Aufstieg der Menschheit in ein neues Zeitalter
04.01.2008 um 20:22
Hallo Lucia und Jalla :)
Danke für den Link, ist interessant und ich denke wir sollten versuchen nicht in die extremen Positionen uns hinzubewegen und diese etwa als Schlag- „Argumente“ verwenden, denn die Extrempositionen verschaffen Polarität und Polarität beginnt zu trennen und wenn wir trennen verlassen wir die Einheit, Uneinheit bedeutet auch eine Disharmonie und somit das Ausbleiben unbedingter Liebe, sie bleibt also in weiter Ferne... ;)
Ich denke ferner, dass wir in Betrachtung bei der Herausgabe „verkappter Religionen“ von Bry auch die damalige Zeit und sein durchaus sehr interessantes Leben (Aufwachsen, Elternhaus, Umgebung etc.) unbedingt vergegenwärtigen sollten und dann werden wir auch das von ihm beschriebene Prinzip erkennen und dabei ruhiger werden, denn Prinzipien sind meistens zeitlos, vielleicht ist es ja dies, was vielleicht Jalla dazu bewegt hatte ihn zu zitieren?
Interessant ist ja auch, dass in dem von Dir zitierten Link folgende Sätze zu lesen sind:
Zu allen Zeiten erheben sich spitze Federn, welche die Irrtümer und Einbildungen der Zeit mit einer oft nur scheinbaren Unparteilichkeit aufspießen und zu einer rasch einschrumpfenden Schädlingssammlung vereinigen. Darum aber handelte es sich bei Bry eben nicht, und das hätte uns auch nicht angezogen. Ohne schon fähig zu sein, es zu begründen, spürten wir doch hinter diesen wie leicht hingewehten Urteilen und Deutungen [14] eine strenge Systematik, die eben ihre Wurzel in dem Begriff der »Verkappten Religionen« hatte, spürten eine besondere Bindung zur Zeitgeschichte, die mehr war als die eines reflektierenden Zeitgenossen, weil sie auf einem wirklichen Verstehen der geistigen und seelengeschichtlichen Besonderheit der Epoche beruhte, womit nicht nur die Zwanzigerjahre gemeint sind.
Sowie:
Es war auch nicht die frische, lebendige Polemik an sich, die uns lockte. Dazu traf sie neben dem, was uns nicht so sehr interessierte, zu vieles von dem, was uns lieb war.
In dem langen Katalog, der von der Kunst der Selbstbemeisterung bis zu den Anhängern der Fließ'schen Periodik ging, von der Esperanto-Bewegung bis zur Heimatkunst, von den Antisemiten bis zur »Ernsten Bibelforschung«, von der Faust-Deutung bis zur rhythmischen Gymnastik, [B]kurz alles umfaßte, was im heftigen Konkurrenzkampf miteinander wie in einem verwilderten Garten Anspruch auf die Gefolgschaft gläubiger Seelen erhob, blitzte der erste Strahl eines entschiedenen, aber menschenfreundlichen Rationalismus auf, der die Epoche traf.
Es war die Darlegung eines Mechanismus, der mit jeder beliebigen Ausrichtung in Bewegung gesetzt werden konnte, als Brennstoff aber immer etwas gebrauchte, was bisher nur die Religionen in Anspruch genommen hatten: [B]die menschliche Glaubenskraft.
Vor unseren Augen wurde der Mechanismus weiter auseinandergenommen, sein Prinzip enthüllt: nämlich immer eine einzige Sache, am liebsten eine, die sich mit allen großen Menschheitsfragen verbinden ließ, aber auch Dinge, um die sich ein normaler Mensch, auch ein sogenannter »Interessierter«, nur am Rande bekümmerte, wie die Frage, ob Shakespeare eigentlich Bacon war, oder die Frage, inwieweit Genie Wahnsinn sei, zum allein Wichtigen in der Welt zu erheben, [B]eben sie zur Religion zu machen - aber, und darin lag gerade das Kennzeichnende der Erscheinung, [B]ohne daß je von Religion die Rede war.
Es wurde uns gezeigt, wie dann in diesen Mechanismus das Gebläse der Überzeugung eingesetzt wurde, bis das Ganze sich ausdehnte [15] und immer mehr ausdehnte, ohne aber auf natürlichem Wege auseinanderzufallen, weil zuviel Menschen ihren Glauben, ihre Energie und oft auch ihr Leben darangesetzt hatten.
