Wir sind kurz vor dem Kontakt!
25.10.2015 um 16:51
Das Problem mit den 3 Oberskeptikern hier ist ihre Einigkeuit darin, dass alles, was technisch möglich ist, auch gemacht wird bzw. sinnvoll ist und dass ihr Welt- und Menschenbild selbstverständlich stimmig und über jeden Zweifel erhaben ist. Und so schwadronieren sie und erklären im Brustton der Überzeugung without a shadow of a doubt, dass sie natürlich auch für jede imaginäre, fiktive oder zukünftige Situation genau das richtige Rezept kennen, und wer anderer Meinung ist, ist ein Fantast, ein Exot oder ein "Gucci" (Pertti).
Bezogen auf unser fiktives Beispiel mit dem Generationenschiff: Sobald es technisch möglich ist, wird es auch gemacht, denn das Bestreben einer jeden Zivilisation liegt nach Taln.Reich darin, zu expandieren und die "monoplanetare Phase", die uns bislang noch an die Erde kettet, zu verlassen, allein schon um bei Gefahren, die einem Planeten drohen, dennoch als Spezies zu überleben.
Wenn jetzt also sagen wir in 500 Jahren die Raumfahrt so weit ist, dass der "Sprung" zu einem anderen Sternsystem relativ risikolos möglich ist – man hat zig Versuche mit unbemannten Sonden gemacht, bis man so weit war, dass die zuständigen Behörden grünes Licht gegeben haben –, dann ist es nach unseren Skeptikern sehr wahrscheinlich, dass das auch gemacht wird. Und da die Reise zu einem Sternsystem mit einem Planeten in der habitablen Zone, der der Erde relativ ähnlich ist, auch eine Atmosphäre hat, die man sogar ohne Sauerstoffgeräte atmen kann und der Planet zudem noch den Vorzug hat, unbesiedelt zu sein, wird der Plan, zu diesem Planeten zu reisen, ihn zu terraformen und dann Freiwillige als Siedler einzuladen, von allen Seiten außer den stets quertreibenden Linken und Grünen begrüßt. Alle Einwände von kritischen Psychologen und Soziologen werden arrogant abgebügelt.
Denn, sagen die Physiker, Chemiker und Diplom-Inschenjöre, was der Mensch zum Leben braucht, ist alles in diesem ersten Generationenschiff enthalten: Essen, Trinken bis zum Abwinken, Frauen, eine der Erde nachempfundene grüne Hügellandschaft, sogar mit einer Großstadt drin, leider völlig ohne irgendwelche Tiere, dafür aber auch ohne Fliegen, alle Musik aus den Datenbanken, alle Literatur, alle Konserven, leider nichts davon live, aber so eine Reise dauert ja auch nur 300 Jahre und keine Jahrtausende und am Ziel bauen wir uns dann eine neue Welt auf, zumal der Planet dreimal so groß ist wie die Erde, da passt schon was drauf.
Und der menschliche Faktor? Ach, der menschliche Faktor. Wir haben dir doch gesagt, dass deine "Elexier"-Vorstellungen esoterisches Geschwurbel sind, dass nur ein kleiner Teil der Erdbevölkerung sich Reisen überhaupt leisten kann, das ist reiner Luxus, Gucci halt, ein Leben auf Hartz 4 Niveau reicht allemal, und von denen bringt sich keiner um, und außerdem gibt’s hier alles andere sogar noch gratis. Die Zwischengenerationen, die nichts anderes kennen als das Schiff, würden nie im Leben mit so einem verkommenen Planeten wie der Erde tauschen wollen. Es reicht jedenfalls dicke fürs Überleben.
Die Einwände anderer, die von unseren Berufsskeptikern für Träumer und Fantasten gehalten werden, und die es auch noch wagen, den Berufsskeptikern als Skeptiker gegenüber zu treten und ihr Vorhaben für undurchführbar zu halten, weil am Ende der Reise keine Menschen aus dem Raumschiff steigen, sondern nur die intelligenten Roboter, die nun den neuen Planeten völlig gegen Plan der Erdenker in Eigenregie übernehmen, werden von der herrschenden Meinung der 3 Oberskeptiker als kontraproduktiv und lächerlich abgebügelt.
