@-Therion-Hallo Therion
Hab mir ein wenig Zeit gelassen mit der Antwort, hab die Tage nur wenig reingeguckt und noch weniger geschrieben, möchte aber unser Gespräch weiterführen.
Du sagtest, das man einiges auf geistlicher Ebene sehen muss, letzten Endes stimme ich mit Dir dahingehend überein. Das ist aber eigentlich eher das Prolem eines Atheisten, das der damit Schwierigkeiten hat, da dieser das rationale Denken über dem geistlichen Denken stellt, zu dem er in der Regel-oder wenn er nicht, wie du einen anderen Glauben hat- weniger Zugang hat.
Mir ging es prinzipiell darum etwas zu finden, was dermaßen schlimm ist, das es den Glauben an einen Sinn dahinter in Frage stellt...ich denke du weißt das aber auch, darum wählte ich das Beispiel mit den hungernden Kindern.
Es stimmt natürlich, das diese Menschen nichts anderes kennen, darum werden sie vielleicht weniger unglücklich sein, aber es gibt Dinge, die der Mensch braucht, fundamentale Dinge, wie Nahrung, und ich sprach ja von Kindern, die aufgrund des Mangels krank wurden. Dinge eben, die unabhängig von der jeweiligen Lebenssituation fundamental wichtig für jeden Menschen sind.Ich denke schon, das man diesen Vergleich stellen kann/darf.
Was du zum Thema Vergewaltigung sagtest, ist nun ganz schwierig, finde ich.
Es ist ja gerade das Problem eines vergewaltigten oder missbrauchten Menschens, das er generell die Schuld-Fehler bei sich zuerst sucht. Das macht das ganze, was passiert ist, für ihn einfach sinnvoller,begründbarer und vor allen Dingen auch kontrollierbarer.
Zusätzlich ist der Selbstwert einer vergewaltigten Frau dermaßen im Keller, das diese oft erstmal lernen muss, das die irritierenden Gefühle nach diesem Erlebnis, wie Scham, Ekel, Selbstvorwürfe,verfremdete Körperwahrnehmung etc. eine Folge der Tat ist.
Und um es klar zu stellen: Die Frauen SIND Opfer und keine Täter und haben in der Regel sehr wenig zu der Tat beigetragen.
Das zu verstehen und auch anzunehmen, gerade die Tatsache, das diese Tat nicht kontrollierbar war, diese Ohnmacht dahinter zu axeptieren-dies wäre dann tatsächlich eine weitgehende Form der Verarbeitung.
Aber bei sich selbst die Schuld suchen...das deutet meiner Meinung nach in der Regel eher darauf hin, das die Verarbeitung der Tat im Anfangsstadium stehen geblieben ist.
Das kann man natürlich nicht bei allen Frauen festmachen- und komplett verallgemeinern, da jede Frau auf eine Vergewaltigung anders reagiert- dennoch ist es in den meißten Fällen tatsächlich so.
Hm, ich rede da ebenfalls aus Erfahrung, hatte da aber weniger Glück als du, bei mir war es nicht "fast", sondern "ganz" und leider auch nicht nur ein Mann sondern mehrere.....Ich war da grad mal 14 Jahre alt.... Ich habe so typisch auch dieses Erlebniss reagiert, wie eine Frau nur reagieren kann-Isolation, Scham, Schuldgefühle, Suche nach dem Sinn dahinter, Eigenbelastung- etc.
Natürlich habe ich mich keinem Therapeuten anvertraut, das gab es zu der Zeit noch nicht, aber es hat mich Jahrzehnte gekostet, dieses Erlebnis zu verarbeiten, mit all den negativen Entwicklungen, die so ein Erlebnis zu bieten hat, wie verfremdete Körperwahrnehmung, gestörte Sexualität, verfremdete Entwicklung etc.
Es hat sehr lange gedauert, bis es sich bei mir einigermaßen normalisiert hat- heutzutage würde ich jedem Vergewaltigungsopfer raten, sich therapeutische Hilfe zu suchen, damals wie gesagt war es noch nicht so weit verbreitet, sich Hilfe zu suchen.
