Interessant..
Du bist Atheist. Du glaubst, es gibt keinenGott. Du glaubst daher, daß alles
von selbst entstanden ist. Der Kosmos entstandDeiner Meinung nach aus
einem Urknall, das Leben aus zufällig gemischten chemischenSubstanzen
auf einem zufällig entstandenen Planeten, der Mensch als Ergebnis einer
zufälligen Evolution.
Daß Du existierst, ist daher ein bloßer Zufall. DeinVerstand und all Deine
Emotionen sind Deiner Ansicht nach nur das Ergebnis chemischerProzesse
in Deinem Gehirn - ebenso wie Deine übrigen körperlichen Abläufe. AlsAtheist
meinst Du letztlich, eine zufällige Ansammlung chemischer Substanzen zu
sein, die miteinander für einige Zeit reagieren, bis Dein Stoffwechsel
endet....Dein ganzes Leben ist nur von zufälligen Ereignissen bestimmt.
Ob es zufällig oder deterministisch ist wissen wir nicht, aber im Grunde,ja, stimmt.
Doch welche Bedeutung haben Begriffe wie“gut” und “böse”, wenn alles relativ und nur das Ergebniszufälliger Entwicklungen ist? Eigentlich muß für Dich jede ethische, moralische oderphilosophische Überlegung beliebig und subjektiv bleiben. Objektiv besteht eine gähnendeSinnleere.
Möglicherweise wirst Du widersprechen: Du hast vielleichtMoralvorstellungen,
eine humanistische Lebenseinstellung, Werte und ethischeGrundsätze.
Ich freue mich, daß Du Dein atheistisches Weltbild letzlich nichtkonsequent
lebst und Deine Mitmenschen nicht nur als beliebige Molekülansammlungen
ansiehst. Das gibt uns zumindest eine gemeinsame Basis.
Gut und Bösegibt es in Wirklichkeit nicht, es sind nur subjektive Illusionen.
Nein, habe ichnicht. Jedoch lassen es die Vorgänge in meinem Gehirn nicht zu, dass ich mich "unsozial"verhalte, da ich sozial einfacher "glücklich" leben kann.
Wer sagt, dass ich meinWeltbild nicht konsequent lebe?
Hier ist jedoch genau derspringende Punkt: Meines Erachtens denkt kaum
ein Atheist sein Weltbild wirklichzuende. Auch viele Atheisten vertreten
Weltanschauungen und ethische Maßstäbe, fürdie sie Allgemeingültigkeit
beanspruchen - doch auf welcher Grundlage? Wenn nämlichdas Leben, wenn
Du und ich nur Zufall sind, dann sind auch Deine Wertvorstellungennichts als
das Produkt eines Zufalls. Und warum sollte das Ergebnis Deines zufälligen
Denkprozesses für mich irgendeine Bedeutung haben? Eigentlich logisch,
meinst Dunicht? Jede auf Atheismus gründende Philosophie kann daher nur
auf freiwilliger Basisgültig sein. Entweder ich stimme ihr zu oder eben nicht -
alles völlig wertfrei.
Nun, ich vertrete keinen ethischen Maßstab. Stimmt, "mein" Denkprozesshat natürlich keine Bedeutung. "Bedeutung" ist vollkommensubjektiv.
Ja, sogar noch mehr: Wenn wir nur ein Zufallsind und unser Leben irgendein
chemischer Prozeß, ist es doch eigentlich sogarbedeutungslos, ob es uns
gibt oder nicht. Welchen Wert hat der einzelne Mensch, wenner das Produkt
irgendeines Zufalls ist? Welche Bedeutung sollte für einen Atheisten,der sein
Weltbild konsequent zuende denkt, also ein Menschenleben haben?
Keinen. Ein Menschenleben hat keinen"Wert".
Dass Auschwitz und der Archipel Gulag vonatheistischen Ideologien ersonnen und durchgeführt wurden, kann eigentlich nichtüberraschen: Dort haben Menschen nichts anderes getan, als die überkommene christlicheVorstellung vom Wert des einzelnen Menschen als Schöpfung Gottes abzulegen.
...undjetzt kommt das Unheimliche: Wie willst Du als Atheist diese Menschen
verurteilen?Anhand welchen Maßstabes? Die Deinem Weltbild
entgegenstehenden Handlungen sind imWeltbild anderer offensichtlich
erlaubt, und eine wertmäßige Unterscheidung derkonkurrierenden Weltbilder
ist nicht möglich: es gibt ja keine allgemein gültigenWerte. Alles ist Zufall und
relativ - und damit relativ bedeutungslos. Das gefälltDir nicht? Du meinst, daß
Menschenrechte und Gerechtigkeit, Liebe, Treue, menschlicheWürde und
Freiheit, Recht auf Selbstbestimmung etc. unveränderbare Größen seien?
Ich verurteile sie nicht, es sind nur Atomhaufen die Aromhaufen zerfetzthaben.
Doch, das geällt mir. Nein, ich meine nicht, dass das unveränderbare Größenseien.
Dann sind wir schon wieder einer Meinung. Für michliegt der
Allgemeingültigkeitsanspruch dieser und anderer Werte in Gott begründet. Er
ist die höhere Instanz, an der sich jeder ausrichten muß, und die Gut und
Bösefür alle gleich definiert.
Nein, sind wir nicht. Z. B. Gut und Bösemüssen nicht begründet werden, weil Gut und Böse nicht existiert. Wiso begründest duetwas, was nicht existiert, in etwas, dass (wahrscheinlich) auch nichtexisitert?
Worauf gründet sich DeinAnspruch?
Ich habe keinen Anspruch, wie kommst du zu der Annahme?