@JackMarco Wie gesagt:
Man sollte sich zumindest Gedanken drüber machen, was für moralische Werte man selbst besitzt und warum, gleiches gilt für die Gemeinschaft.
Und wenn man das nicht nur als Aussage tätigt, sondern gegenüber anderen vertreten, andere davon überzeugen möchte, dann sollte man auch idealerweise in der Lage sein, das zu begründen.
Wenn ich dagegen, um jetzt mal ein anderes, unverfänglicheres Thema zu nehmen, sage:
,,Ich find Rosenkohl widerlich¨, dann sollte man das auch so akzeptieren. Und auch als Rosenkohlfreund nicht fordern, dass ich mich dafür rechtfertige
:D@KillingTime Stimmt. Deshalb sprach ich ja auch die Diskussionskultur an.
In einer guten Diskussionskultur unterhält man sich nie unter einem bestimmten Niveau. Man kann zwar der Meinung sein, die Wahrheit in einer Angelegenheit zu haben und das zu vertreten.
Trifft diese Einstellung aber auch noch auf eine niedrige Diskussionskultur, dann wird`s schnell schwierig
:DKillingTime schrieb:Ich sage mir, wenn jemand irgendwie leben möchte, dann soll er doch. Ich quatsche ihm nicht rein in seinen Lebensentwurf, und er quatscht mir nicht herein. Oder bin ich deswegen schon amoralisch oder nihilistisch, was meinst du?
Ich würde das ,,gemütlich-egalitär¨ nennen
:DWeil die Einstellung ja quasi lautet: 1. Geht mich nichts an (=> gemütliche Richtung, nicht anecken) und 2. Ist mir egal (=> egalitär).
Meiner Meinung nach kann man das ja machen, wenn man für sich alleine auf einer Insel lebt.
Oder einem die Gesellschaft völlig gleichgültig ist.
Aber in einer menschlichen Gesellschaft, vor allem dann, wenn einem auch an der Gesellschaft und den Menschen etwas liegt, sollte man auch ein gewisses Interesse für seine Mitmenschen zeigen.
Dann kann man aus meiner Sicht eigentlich auch nicht mehr sagen, es sei einem egal, was andere Leute machen, solange es einen nicht stört. Dann wäre man nicht nur gemütlich und egalitär, sondern auch noch egoistisch
:DVerantwortung für und Interesse am Mitmenschen ist wichtig für eine Gemeinschaft - was ja noch keineswegs heisst, dass man seinen Mitmenschen alles mögliche vorschreiben will!
KillingTime schrieb:muss diese "egalitäre Toleranz" in beide Richtungen funktionieren. Ich kann nicht für mich in Anspruch nehmen, was ich anderen verwehre. Also entweder es gilt für jeden, oder für niemanden.
Hier findet sich halt ein modernes Paradoxon, welches nebenbei beweist, dass diese ,,Wertelosigkeit¨ eigentlich auf Dauer nicht wirklich funktioniert.
Die Situation lautet quasi:,,egalitäre Toleranz, solange man die richtigen Einstellungen hat¨.
Was sich natürlich ausschließt.
Das ist, als würde man sagen:,,Du kannst links oder rechts wählen. Aber wähle gefälligst nicht rechts!¨.
Es wird also niemand offiziell gezwungen, alle möglichen Sexualpraktiken und Lebensstile gut zu finden. Aber wenn sie ihm nicht maximal egal sind, dann wird man dafür angegriffen.
KillingTime schrieb:Ja, aber wie weit willst du gehen? Wie weit darf die kollektive Moralvorstellung das Leben der Bürger beeinflussen? Nehmen wir mal als Beispiel den Iran, wo, um beim Thema zu bleiben, Homosexuelle gern mal an Baukränen erdrosselt werden. Auch das ist eine "Moralvorstellung", die den Bürger einschränkt und ihm eine gewisse Sicherheit gibt, was er nicht tun darf. Aber kann man sowas akzeptieren? Können oder dürfen wir sowas akzeptieren, mit unserem Egalitätsanspruch?
Darüber muss man sich eben unterhalten und das ist es ja, was ich mindestens fordere:
Dass man sich die Frage danach stellt und diskutiert, was unsere gesellschaftlichen Werte sein sollen. Wie Individualität und Gesellschaft zusammen passen.
Wenn man das tut, ist man ja nicht mehr egalitär. Sondern man interessiert sich für seine Gesellschaft und seine Mitmenschen, man macht sich Gedanken über ihr Wohl und Wehe.
Und das ist mir allemal lieber, als dieses ,,jeder so, wie er will...¨.
Dieser Diskussion entzieht man sich aber heute mit einer immer amoralischeren und egalitären Gesellschaft.
Was unter anderem leider dazu führen kann, dass die ,,vernünftigen Denker¨ den radikaleren, aber handlungsorientierteren Leuten das Feld überlassen. Diese gehen dann voran und die Unentschlossenen, die, die sich nach Regeln und Orientierung sehnen, folgen.
Einfach weil ihnen jemand sagt:,,In die Richtung geht`s! Los Leute!¨
Wir wären dann bei deinem Beispiel, wenn wir uns drüber unterhalten, in einer Diskussion, die man auch moralisch angehen kann, über das ,,richtig/falsch¨ dieser Moralvorstellungen.
Da kann man argumentieren und drüber diskutieren.
Und am Ende hat man eben einen Konsens oder zumindest eine Mehrheitsvorstellung und eine moralische Regel.
KillingTime schrieb:Ich verspreche dir, wenn die katholische Kirche weiter auf ihrer harten Linie bleibt, wird sie genau solche Menschen aufsaugen wie einen Schwamm. Deine Chance,
Möglich. Aber zweifelhaft, wenn man sich die Entwicklung des weltweiten Christentums ansieht, die in den Medien allerdings kaum Beachtung findet
:DWie auch immer - die Gefahr, dass radikale Kräfte den Ton angeben, ist doch eigentlich Grund genug, auf den halbgaren Egalitarismus und die beliebige Totaltoleranz der Gesellschaft zu verzichten und sich lieber über gute, gemeinsame Werte klar zu werden.