Wo ich jafrael durchaus Recht gebe ist, dass immer die Gefahr besteht, bei solchen Menschen mit einem Inneren Wort oder eines Sehers, dass man ihnen "hörig" wird und irgendwann alles kritiklos glaubt, wobei der Verstand allmählich ausgeschaltet wird.
Von daher lasse ich Kritik durchaus gelten. Wie sich die Menschen (auch ohne diese Prophetien) allmählich ihr eigenes Grab schaufeln, kann man auch mit offenen Augen so sehen, das ist richtig. Und da kann man hinsehen wo man will. Umweltzerstörung, Kriege, Habgier, Machtgier, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Armut usw...
Wenn es aber nun Menschen gibt und gab, die das alles schon zum Voraus gesehen haben, liegen sie dann falsch? Oder waren sie deswegen überflüssig?
Wenn der Lauf der Dinge nun mal so ist wie er ist und der Mensch wie immer, blind in den Abgrund läuft, ei da können die Seher ja nix für, wenn sie den Abgrund schon im Voraus sehen und die Mitmenschen dadurch warnen? Auch wenn es diese Seher nicht gäbe und man von alledem also nichts wüsste, würde es ja nicht anders verlaufen.
Was nun diese Fäkalsprache angeht, die bei Lorber zum Teil sehr drastisch aufkommt, da war Martin Luther, um nur mal ein Beispiel zu nennen, auch nicht sonderlich besser. Trotzdem kann man Luther deswegen nicht gleich verteufeln und alles was er aus Überzeugung an der Kirche verändern wollte, schlecht reden. Seine 95 Thesen waren notwendig ! Und seine Bibelübersetzung ins Deutsche ist meines Erachtens noch immer eine der besten überhaupt. Trotzdem hatte auch Luther ziemlich derbe, antisemitische Sprüche drauf. Jeder Mensch hat eben zwei Seiten, mehr oder weniger stark ausgeprägt in sich.
Würdest du aufgrund der antisemitischen, ebenfalls im heutigen Sinne rassistischen Fäkalsprache Luthers, diesen auch so einstufen, dass seine Gesamtmotivation lediglich und ausschließlich aus dieser inneren Judenfeindlichen Haltung heraus stammt? So wie sich Luther zum Teil über Juden geäussert hat, das zieht einem genauso die Schuhe aus, nur das wird eben auch nicht so gerne öffentlich gemacht. Vielleicht auch deswegen, weil sich ein zweites mächtiges Standbein der Christenheit daraus gebildet hat, nämlich die Evangelische Kirche. Wäre Luther gescheitert, würde man nun auch über diesen entsprechend herziehen. Das alleine kann doch kein Kriterium sein in Bezug auf das Gesamtwerk?
Es wird den Weltverbesserern und den Neuerern aber in der Tat oftmals zu leicht gemacht, oder sagen wir, sie nutzen den Zerfall der sich ohnehin überall findet, im religiösen Sinne, im kulturellen Sinne, im wirtschaftlichen und politischen Sinne dann auch zu ihren Zwecken aus. Und in Krisenzeiten oder Umbruchszeiten ist das auch nicht sonderlich schwer. Nur dadurch konnte sich der Kommunismus in Russland verfestigen, nur dadurch konnte sich der Nationalsozialismus in Deutschland überhaupt erst durchsetzen. Wären zu dieser Zeit stabile wirtschaftliche und politische Verhältnisse in Deutschland gewesen, hätte ein Hitler gar keine Chance gehabt, jemals an die Macht zu kommen.
Insofern kann man es denen, die durch die falschen Versprechungen eines Hitlers sich haben blenden lassen und seine wahren Absichten nicht sofort erkennen konnten, auch keine sonderliche Schuld anlasten. Im Nachhinein sind wir alle schlauer.
Auch in Hitler sahen viele ihren Erlöser. Aber dass es ein reißender Wolf im Schafspelz war, erkannten nur wenige, zumindest Anfangs. Wenn also jemand auftritt, der einen neuen Kodex anbietet, wird es ihm in solchen Zeiten wie auch diesen, relativ einfach sein, Menschenmassen dafür zu begeistern. Diese Gefahr besteht grundsätzlich. Andererseits sind die Menschen irgendwann ihre alten Werte eben auch nichts mehr wert, ihre alten Grundsätze haben sie nur ins Unheil gestürzt und die Zeit ist dann ohnehin Reif für eine Veränderung, weil die Menschen sie auch wollen. Und nicht jeder Umbruch ist deswegen von vorne herein zu verurteilen. Luther hat auch einen Umbruch im Glauben geschaffen, allerdings einen sehr radikalen. Mit den Folgen müssen wir heute leben, aber eine zweite Kirche neben der ursprünglichen hatte er eigentlich ja gar nicht gewollt.
Auch die Grundideen des Kommunismus an sich, sind ja so gesehen nicht schlecht. Karl Marx und Friedrich Engels wollten ursprünglich eine Verbesserung der Arbeiterbedingungen, eine gerechtere Verteilung von Kapital und Arbeit. Aber und das schreiben sie in ihren Werken eben auch: Durch eine Revolution.
Das kritiklose Glauben, das blinde Glauben, wenn ich es mal so sagen darf, wo Verstand und Vernunft ausgeschaltet werden, lehne ich ebenfalls ab. Aber ebenso lehne ich auch das kritiklose und blinde Glauben an die Wissenschaft ab. Alles kann zum Fluch oder zum Segen werden. Die Erkenntnisse in der Atomphysik an sich sind gut, aber es kommt eben immer darauf an, was man daraus macht. Man kann grundsätzlich alles missbrauchen. Die Atombombe war ein Missbrauch dieser in den Grundbaustoffen unserer materiellen Welt schlummernden Kräfte. Deswegen ist die Atomphysik weder gut noch böse. Da muss man einfach unterscheiden und differenzieren.
Glaube an sich ist weder gut noch schlecht. Es kommt auch da darauf an, was man draus macht. Nutzt man diesen zum Segen oder zum Fluch? Zum guten oder zum schlechten? Schlechte Beispiele gibt es ja leider zu Hauf. Das liegt aber meiner Ansicht nach nicht am Glauben, sondern an den Menschen. Falsch verstandener Glaube, oder auch kritkloser Glaube, blinder Gehorsamsglaube birgt Gefahren in sich, überhaupt keine Frage. Die gleichen Gefahren sehe ich aber auch, wenn die Menschen sich durch die kühnen Errungenschaften in Wissenschaft und Technik dahinreißen lassen und alles was machbar ist, auch machen wollen. Also im Bereich Atomtechnologie oder auch Gentechnologie sehe ich genauso die Gefahr, dass ein zu gutmütiges, kritikloses Hinnehmen und ausprobieren zu ungeahnten Katastrophen führen kann wie ein gutmütiges, kritikloses Hinnehmen von irgendwelchen Glaubenspostulaten.
Deswegen heißt es ja auch: Prüfet alles - und das Gute behaltet.
@coelus