Selbst dem Haupteinwand, dass das schlimmste Verbrechen, das man einem Menschen antun kann, nämlich ohne ihn zu fragen, ob er auch damit einverstanden ist, allein als genetischer Zwischenträger für die Nachkommen zu dienen, verwerflich ist, wird mit dem Verweis auf den höheren Zweck des Unternehmens und ein paar Billigargumeneten aus der Lidl-Labertasche abgeschmettert. Man behauptet dann mal eben kurz, es habe auch Stämme und kleine Völker gegeben, die ohne Aussicht darauf, zur Zivilisation zurückzukehren oder gar dass sich zu Lebzeiten was dran ändern würde, auch überlebt haben, obwohl Beispiele nicht gebracht werden. Das war einfach so, Punkt.
Das Problem bei dieser Sache ist eben, dass man die Zwischengenerationen nicht fragen kann, ob sie damit auch einverstanden sind. Man setzt sie einfach in die Welt, um die Maschine über die Zeit am Laufen zu erhalten. Denn man braucht schleßlich deren Nachkommen, um auf Erde 2 das Gleiche zu machen, was hier schon gemacht wird, und sich so von Planet zu Planet quer durch die Galaxie mit ein und derselben Spezies fortzupflanzen. Es werden also Leute gezeugt, denen man nicht den Status eines freien Menschen bzw. vollen Bürgers zusgesteht – "was hast du denn, die haben doch alles, was sie zum Leben brauchen, in dem Schiff im Überfluss, außerdem gibt es viele Menschen, die zeitlebens nicht von ihrer kleinen Scholle weggekommen sind und die auch glücklich waren" und denen man das Wichtigste, was einen Menschen ausmacht, vorenthält, nämlich den freien Willen und die Möglichkeit, dahin zu gehen, wo man hin will. Man kann sich gut damit rausreden, dass man Ungeborene ja schlecht befragen kann, und dass sie, könnte man das, fast durchweg nein sagen würde, eine unbeweisbare Behauptung ist.
Ich wollte das nur noch mal kurz zusammenfassen um zu demonstrieren, zu was wir fähig sind und wie hoch wir den Wert eines Menschenlebens wirklich schätzen.
Daher glaube ich, dass wir die "monoplanetare Phase" niemals überwinden werden, und zwar aus zwei Gründen:
(1) Weil wir es mit dieser Einstellung niemals zu einer Hochzivilisation bringen werden. Taln.Reich argumentiert zwar dagegen, dass das völlig unerheblich sei; man wird sich weiter durchwursteln wie bisher und eines Tages wird die Technik so weit sein, dass wir auch in zumutbarer Zeit einen extrasolaren Planeten finden werden, auf dem sich einige unserer Nachkommen niederlassen können, um den erdähnlich umzubauen. Ich bin hingegen der Meinung, dass wir mit einem Menschenbild, wie es hier vertreten wird, als Zivilisation gar nicht erst so weit kommen, dass wir so einen Antrieb entwickeln können, zumal wir, wenn wir es nicht zu einer Hochzivilisation bringen, nur noch ganz Wenige haben, in deren Besitz alles Geld versammelt ist, während 99,9% der Menschheit auf Hartz 4 Niveau ihr Dasein fristen müssen (Akkumulationsgesetz des Kapitals). Die würde man gerne auf so eine Reise schicken, um die Sozialkassen etwas zu entlasten, aber wenn von 1000 Menschen 999 arm sind, werden die Armen früher oder später merken, was für eine gewaltige Mehrheit sie sind und die Superreichen hinwegfegen. Da sie aber nicht mit Geld umgehen können, wird ein Chaos herrschen, das uns zivilisatorisch sehr weit zurückwerfen wird. An Projekte wie dieses ist dann nicht mehr im Traum zu denken.
(2) Selbst wenn wider Erwarten so eine 300-jährige Reise zustande kommen sollte, steigen am Ende keine selbstbewussten Menschen aus, die sich auf die Aufgabe freuen, die vor ihnen liegt, sondern die "unsterblichen" intelligenten Roboter, bereit, das neue Terrain zu übernehmen, völlig gegen den Willen der einstigen Planer auf der Erde. Die Farce erntet genau das, was sie gesät hat.
Ich werde in einer Woche diesen Beitrag wahrscheinlich als neuen Thread unter "Wissenschaft und Forschung" eröffnen unter dem Titel: "Was macht einen Menschen aus?" oder "Was braucht ein Mensch zum Leben?" Vorher geht’s leider nicht, weil ich die kommende Woche viel zu tun habe. Ich hab das jetzt allein aus dem einen Grund trotzdem noch hier reingesetzt, dass ihr euch schon mal ein paar gute Argumente ausdenken könnt. :D