Ist Religion heilbar?
26.10.2014 um 09:20@Commonsense
Psychologie der Beichte
In der modernen Psychotherapie sind Schuldgefühle zu lange mit Pathologie gleichgesetzt worden. Natürlich gibt es psychopathologische Phänomene, etwa im Laufe einer Depression, eines Wahns, einer Neurose oder einer selbstunsicheren Persönlichkeit, im Rahmen derer sich Patienten dann zu Unrecht schuldig fühlen. Aber das sind krankhafte Ausnahmen. Normalerweise hat man Schuldgefühle, weil man eben schlichtweg schuldig geworden ist. Man hat sich für das Schlechte entschieden, obwohl man das Gute hätte tun können. Dem Psychotherapeuten steht zwar das Urteil zwischen Gut und Böse nicht zu, weil er keine richterliche, sondern eine therapeutische Funktion hat - aber das bedeutet nicht, dass diese moralisch-ethische Dimension nicht in jedem menschlichen Leben existiert. Diese beiden Spielarten könnten als physiologische und pathologische Schuldgefühle definiert werden: ähnlich wie beim Schmerz hat die Physiologie den Sinn, auf etwas aufmerksam zu machen was dem Körper nicht gut tut, und damit Heilung möglich macht, während der pathologische Schmerz sinnlos ist, sozusagen ein „Fehlalarm“ des Körpers. Bei den Schuldgefühlen werden erstere im Christentum durch die Beichte gelindert, zweitere durch die Psychiatrie bzw. Psychotherapie behandelt.
http://rpp2010.org/Vortraege/Psychologie-der-Beichte/ (Archiv-Version vom 13.08.2014)
Psychologie der Beichte
In der modernen Psychotherapie sind Schuldgefühle zu lange mit Pathologie gleichgesetzt worden. Natürlich gibt es psychopathologische Phänomene, etwa im Laufe einer Depression, eines Wahns, einer Neurose oder einer selbstunsicheren Persönlichkeit, im Rahmen derer sich Patienten dann zu Unrecht schuldig fühlen. Aber das sind krankhafte Ausnahmen. Normalerweise hat man Schuldgefühle, weil man eben schlichtweg schuldig geworden ist. Man hat sich für das Schlechte entschieden, obwohl man das Gute hätte tun können. Dem Psychotherapeuten steht zwar das Urteil zwischen Gut und Böse nicht zu, weil er keine richterliche, sondern eine therapeutische Funktion hat - aber das bedeutet nicht, dass diese moralisch-ethische Dimension nicht in jedem menschlichen Leben existiert. Diese beiden Spielarten könnten als physiologische und pathologische Schuldgefühle definiert werden: ähnlich wie beim Schmerz hat die Physiologie den Sinn, auf etwas aufmerksam zu machen was dem Körper nicht gut tut, und damit Heilung möglich macht, während der pathologische Schmerz sinnlos ist, sozusagen ein „Fehlalarm“ des Körpers. Bei den Schuldgefühlen werden erstere im Christentum durch die Beichte gelindert, zweitere durch die Psychiatrie bzw. Psychotherapie behandelt.
http://rpp2010.org/Vortraege/Psychologie-der-Beichte/ (Archiv-Version vom 13.08.2014)