@pescado@md.teachNun, ein schöner Abend, um solche Themen zu besprechen.
Prinzipiell gilt ein Grundsatz in unserer Gesellschaft, den man beherzigen und verinnerlichen sollte = Je mehr Geld/Kapital, desto mehr Handlungsfreiheit, desto mehr Macht.
Einfaches Beispiel: Wenn ich in meiner Urlaubskasse zwei Hunderter habe, werde ich notgedrungen meine freien Tage zu hause verbringen müssen, wenn ich allerdings über 20.000 € verfüge, die ich ohne weiteres von meinem Einkommen für zwei Wochen Erholung ausgeben kann, steht mir die Welt um einiges offener. Und sofern ich noch eine 0 dranhänge könnte ich sogar in einer Luxussuite des Burj al Arab gastieren und die Sonne am arabischen Meer genießen.
In der Konsequenz heißt das: Wer sich vermögend (hohe Summen auf dem Konto) und besitzend (Aktien/Grundstück/Eigentum/Güter) nennen darf, bestimmt - sofern er zu den Ersten in dieser Wertungsklasse gehört - über die Weltpolitik. Wir - die Bürger - haben uns in der Regel mit ihren Beschlüssen zu arrangieren und damit wir nicht protestieren und ihnen damit unangenehme Mehrkosten verursachen oder ihren Profit dämpfen (etwa wegen Lohnerhöhungen bzw. Streiks), fördern sie diverse Unterhaltungsmedien, die uns oder unsere Zeitgenossen - das einfache Volk - besänftigen und ruhig stellen. Doch aufgrund des dem Menschen angeborenen strebsamen Charakters (Stichwort: selten Zufriedenheit mit Status Quo und bemüht ihn zu verbessern) begnügen sich die hohen Herren (die Macht ist männlich) nicht mit ihrer Position, ihren Konzernsanteilen, ihrem Einfluss auf die Gesetzeslage, ihren 5 Villen, ihrem Heer von Bediensteten, ihren Limousinen und sonstigen Annehmlichkeiten - sie sind daran interessiert, ihren Einfluss auszudehnen, was unweigerlich dazu führt, dass sie den Unterlegenen noch mehr wegnehmen müssen von deren Freiheit.
Auf der einen Seite haben wir also die Majorität, deren Rechte und Fähigkeiten zu handeln ohnehin eingeschränkt sind und auf der anderen Seite die Minorität, die den Kurs zu diktieren vermag und am längeren Hebel sitzt. Letztere ist allerdings nicht saturiert, sondern versucht, die Mehrheit weiterer Teile ihres bereits kleinen Stücks des Kuchens an der Entscheidungsgewalt (auf staatlicher Ebene) zu berauben, sofern sie gerade nicht von anderen Aufgaben gebunden wird - wie dem Machterhalt (das ist momentan der Fall).
Dies ist der Sachverhalt, den wir alltäglich beobachten können, wenngleich in diesen Tagen alle an einem Strang ziehen, weil die Wirtschaftskrise auch die Herrschenden (ich bezeichne sie manchmal so) beeinträchtigt hat.
Und jetzt meine vermutlich seltsam anmutende Konklusion: Schuld an diesem Zustand, der eine Entwicklung hin zu einer Konsolidierung einer zwei Schichten Gesellschaft begünstigt, tragen nicht Köpfe der Wirtschaft oder Medienmogule oder Politpuppen, Schuld daran tragen wir - wir weil wir es billigen, weil wir unsere demokratischen Rechte zunehmend seltener gebrauchen, weil wir mehrheitlich tatenlos zusehen, wie eben diese Rechte abgebaut werden (bei der Bildung -> G8, bei der Privatsphäre -> BKA Gesetz, bei der Meinungsfreiheit -> Zensur durch Initiative der Familienministerin,...).
All jene die diesen Trend fördern, indem sie sich passiv verhalten, betrachte ich in gewisser Weise als Canaille, als Unterschicht in einem demokratischen Staat, in dem der Wert eines Menschen nicht an seinem sozialen Stand, sondern an seinem Interesse für allgemeine Angelegenheiten und seiner Aktivität in öffentlichen Diskursen bemessen werden sollte.
Bedauerlich beurteile ich vor allem die Tatsache, dass das Sprichwort "Jedes Volk erhält den König, den es verdient.", nur bedingt korrekt erscheint, da die Minderheit, die gegen den aktuellen Kurs rebelliert und Reformen fordert, keine Beachtung findet und das Schicksal der tumben Masse teilen muss.