Es wurde uns weiter gezeigt, wie die Dinge, Probleme, Aufgaben, die zu den Ansatzpunkten solcher verkappten Religionen gemacht wurden, eben dadurch der Denaturierung, der Entleerung verfielen und ihr ursprüngliches Recht auf Aufmerksamkeit und Dienst, das sie vielleicht besaßen, verloren.
»Verkappte Religionen«, das hieß, daß die Schuld und das Verhängnis nicht so sehr darin lagen, daß sie »Religion« waren, sondern daß sie als solche verborgen blieben, daß sie sich also über ihre eigene Beschaffenheit nicht klar wurden und klar werden wollten.
Die Wirkung des Buches war sofortig und durchdringend. Sie war auch in einem gewissen Sinne allgemein. Denn hinzukam, daß die »Verkappten Religionen« C. C. Brys zu den Büchern gehören, deren Titel nicht nur die exquisit leitende, schimmernde Ankündigung eines reichen, sorgfältig ausgebauten und in sich verfestigten Reichtums war.
Der Titel konnte sich auch durch das, was er hinter sich hatte, von dem Buch ablösen und eine eigene Macht gewinnen.
(vielleicht ist es gerade dieser Punkt…) ;)
»Verkappte Religionen«, das war auch für diejenigen, die sich nicht die Mühe machten, das Buch zu lesen, eine magische oder richtiger [B]anti-magische Formel. Sobald sie angewandt wurde - wenn man sie nicht vergaß, und darum war es doch vielleicht gut gewesen, das Buch wirklich zu lesen - zerstob mancher mächtige Anspruch, der darum so gefährlich war, weil er die besten Eigenschaften des Menschen, seine Hingabefreudigkeit und seine Lust zum Vertrauen, aber auch seinen Willen, etwas Gutem zu dienen, zu Verbündeten aufzurufen wußte.
…Es ist aber auch der Boden, auf dem der Nationalsozialismus wuchs. Der Spürsinn, mit dem Bry auf die neuralgischen oder explosiven Punkte weist, ist erstaunlich: etwa auf den Widerspruch zwischen betontem Nationalismus und einem Separatismus, der die wahre Einheit der Nation aufhebt, oder auf die Bedeutung der Auseinandersetzung zweier Temperamente wie des Kardinals Faulhaber und Adenauers, deren spätere große Rolle ja damals niemand ahnen konnte. usw. usf.
Auskunft über Brys eigentliche geistige Stellung muß aber verständnisvollerweise von woanders hergeholt werden als aus den Verzeichnissen seiner Tagesarbeit: aus den Abhandlungen, die er an so weit auseinanderliegenden Orten wie dem [B]katholischen »Hochland« und der »Christlichen Welt«, der Zeitschrift des Verlages der »Verkappten Religionen«, oder der sozialistischen »Münchner Post« veröffentlichte.
Am merkwürdigsten und sympathischsten wirken hier seine Arbeiten über Shaw und Chesterton, die im »Hochland« erschienen. Carl Christian Bry dürfte wohl der einzige Mensch und gar Schriftsteller gewesen sein, der es fertigbrachte, »G. B. S.« und »G. K. Ch.« gleichzeitig zu schätzen. War doch im zeitgenössischen England die bloße Gegenübersetzung der beiden Buchstabengruppen das Sinnbild des Streits zwischen dem Modernen oder vermeintlich Modernen und dem Konservativen oder vermeintlich Konservativen, eine Formel, welche einen über beide Persönlichkeiten hinausgehenden Kampf andeutete...
...Noch weniger soll verwehrt, vielmehr angeregt werden, nach diesen Prinzipien die Frage nach den »Verkappten Religionen« in der Gegenwart zu stellen.
Dabei wäre etwa zu prüfen, ob bestimmte heutige Erscheinungen die Bezeichnung der »Verkappten Religionen« wirklich verdienen, beispielsweise die Anwendung mathematischer Methoden an Orten, wo sie nicht hingehören, wie in der Biologie, Psychologie, Philosophie, oder die triumphierende Verherrlichung der Akausalität, oder ob es sich nur um Moden oder allenfalls um vorübergehende Kulte handelt.
Notwendig ist aber noch, wenigstens annähernd zu umreißen, in welchem größeren, geistesgeschichtlichen Zusammenhang oder in welcher Nachbarschaft sich Brys Position befindet. Dabei ist zunächst zu erinnern, was die »Verkappten Religionen« eigentlich definiert.
