@Asche Asche schrieb:In allen Ehren, aber es ist nun mal so, dass die Kluft zwischen Städtern und Ländlern nicht kleiner ist als eh und je. Die Lebensumstände beider mögen sich geändert haben, aber die Unterschiede - wenn auch in anderer Form - gibt es noch heute.
Nochmal, nur dass das nicht vergessen wird, es geht von Beginn an eigentlich um @chobies Behauptung, die Germanen hätten dafür gekämpft, in der Natur anstatt in Städten zu leben. Dass die Germanen in irgendeiner Form überzeugte Waldbewohner gewesen wären.
Das stimmt aber schlicht und ergreifend nicht. Wenn eine römische Siedlung in der Nähe war, haben sich da auch Germanen angesiedelt. Wenn es mehr Siedlungen gegeben hätte, hätte sich da auch mehr Germanen angesiedelt. Und die Römer selbst können für die Germanen auch kaum so schlimm gewesen sein, es haben sich mit ihnen ja genug verbündet.
Natürlich gibt es eine Kluft zwischen Stadt und Land. Aber eben weil es andere Unterschiede waren, kannst du das nicht vergleichen. Es ist einfach unsinnig, mit irgendeinem "Der Bauer rümpft über den Städter die Nase" von heute die Unterschiede zwischen Germanen und Römer illustrieren zu wollen. Weil die Vergleichbarkeit fehlt.
@chobie wirft mir vor, ich hätte vom Landleben keine Ahnung. Stimmt vollkommen. Aber gleichzeitig bildet er sich ein, nur weil er vom heutigen Landleben eine Ahnung hätte, könnte er in irgendeiner Form das Landleben der Germanen besser beurteilen als ich. Dazwischen liegen nunmal solche Welten, dass sich der Unterschied zwischen heutigen Städter und Ländlern vollkommen marginalisiert.
Es gibt nunmal, um auf die Anfangsthese zurückzukommen, keinerlei Belege, dass es den Germanen irgendwie besonders um das Leben in der Natur gegangen wäre.
Dagegen steht es fest, dass sich Germanen in und um römische Siedlungen niedergelassen haben. Und einfach zu unterschlagen, dass Städte schon immer eine ziehmliche Anziehungskraft auf die Menschen ausübten, die letztlich nur durch äußere Einflüsse gehemmt wurde (Umgebung, Technik, Verbote etc.) und dass das Landleben als etwas tatsächlich Wünschenswertes (und nicht nur als eine Gewohnheitssache) erst seit der Industrialisierung mit dem Zurück-zur-Natur-Sehnsüchten der Städter gilt, halte ich nunmal für falsch.
Genauso ist es unsinnig, dass es den Germanen nur um "Heimat, Feind und Freund" gegangen wäre. Die Stämme haben munter die Seiten gewechselt, mal für die Römer, mal gegen sie, genauso gab es Intrigen und Feindschaften zwischen den Stämmen und innerhalb von diesen. Da gab es kein festen Freund und Feind und wenn es mehr Vorteile bot, hat sich noch kein germanischer Stamm davon abhalten lassen, mit den Römern gemeinsame Sache zu machen.
Um es kurz zu machen: Mich stört schlicht und ergreifend dieses romantisierte Germanenbild, das sich bis heute gehalten hat und ursprünglich von Tacitus stammt, der den Römern diesbezüglich ganz einfach nur den Spiegel vorhalten wollte, wie dekadent sie doch im Gegensatz zu den schlichten und einfachen Germanen sind.
Die Germanen waren nicht besser und nicht schlechter als die Römer oder irgendein anderes Volk. Sie hatten die gleiche Art Intrigen, die gleiche Art Feindschaften, die gleiche Art sonstiger Streitigkeiten.
Sobald Technik und Umgebung es erlaubt haben, haben sie sich, statt in verstreuten Höfen, in größeren Siedlungen bis hin zu Städte zusammengesammelt. Genauso wie jedes andere Volk vor und nach ihnen.