postcrysis schrieb:Nach neurobiologischen Zusammenhängen werden alle negativen Erfahrungen langfristig in uns abgespeichert und können dann nach psychologischem Grundsatz jederzeit das Verhalten verdeckt/unbewusst mitbeeinflussen. Ab einer bestimmten Menge - welche meiner Meinung nach bei den meisten Menschen/Klassen gegeben ist - kann man hier von irreparablen Integritätsschädigungen sprechen, die durch radikale Entwertung zwar in ihrer energetischen Besetzung gedämpft, aber nicht transformiert oder gar geheilt werden. Dem Einfluss der erworbenen psychischen Struktur und dem Unter- bis Unbewussten kann sich IMO auch der nicht entziehen, der sich nach tollscher Manier für erleuchtet hält.
Naja, Leid an sich ist Subjektiv, hängt von den Erfahrungen und somit von den Einstellungen ab, die sich ein Mensch angeeignet hat. Einstellungen, scheinbare Feststellungen und Gedankenmuster können sich ändern. Was ist im Geiste schon wirklich Irreparabel? Selbst in der Neurobiologie weis man, dass das Gehirn selbst im hohen Alter noch 180 Grad wenden machen kann, Fremdsprachen erlernen und andere Sachen auf die Beine bringt, wenn man an den "Hebel" der Botenstoffe kommt. Welche manche wie Dünger auf das Hirn wirken. Oder anders ausgedrückt, wenn es im Menschen "klick" macht. Sei es durch eine neu gefundene Liebe, oder durch andere gravierende Umstände. Ohne jetzt irgendwie den ollen Eckhart hart zu verteidigen, aber es ist ziemlich wahrscheinlich dass er es eben schafft/e, bei manchen eben diesen "Hebel" um zu legen, wodurch manche ihren Weg änderten.
Ich glaube kaum dass er den Leuten sagt, wenn sie einmal diese momentane Erfahrung gemacht haben, würde es auch für immer so bleiben. Das wird bei den wenigsten der Fall sein.
Keiner bestreitet, Stimmen der Vergangenheit würden nicht in die Gegenwart hallen. Aber auch in der Psychologie weis man, manche Stimmen können sich ins Gegenteil wandeln, andere schweigen gänzlich usw.
Schau zb. auf negative Erfahrungen durch Traumata, Schockzuständen und dergleichen. Wie gravierend diese einschlagen können. So kann zb. der Hans Muster, der sein Leben lang vorher rote Autos mochte, durch einen Unfall plötzlich übelste Abneigung dagegen haben. Glaubst diese Schiene läuft nur auf der negativen Weise "nachhaltig"?
postcrysis schrieb:Mit der tollschen Philosophie lebt man quasi eine Form der oberflächlichen-illusionären Selbstlöschung und das halte ich für fatal, weil das Leiden für mich auch ein essentielles Reagieren auf innere und äußere Missstände in sich hat, also eine wichtige Eigenschaft/Lebenskraft im Hinblick auf sinnvolle Gestaltung des eigenen Verhaltens und des Zusammenlebens ist.
Dafür ist der Schmerz schon da. Die Menschen leiden fast nur durch scheinbare Misstände, welche sie als Missstände deklarieren. Schau dir die Welt an, von scheinbaren Missständen welche Tag täglich an der Börse bekämpft werden wollen, bis hin zu scheinbare Missständen des einzelnen Menschen, der sich erst für etwas halten kann wenn er etwas erreicht hat.
Hätten alle den gleichen Stand, wäre auch der Misstand gleich. Aber da jedes große Ego nach seiner eigenen Pfeife tanzen möchte, steht eben jeder anders, mit all seinen damit verbundenen scheinbaren Missständen.
Nebenbei predigt, soweit mir bekannt, der Mr. Tolle keine Selbstauslöschung, sondern er differenziert ähnlich dem Buddhismus zwischen "Selbst" und "Ego".
postcrysis schrieb:Was ist denn, wenn neben dieser Dichotomie auch noch der Löffel von porösem vergänglichem Material ist?
Egal aus welchem Material der Löffel ist. Ein Berserker wird wahrscheinlich wie ein Berserker handeln. Gerade deswegen ja das Beispiel.^^
Oder wie ein andere Spruch heißt, Perlen vor die Säue.
postcrysis schrieb: Ich habe gesehen, dass Menschen mit ernsthaften malignen Tedenzen sowas nicht angeraten wird. Denen wurde nach Mutter "People-Pleaser" von den Behandlern eher Lob zugeraunt, obwohl ihr Verhalten psychologisch aufgedröselt pathogen ist.
Da stimme ich dir zu. Solche scheint es zuhauf zu geben. Viele versuchen nur noch aufzubauen, ohne Rücksicht auf Verluste. Eben der altbackene Unterschied zwischen Wissen und Weisheit.
postcrysis schrieb:Deswegen kann Erlösung nicht nur im Jetzt reflektiert werden, sondern auch im was-war.
Der Weg wie ein Mensch sich von etwas befreit, ist unterschiedlich und nur im Wesen nach gleich. Der eine braucht keinen Blick mehr nach hinten zu werfen, der andere muss dahin schauen um zu sehen usw.
Aber am Ende muss er ins "Jetzt" gelangen wenn er "Jetzt" eine tatsächliche Änderung haben möchte.
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Aber mal nebenbei, behauptet der Eckhart wirklich er sei erleuchtet?