Es ist nicht so sehr, daß sie Religionen sind, sondern daß sie sich dessen [B]nicht bewusst sind, daß sie sich in ihrem religiösen Antrieb vor sich selber verhüllen und verschleiern und sich in dem Gewand einer Wissenschaft, einer Wertung oder einer Willenshaltung verstecken. Hier ergeben sich nun Parallelen, aber auch nur Parallelen zu den Leistungen der bereits erwähnten südwestdeutschen Gruppe der Geistes- und Kulturgeschichte, wie sie durch die Namen [38] Max Weber und Ernst Troeltsch bezeichnet wird. Deren Leistung bestand darin, die unsichtbare, unbemerkte und völlig unbewußte Rolle theologischer Haltungen, etwa des Prädestinationsglaubens, für die Entstehung der modernen Gesellschaft und Wirtschaft nachzuweisen, ein Bestreben, das sich zunächst auf den protestantischen Teil Amerikas und Europas richtete, dann aber durch Franz Xaver Kraus und Bernhard Groethuysen auch auf die katholischen Gebiete ausdehnte.
Diese Forschungsrichtung ist mit Bry gleichzeitig oder geht ihm noch etwas voraus. Selbstverständlich handelt es sich bei ihr nicht eigentlich um »Verkappte Religionen« oder wenigstens nur zu einem Teil. Denn von der bewußt weiter bekannten und geglaubten Religion wird lediglich ein Teil »verkappt«, er sinkt ins Unbewußte und wird eben dadurch zu einem mächtigen dynamischen Antrieb, der nun gerade Dinge hervorbringt, die zu dem offenbaren Inhalt der weiter bekannten Religionen in sonderbarem Gegensatz stehen, so die puritanische Askese des Calvinismus zu der von ihm mit herbeigeführten Steigerung der kapitalistischen Wirtschaft.
Bry hat nicht den verhältnismäßig bequemen Weg gewählt, der ja damals schon in der protestantischen Theologie selber beschritten wurde, nämlich wie so viele andere Übel und geistige Abirrungen auch die Erscheinung der »Verkappten Religionen« auf den modernen Kulturprotestantismus zurückzuführen. Die Frage ist vielmehr, wie sie der geschichtliche Vergleich zu stellen zwingt: nämlich warum nur auf christlichem Boden »verkappte Religionen« entstanden sind und wahrscheinlich auch nur entstehen konnten.
Zusammengefaßt könnte man die »verkappten Religionen« also auch als Neurosen des religiösen Triebes im Menschen definieren, wenn wir diesen an sich bedenklichen Ausdruck hier einmal für einen Augenblick als Arbeitswerkzeug gebrauchen wollen. Was aber die neue, tiefere Anschauung von der älteren unterscheidet, ist, daß man nicht mehr die Neurosen selber als die Krankheit ansieht, die anzugehen und zu behandeln ist, sondern nur als Symptom, als Zeichen eines Vorgangs, in welchem ein vielleicht ursprünglich berechtigtes Streben nach Heilung einer Verletzung, nach Erfüllung des persönlichen Daseinsentwurfes, nach Ausweitung der allgemeinen Lebenssphäre durch die äußeren wie durch die inneren, aus dem Ich selber kommenden Hemmungen und Hindernisse eine krankhafte Erscheinungsform aufgezwungen erhält.
Schon in den »Verkappten Religionen« selber stellt Bry Warnungsschilder dagegen auf, in bequemer Weise das Zeichen für die Ursache zu halten.
Schon in den »Verkappten Religionen« selber stellt Bry Warnungsschilder dagegen auf, in bequemer Weise das Zeichen für die Ursache zu halten. In seinem bisher nur als Privatdruck zugänglichen »Nachwort«, das der Öffentlichkeit zugänglich zu machen ein weiteres Verdienst dieser Neuausgabe der »verkappten Religionen« ist, gibt Bry in wahrer ärztlicher Gesinnung Auskunft über diese Ursache. Dies Nachwort ist auch dadurch bemerkenswert, daß sich hier ein Schriftsteller erfolgreich von seinem eigenen Erfolg distanziert. Bry weigert sich ironisch, nun aus dem mit großer Wirkung lancierten Begriff eine weitere »verkappte Religion« machen zu lassen...
Der Entdecker der »verkappten Religionen« bringt auch ihre Rechtfertigung. Sie sind pathologische Verhüllungen, aber [42] was sie verhüllen, sind Mangelerscheinungen. So sind sie gewissermaßen Ödeme, Aufschwellungen aus Hunger. Bry meint nun, daß dieser Hunger aus verweigerter Nahrung stammt. Und wer die Nahrung verweigert hat, sind die »offenen«, legitimen Religionen...
Das Prinzip, welches er beschrieben hat, ist so aktuell wie noch nie… :D ;)[/b2][/b1][/b0][/b][/b][/b][/b]