Mein Mann und ich haben die ersten Jahre unserer Beziehung sogar noch daran arbeiten müssen- mit viel Liebe und Geduld seinerseits konnten wir einiges richten.
Trotzdem habe ich immer noch nicht innerlich die Freiheit erlangt, mich wie eine Frau kleiden zu können, nur in Gegenwart meines Mannes traue ich mich zu besonderen Anlässen dazu. Verrückt, aber wahr. Dabei hatte ich zum Zeitpunkt der Vergewaltigung weder aufreitzende Klamotten an, noch sonst irgendwas getan...aber ich war die Jahre danach dermaßen damit beschäftigt mich möglichst hässlich zu kleiden, damit ja niemand mich attraktiv findest....das verbuchte ich momentan unter gestörte Selbswahrnehmung und gestörte Sexualität. Du siehst also, jeder kommt zu einem anderen Ergebnis, was solche Erlebnisse angeht.
Ich persönlich hinterfrage nicht (mehr), was die Männer dazu trieb. In diesem, meinem Fall, denke ich, das es mehr als deutlich war, das es um Ausübung von Macht ging und um "Spass".
Mir ist es auch (mittlerweile) egal, was diese in ihrem Leben erlebt haben, es gibt keine Begründung dafür, Menschen solch ein Leid anzutun.
Da wurde keiner zu "getrieben" mein Schreien, Flehen und Weinen falsch zu interpretieren, es war ganz klar, das es hier um Ausübung von Macht ging. Das zu erkennen und zu axeptieren und darüber seinen Frieden zu finden war für mich wesentlich schwieriger, als in meinem Verhalten eine Art von Schuld zu suchen oder zu finden. Das war eher die anfängliche Abwehrhaltung, denn mit dem Wissen über die eigene Schuld hatte ich wenigstens etwas Kontrolle wiedererlangt und konnte an "irgendetwas" arbeiten...also etwas tun, damit es nicht wieder passiert.
Auch was du zum Thema "unbewusste Opferhaltung" gesagt hast, trifft nur bedingt zu, denn Vergewaltigungsopfer sind oft eben auch "Beute"....und umso gesünder die "Beute", umso höher der Gewinn der Männer.
Manche Männer sind eben so krank und gehen "auf Jagt". Ich denke sehr wohl, das der Mensch in sich selbst das "Schlechtsein" innehat und dieses nicht immer eine Folge von äußeren schlechten Umständen ist. Als Beispiel nenne ich gerne den Psychophaten, der offensichtlich ein Problem mit Emphatie hat. Das gild natürlich nur bedingt, zeigt aber schön auf, das es eben Dinge gibt, die angeboren sein können.
Trotzalledem gibt es Entscheidungen, die ein Mensch treffen kann und muss in seinem Leben. Es ehrt Dich sehr, das du den "Stachel" in deinem Auge suchst und den "Balken" des anderen dabei vergisst, würden das alle Menschen tun, wäre die Welt sicherlich viel weiter im Umgang miteinander.
Aber ich finde das wenig realistisch was du gerade zum Thema Vergewaltigung geschrieben hast und stelle ganz propvokativ (aber nicht böse gemeint!) die Frage, ob du dein Erlebnis in der Tiefe wirklich verarbeitet hast, da du von meiner Sicht aus an einem Punkt stehst, der typisch für eine Form der "Anfangsverarbeitung" steht.
Aber ich will deine Erlebnisse sicherlich auch nicht verurteilen oder in Frage stellen, auch keine Diagnose stellen oder sonstwas. Es ist somit nur als lockere Frage an Dich gemeint, ich will mir sicherlich nicht anmaßen, dein Erlebnis und deinen Umgang damit zu beurteilen, denn ich habe das nicht erlebt, was du erlebt hast. Ich habe meine eigenen Erlebnisse, mehr nicht.
Ich mache hier mal nen Schnitt, das Thema Vergewaltigung ist immer sehr schwierig, mir ging es auch nur darum ein Beispiel zu nennen, das die Sinnlosigkeit des Leides gut aufzeigt.