fordern kann, dass Folter im Verhör wieder legalisiert wird und das obwohl hinreichend bekannt ist, dass es sich nicht um eine Methode mit nennenswerter Erfolgsquote handelt.
Vomü62 schrieb:Und wem das "Wohlergehen" einer Institution oder eines Täters über das eines Menschenlebens (des Opfers) geht, dem kann ich auch nicht helfen.Ich denke nicht, dass irgendwer hier von Dir verlangt ihm zu helfen.
Ich kann Dir ja offenkundig auch nicht dabei helfen zu verstehen, dass es einfach mal viel zu kurz gedacht ist, wenn man annimmt, dass die Legalisierung von Folter "nur" das eine Leben über das Andere stellt, denn was es wirklich in Konkurrenz zueinander stellt sind nicht:
"Opfer und Täter" und es geht auch nicht um "irgendeine Institution".
sondern
Die Aufgabe der Idee vom Rechtsstaat für die Illusion, dass Folter regelmäßig im Stande sei einen für das Opfer besseren Ausgang zu erzielen oder sogar nur um behaupten zu können man habe:
"alles versucht" und "das Opfer über den nicht überführten Tatverdächtigen gestellt".
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Unschuldsvermutung mal eben abzuschaffen und dann noch zu Gunsten einer Methode, die nicht nur unmenschlich und unzivilisiert, sondern auch noch ineffektiv ist.
Das ist einfach mal keine Kleinigkeit sondern extrem starker Tobak.
Teegarden schrieb:Folter kann auch Langzeitfolgen haben, beziehungsweise versehentlich zum Tode führen.Das kommt eben noch hinzu.
Man kann eine Person nicht Foltern ohne deren Tod mindestens billigend in Kauf zu nehmen.
Es hat mehr als nur einen verdammt guten Grund, dass "Rechtsstaat" und "Folter" absolut unvereinbar miteinander sind und ich für meinen Teil lebe gern in einer Gesellschaft in der man sich darauf geeinigt hat die Fackeln und Mistgabeln hinter sich zu lassen.