@wecandoit: Der Koran ist nicht vom Himmel gefallen, er ist in 23 Jahren allmählich in die Herzen der Menschen gewachen. So könnte man es auch ausdrücken. - Aber hinfällig ist er wohl nicht. Das hat auch der Herr Ömer Özsoy nicht gesagt - er sprach von den Umständen der Zeit und hieraus entsprechender stänig neuer Interpretation. - Hier war wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens...
Man muss eine Glaubensschrift immer Vergegenwärtigen, man lebt ja schließlich in der Gegenwart und nicht in der Zeit, in der eine Glaubensschrift entstanden ist. Das traf einmal zu, aber das bedeutet ja nicht, das es von da ab keine Entwicklung mehr gibt. Alles verändert sich beständig - die Hinterlassenschaften an Schriften verändern sich hingegen nicht. Das dürfen sie auch nicht, denn das wäre auch eine allmähliche Verblassung historischer Wahrheiten. Aber man muss sich die Schrift immer wieder vor Augen führen und mit dem hier und jetzt, dem eigenen Leben vergleichen. Man muss sich stets neu fragen: Was will mir die Schrift heute damit sagen? Wie kann ich sie im heute und jetzt anwenden und zeitgemäß umsetzen?
In einer Zeit wo es noch das Sklaventum gab, musste auch dieses in den Schriften Erwähnung finden, was aber nicht unbedingt den Rückschluss erlaubt, dass es deswegen Sklaven geben darf. In einer Zeit, wo die Frau hauptsächlich ihre Aufgaben in Küche, Kinder und Kirche hatte, muss man nicht rückschließen, dass dies immer so sein müsse und die Frau keinen Anspruch auf Selbstverwirklichung etwa in anderen Lebensbereichen habe.
Wichtig sind vielmehr die Grundwahrheiten zu erkennen, die bleiben eine Dauerhafte Orientierung, so sehr sich die Zeiten und Verhältnisse auch ändern.
Vieles ist sowohl im Christentum als auch im Islam weniger Religionsbedingt, sondern Traditionsbedingt und wird ständig mit ins Glaubensleben eingewoben. Das gilt es zu unterscheiden.
Man darf eine Schrift nicht der jeweiligen Zeit anpassen, man kann aber auch keine Zeit einer Schrift anpassen - das ist gar nicht möglich. Glaubensschriften, ob nun Bibel oder Koran sind Orientierungshilfen für das Glaubensleben. Es gilt in erster Linie sich selbst und sein eigenes Leben beständig zu prüfen - vor Gott. - Dazu kann eine Glaubensschrift sehr hilfreich sein. So muss man eine Glaubensschrift stets neu in Bezug setzen zur jeweiligen Zeit und ihren gegenwärtigen Verhältnissen um daraus dann eine wegweisende Orientierungshilfe zu erlangen. