Jesus ist vollständig Gott UND vollständig Mensch
19.10.2007 um 22:28
Heraus also mit der Religion aus den Köpfen und nieder mit den Pfaffen! Die Letzteren pflegen zu sagen, der Zweck heilige das Mittel. Wohlan! Wenden wir diesen Grundsatz endlich auch gegen sie an! Unser Zweck ist die Befreiung der Menschheit aus jeglicher Sklaverei, aus dem Joche sozialer Knechtschaft, wie aus den Fesseln politischer Tyrannei, nicht minder, ja vor Allem, aus dem Banne religiöser Finsterniss. Jedes Mittel zur Erreichung dieses hohen Zieles muss von allen wahren Menschenfreunden für recht erkannt und bei jeder sich darbietenden Gelegenheit in Anwendung gebracht werden.
Jeder religionslose Mensch begeht eine Pflichtvernachlässigung, wenn er täglich und stündlich nicht Alles aufbietet, was in seinen Kräften steht, die Religion zu untergraben. Jeder vom Gottesglauben Befreite, der es unterlässt, das Pfaffenthum zu bekämpfen, wo und wann und wie er nur immer Gelegenheit dazu hat, ist ein Verräther seiner Sache. Also Krieg dem schwarzen Gesindel-unversöhnlicher Krieg bis auf's Messer! Aufreizung gegen die Verführer, Aufklärung fürdie Verführten! Lasset uns jedes Mittel des Kampfes in unsere Dienste nehmen: Die Geissel des Spottes, wie die Fackel der Wissenschaft; wo diese nicht zureichen,-greif-und fühlbarere Argumente!
Vor Allem hüte man sich, in der Arbeiterbewegung Gottesphrasen und Religionsgefasel schweigend mitanzuhören. So wenig in dem Lager der sozialen Revolution-und was ausserhalb desselben steht, ist eben reaktionär-monarchische Agitationen oder Privateigenthums-Beschönigungen Raum finden können, so wenig ist in demselben Platz für göttlichen Blödsinn. Und, wohl gemerkt: je "anständiger" Diejenigen erscheinen, welche das verfluchte Religionsblech mit den Arbeiterbestrebungen vermischen wollen; je "besser" deren Ruf ist destogefährlicher sind sie. Wer den Gottesschwindel in irgend einer Form predigt, kann nur ein Dummkopf oder ein Schurke sein. Beide Sorten taugen nichts zur Förderung einer Sache, welche nur dann ihr Ziel zu erreichen vermag, wenn sie steht und sich der Ehrlichkeit ihrer Verfechter erfreut.
Opportunitätspolitik ist da nicht blos vom Uebel, sie ist ein Verbrechen. Lassen die Arbeiter irgend welche Pfaffen sich in ihre Angelegenheiten mischen, so sind sie nicht nur belogen und betrogen, sondern auch alsbald verrathen und verkauft.
So selbstverständlich es ist, dass der Hauptkampf des Proletariats sich gegen den Kapitalismus zu richten hat und mithin auch auf die Zerstörung des Gewaltmechanismus desselben, des Staates, abzielen muss, so wenig darf in diesem Kampfe die Kirche ausser Acht gelassen werden. Die Religion muss systematisch im Volke untergraben werden, wenn dasselbe zu Verstand kommen soll, ohne welchen es nicht die Freiheit erringen kann.
Für die Dummen, resp. Verdummten, so weit sie noch besserbar erscheinen, werfe man u. A. folgende Fragen auf:
Wenn Gott will, dass man ihn kenne, liebe und fürchte, warumzeigtersichnicht? Ist er so gut, wie die Pfaffen sagen, welchen Grund hat man, ihn zu fürchten? Ist er allwissend, weshalb belästigt man ihn mit seinen Privatangelegenheiten und Gebeten? Ist er allgegenwärtig, wozu ihm Kirchen bauen? Ist er gerecht, weshalb denkt man denn, er werde die Menschen bestrafen, welche er voller Schwächen erschuf? Thun die Menschen nur aus Gottes Gnade Gutes, welchen Grund hätte er dann, sie dafür zu belongen? Ist er allmächtig, wie könnte er es zulassen, dass wir ihn lästern? Ist er aber unbegreiflich, weshalb beschäftigen wir uns mit ihm? Ist die Kenntniss von Gott nothwendig, weshalb schwebt er im Dunkel? U.s.w. Vor solchen Fragen steht der gläubige Mensch, wie ein Ochs vor dem Berge.
Jeder Nachdenkende muss aber zugeben, dass nicht ein einziger Beweis für die Existenz eines Gottes je erbracht worden ist. Ausserdem liegt nicht die geringste Nothwenigkeit für die Existenz eines Gottes vor. So wie wir bereits die Eigenschaften und Regeln der Natur kennen, ist ein Gott in oder ausserhalb derselben geradezu zwecklos, gänzlich überflüssig und mithin ganz von selbst hinfällig. Sein "moralischer" Zweck ist noch nichtiger.
Es giebt ein grosses Reich, in welchem ein Herrscher regiert, dessen Verfahren den Geist seiner Unterthanen in Unordnung bringt. Er will gekannt, geliebt und geehrt sein, und Alles bemüht sich, die Begriffe zu verwirren, die man sich von ihm machen kann. Die Völker, welche seiner Gewalt unterworfen sind, besitzen über den Charakter und die Gesetze ihres unsichtbaren Souveräns bloss solche Ideen, als ihnen seine Minister mittheilen; diese hingegen geben es zu, dass sie selbst keine Vorstellung von ihrem Meister sich machen können, dass sein Wille unerforschlich, seine Ansichten und Eigenschaften unergründlich sind; so sind seine Diener unter sich selbst, nie einig über die Gebote, die sie von ihm auszugeben vorgeben, dessen Organe sie sich nennen; er verkündet dieselben in jeder Provinz seines Reiches verschieden; sie schmähen sich gegenseitig und Einer beschuldigt den Andern des Betruges und der Verfälschung. Die Edikte und Gebote, welche sie zu verkünden beauftragt zu sein vorgeben, sind dunkel; es sind Räthsel, die von den Unterthanen, denen sie zur Belehrung gegeben sein sollen, nicht verstanden und nicht errathen werden können. Die Gesetze des verborgenen Monarchen bedürfen der Erklärungen, doch Jene, die sie erklären, sind nie unter sich einig; Alles, was sie von ihrem verborgenen Fürsten erzählen, ist ein Chaos von Widersprüchen; sie sagen auch nicht ein Wort, das sich nicht auf der Stelle als Lüge erweisen liesse. Man nennt uhn ausserordentlich gut; dennoch giebt es auch nicht einen Menschen, der sich nicht über seine Beschlüsse beklagt. Man nennt ihn unendlich weise, und in seiner Verwaltung scheint Alles der Vernunft und dem gesunden Verstand entgegen zu sein. Man rühmt seine Gerechtigkeit und die besten seiner Unterthanen sind gewöhnlich die am wenigsten Begünstigten. Man versichert, dass er Alles sieht, und seine Allgegenwart heilt nichts. Er ist, sagt man, ein Freund der Ordnung, und in seinem Staate ist Alles in Verwirrung und Unordnung. Er thut Alles aus sich selbst, aber die Ereignisse entsprechen selten seinen Plänen. Er sieht Alles voraus, aber er weiss nicht, was da kommen wird. Er lässt sich nicht ungestraft beleidigen und dennoch duldet er die Beleidigung eines Jeden. Man bewundert sein Wissen, die Vollkommenheit seiner Werke, dennoch sind seine Werke unvollkommen und von kurzer Dauer. Er schafft, zerstört und verbessert an dem, was er gemacht hat, ohne je mit seinem Werke zufrieden zu sein. Bei allen seinen Unternehmungen sieht er nur auf seinen eigenen Ruhm, dennoch erreicht er den Zweck, allgemein gerühmt zu werden, nicht. Er arbeitet bloss an dem Wohlergehen seiner Unterthanen, aber denselben mangelt grösstentheils das Nothwendigste. Jene, die er am meisten zu begünstigen scheint, sind gewöhnlich am wenigsten mit ihrem Schicksal zufrieden; man sieht sie fast Alle stets gegen einen Herren sich auflehnen, dessen Grösse sie bewundern, dessen Weisheit sie rühmen, dessen Güte sie verehren, dessen Grechtigkeit sie fürchten und dessen Gebote sie heiligen, welche sie nie befolgen.
Dieses Reich ist die Welt; dieser Herrscher ist Gott; seine Diener sind die Pfaffen, die Unterthanen die Menschen,--eine schöne Gegend!
Der Gott der Christen speziell ist, wie wir gesehen haben, ein Gott, der Verheissungen macht, um sie zu brechen; der Pest und Krankheiten über die Menschen kommen lässt, um sie zu bessern. Ein Gott, der die Menschen nach seinem Ebenbilde schuf und doch nicht der Urheber des Bösen sein soll; der sah, dass alle seine Werke sehr gut waren, und doch bald vernahm, dass sie schlecht sind; der es wusste, dass die Menschen von der verbotenen Frucht essen würden, und dennoch dafür das ganze Menschengeschlecht verdammte.
Ein Gott, der so schwach ist, um sich vom Teufel überlisten zu lassen, so grausam, dass ihm kein Tyrann der Erde verglichen werden kann, das ist der Gott der jüdisch-christlichen Götterlehre.
Derselbe ist ein allweiser Pfuscher, der die Menschen vollkommen erschuf und sie doch nicht vollkommen erhalten konnte, der den Teufel erschuf und ihn doch nicht zu beherrschen vermag, ein Allmächtiger, der Millionen Unschuldiger verdammte wegen des Fehlers Einiger; der durch die Sündfluth alle Menschen vertilgte bis auf einige, und ein neues Geschlecht erzeugen liess, nicht besser als das frühere; der einen Himmel machte für Thoren, die an die Evangelien glauben, und eine Hölle für die Wiesen, die sie verwerfen. -Er ist ein göttlicher Quacksalber, der sich durch den heiligen Geist selbst erzeugte; der sich selbst als Vermittler sandte zwischen sich selbst un Anderen; der, verachtet und verhöhnt von seinen Feinden, an ein Kreuz genagelt wurde wie eine Fledermaus an ein Scheunenthor; der sich begraben liess, von den Todten auferstand, die Hölle besuchte, lebendig in den Himmel fuhr und nun seit neunzehnhundert Jahren zur rechten Hand seiner selbst sitzt, um zu richten die Lebendigen und die Todten, dann, wenn es keine Lebendigen mehr geben wird. er ist ein schrecklicher Tyrann, dessen Geschichte mit Blut geschrieben sein sollte, weil sie eine Religion des Schreckens ist. Hinweg denn mit der christlichen Götterlehre; hinweg mit einem Gott, erfunden durch Priester des blutigen Glaubens, die ohne ihr wichtiges Nichts, womit sie Alles erklären, nicht länger im Ueberfluss schwelgen, nicht länger Demuth predigen und selbst im Glanze leben; nicht länger Sanftmuth predigen und Hochmuth üben, sondern durch die Aufklärung im den Abgrund der Vergessenheit geschleudert werden. Hinweg denn mit der grausamen Dreieinigkeit-dem mörderischen Vater, dem unnatürlichen Sohn, dem wollüstigen Geist! Hinweg mit all' den entehrenden Phantasmen, in deren Namen die Menschen zu elenden Sklaven entwürdigt und durch die Allmacht der Lüge von den Mühen der Erde auf die Freuden del Himmels verwiesen werden. Hinweg mit ihren, die mit ihrem geheiligten Wahne der Fluch der Freiheit und des Glückes sind!
Gott ist nur ein von raffinirten Schwindlern erfundenes Gespenst, vermittelst welchem die Menschen bisher in Angst erhalten und tyrannisirt wurden. Aber das Truggebilde zerfliesst sofort, wenn es unter dem Glase nüchterner Untersuchung betrachtet wird; und die betrogenen Massen werden unwillig, auf solche Popanzen noch länger zu achten, vielmehr führen sie den Pfaffen die Worte des Dichters zu Gemüthe:
"Ein Fluch dem Götzen, zu dem wir gebeten
In Winterkälte und Hungersnöthen.
Wir haben vergebens gehofft und geharrt;
Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt."
Sie lassen sich hoffentlich nicht mehr lange äffen, foppen und narren, sondern stecken eines schönen Tages die Kruzifixe und Heiligen in den Ofen, verwandeln die Monstranzen und Kelche in nützliche Geschirre, benützen die Kirchen als Konzert-, Theater-, oder Versammlungslokale, oder, falls sie dazu nichts taugen sollten, als Kornspeicher und Pferdeställe, hängen die Pfaffen und Nonnen in's Glockenhaus und können blos das Eine nicht begreifen: wieso es kam, dass nicht schon längst derartig verfahren wurde.
Dieser kurze, bündige und einzig praktikable Prozess wird sich natürlich erst im Sturme der kommenden sozialen Revolution vollziehen, d. h. in dem Augenblicke, wo man auch mit den Komplizen der Pfaffheit, den Fürsten, Junkern, Bureaukraten und Kapitalisten "tabula rasa" macht, Staat und Gesellschaft aber, gleich der Kirche, mit eisernem Besen gründlich ausmisten wird.