@SamaelCrowley Die Formulierung "Die Bibel befürwortet es in keiner Weise, Kinder im Zorn zu verprügeln" schließt aber ein verprügeln "in Liebe" nicht aus, oder?
"Auch ich habe meine Kinder mißhandelt". Mit dieser Schlagzeile sorgte im September 1993 ein ehemaliger Zeuge Jehovas, langgedienter Sonderpionier und Ältester, für Aufsehen. Der Journalistin gegenüber berichtete er schonungslos über die gewalttätigen Methoden der Kindererziehung bei den Zeugen, die noch dazu biblisch begründet werden.
Wenn die Kleinen bei den stundenlangen Zusammenkünften in der Versammlung begannen, unruhig zu werden, gingen Vater oder Mutter mit ihnen aus dem Saal. Jeder wußte, was draußen passierte: Sie wurden verdroschen.
Die WTG-Literatur gibt tatsächlich zahlreiche Hinweise, die recht handfest zur "richtigen" Kindererziehung raten. So heißt es im sogenannten "Paradiesbuch", das 1989 erschien und damit keineswegs veraltet ist, im Kapitel "Das Familienleben glücklich gestalten" in dem Abschnitt "Die nötige Zucht erteilen":
"Kinder brauchen Zucht ... Wenn Eltern ihre Kinder in Zucht nehmen, auch wenn das körperliche Züchtigung oder den Entzug von Vorrechten einschließen mag, ist das ein Beweis dafür, daß sie ihre Kinder lieben. Denn die Bibel sagt: ,Wer ... [seinen Sohn] liebt, der sucht ihn sicherlich heim mit Züchtigungen."
Die WTG beruft sich dabei auf Bibelstellen wie Sprüche 29,15: "Die Rute und Zurechtweisung sind das, was Weisheit gibt; aber ein Knabe, dem freier Lauf gelassen wird, wird seiner Mutter Schande bereiten."
Auch unsere Interviewpartner haben ihre Erfahrungen mit dieser Form der Kindererziehung gemacht, die einen, indem sie sie praktizierten, die anderen, indem sie sie erlitten. Beate Frauendorfer, die als Zeugin Jehovas auf gewachsen ist, wurde nicht geschlagen, weil sie ein ausgesprochen ruhiges, angepaßtes Kind war. Sylvia Wolf hatte dafür umso ärger zu leiden, und zwar vor versammelter Zeugen-Gemeinde, die der besonders brutalen Handlungsweise ihrer Mutter tatenlos zusah:
"Für ein kleines Kind ist es etwas völlig Abnormales, zwei Stunden ruhig zu sitzen, ohne sich zu bewegen, und nur starr auf die Bühne hinaufzuschauen. Auch für mich war es eine Qual. Wenn ich einmal nicht so ruhig gesessen bin, wurde ich natürlich verklopft. Das war für mich besonders demütigend, weil meine Mutter nicht wie alle anderen Mütter die Praxis hatte, mit mir hinauszugehen. Ich durfte dabei auch nicht aufschreien oder weinen, weil es sonst gleich dreimal so viele Prügel gegeben hätte. Meine Mutter war sehr kräftig, man hat oft die fünf Finger in meinem Gesicht gesehen. Das ist aber vor der ganzen Versammlung passiert. Das war völlig normal, niemand hat meine Mutter zurechtgewiesen.
Ein Erlebnis beschäftigt mich noch heute. Ich war ungefähr 13 Jahre alt, als ich während eines Vertrages aufs Klo mußte. Ich habe eine schwache Blase und konnte es einfach nicht mehr zurückhalten. Ich habe es meiner Mutter mehrere Male ins Ohr geflüstert, sie hat mir aber verboten aufzustehen. Ich bin dann trotzdem gegangen, weil ich sonst in die Hose gemacht hätte. Das war in diesem Versammlungssaal im Keller. Als ich zurückgekommen bin, ist im finsteren, kalten Kellergang meine Mutter gestanden mit einem jungen Mann, der 10 Jahre älter war als ich. Meine Mutter hat mich fürchterlich beschimpft und gesagt, weil ihr der Arm heute weh tue, würde mir jetzt der XY die Strafe verabreichen. Ich mußte den Rock hinaufgehen, Strumpfhose und Unterhose hinunterziehen und bekam von diesem Mann den nackten Hintern versohlt.
Das sind Demütigungen, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde. An denen arbeitet man ewig."
Die Erlebnisse von Frau Wolf sind sicher Extremfälle. Nicht alle Zeugen Jehovas sind so skrupellos brutal wie Sylvia Wolfs Mutter. Aber dennoch muß man sagen, daß Schläge nicht die Ausnahme, sondern die praktizierte Regel sind! Unterstützt, gefördert und sogar gefordert von den Publikationen der WTG, die dazu wahllos Bibelstellen heranzieht und sie als direkte Anweisung eines Gottes Jehova für die heutigen Menschen versteht!
http://www.manfred-gebhard.de/ForumsarchivA156.htm (Archiv-Version vom 10.05.2016)