shirley85 schrieb:Aus persönlicher Erfahrung durch ökumenische Gesprächskreise, in die auch vereinzelt gerne ein paar Muslime (sind aber leider immer nur die gleichen und sie schaffen es anscheinend auch nicht, weitere dazu zu bewegen) kommen, weiß ich dass das mit dem Hinterfragen schon ein Problem darstellt. Sie dürfen kritische Fragen stellen aber keine, die in irgendeiner Weise den Glauben als solches oder den Proheten als fragwürdig dastehen lassen könnten
Sorry, dass der post ein wenig länger ist ...
Lieber Shirley (gestatte ich mir, dass ich dir angesichts der Verstellungskunst mancher islamfeindlicher user noch nicht ganz vertrauen kann, aber ich schreibe dir so, als ob ich dir ins Gesicht blicken würde)
Ich will nicht pauschalisieren, natürlich gibt es auch Christen, die mit Muslimen über die Religion diskutieren und einander kennenlernen wollen, ohne sich nach einem systematischen Missionsprogramm zu richten.
Aber nach meinen bisherigen Erfahrungen muss ich konstatieren:
1. Ich kenne eure "Ökomene" - Der Hintergedanke, das übergeordnete Ziel ist Mission, da kannst du mir sagen, was du willst - ist auch legitim, aber dann solltet ihr mal die Karten offener auf den Tisch legen ...
Die bekanntete Dialoggemeinde in meiner Stadt verfolgt ein Missionskonzept skandinavischer Herkunft. In der Dialoggruppe sitzen auf christlicher Seite nur Leute, die in der Gemeinde aktiv sind, nach außen wird es aber so dargestellt, als seien es Gemeindemitarbeiter und "Interessierte". Ein Herr gab sich bsp. immer als Halbatheist aus, die Danielgeschichte (der in der Türkei im Gefängnis saß) habe ihn dann aber endgültig wieder zum Glauben an Gott und Jesus gebracht. Einmal sah ich in der theologischgen Fakultät ein Buch legen, welches ein präzises Programm für den Dialog mit Muslimen anbot ...
Dazu kommen ein paar eher säkulare, teilweise auch etwas zum Christentum geneigte Muslime. Zur Zeit beteiligt sich allerdings ein im Islam sehr belesener Bruder, der auch die deutsche Sprache gut beherrscht.
Aber das Ziel dieser Gemeinde ist klar!
2. Imagearbeit; daher ergreifen die christlichen Gemeinden auch gerne die Initiative. Das kommt in der Öffentlichkeit gut an ...
Da sind wir Muslime etwas hinterher, was aber auch gar nicht anders sein kann, da es in Deutschland ja bisher überhaupt keine akademische Ausbildung für Muslime gibt, in der man die Grundlagen der Theologie, Dialektik usw. lernt. Den Christen stehen dagegen bestens ausgestattete Fakultäten, ganze Universitäten, Institute usw. zur Verfügung.
Ich kritisiere selbst auch gerne die Unfähigkeit auf unserer Seite, auf hohem Niveau (n na ja soweit ist es allerdings bei den Christen abgesehen von den ausgebildeten Leuten auch nicht her ...) einen (abendländischen) Dialog führen zu können, aber angeichts der fehlenden Strukturen wäre auch von meiner Seite mehr Nachsichtigkeit angebracht ...
3. Gerne integrieren christliche Gemeinden ein paar "subtile Anspielungen und Provokationen" in ihr Dialogpprogramm:
So wird bsp. vorgeschlagen, dass man gemeinsame Bittgebete verrichten könnte. Wenn Muslime das ablehnen und auf die Verschiedenartigkeit der Gebetsformen verweisen, stellt man uns als "dogmatisch" hin. Wenn parallel jeder auf seine Art seine Bitten formuliert, dann kommt von chritlicher Seite sowas:
"Gott stifte Frieden zwischen den Juden und den Palästinenern. Lass auf beiden Seiten nicht die Fanatiker siegen" ...
Oder: "Lass nicht zu, dass Religion für falsche Zwecke missbraucht wird"
So? sagen sie das genauso, wenn sie ohne die Muslime Bitten an Gott richten? Das wage ich zu bezweifeln, jedenfalls nicht in der Deutlichkeit und in dem Umfang ...
Ach ja und wen meinen die gutmütigen Dialogpartner mit "Fanatiker"? So blöd sind wir auch nicht, um das nicht zu durchschauen, zumal wenn einige der christlichen Teilnehmer ausgesprochene Israelfreunde sind ...
Einmal wurde im Rahmen unserer Dialoggruppe eine vorher nicht abgesprochene Predigt gehalten, die unverhohlen den Islam und die Muslime angriff.
Wenn WIR sowas gemacht hätten, wäre die Hölle los gewesen ...
Natürlich sind nicht alle christlichen Teilnehmer von Dialogveranstaltungen auf Mission bzw. ein gutes Image in der Öffentlichkeit gepolt, aber das ist das Konzept, das die Gemeinden verfolgen.
Als wir mal deutlich besser auf das vorher abgesprochene Thema vorbereitet waren, wurde uns das hinterher vorgeworfen, wir sollten das doch bitte nicht ZU ernst nehmen, es gehe ja nicht um Mission ...
jaja ...
Auf beiden Seiten sind die Initiatoren selten an tieferen Inhalten interessiert, wichtiger ist ihnen das Drumherum, die Imagepflege und auf beiden Seiten will man auf der einen Seite dem Dialogpartner nicht weh tun, aber interessiert sich auch nicht besonders für eine richtige Auseinandersetzung mit religiösen Inhalten.
Mein Vorschlag, sich durch ein konkretes Thema durchzuarbeiten, wurde stets mehr oder weniger ignoriert.
Dann kann ich den Dialog aber gleich "Veranstaltung zum Kennenlernen", "Frieden durch kulinarischen Genuss" oder dergleichen bezeichnen
;)Ach ja und DU machst auf mich einen ähnlichen Eindruck ... ergreifst die Initiative, lobst den "Fortschritt" im europäischen Christentum, betonst die Wichtigkeit des "Dialog" und stichst hier und da auf den Islam und die Muslime ein - die typische Art christlicher Dialogführung
Ihr wollt den asymetrischen Dialog, und wenn die Muslime ebenbürtig oder überlegen sind, nehmt ihr es uns übel, rächt euch dann durch Politisierung der Debatte (bsp. naher Osten) in der Hoffnung, dass die Muslime ins Fettnäpfchen treten ...
Euch die ihr den Werdegangs des europäischen Christentums (bzw. der Amtskirchen und ihren Institutionen) so preist, frage ich: "Wo ist denn die Dynamik des Christentums? Wo ist das Feuer des Glaubens?"
Für mich ist da nicht viel mehr übriggeblieben als "ein guter Mensch sein", "sich besinnen" und "auf Gottes Liebe vertrauen".
Die zentrale Säule des Glaubens, der Glaube an den Tag der Abrechnung und das Jenseits, wird völlig verdrängt.
Wenn ich den Glauben daran verlieren würde, würde ich auf der Stelle aus dem Islam austreten. Denn das ist DER ZWECK der Religion, alle Dialoge, politischen Parteien, Gesetze usw. haben demgegenüber keinen Wert. Wenn die Ausrichtung auf das Jenseits verloren geht und das Jenseits angeblich schon in dieser Welt im Herzen der Gläubigen ist (so ähnlich wird es ja in Anlehnung an das Johannesevangelium gerne hingestellt), ist der Seinszweck des Menschen und der Sinn der Offenbarung obsolet!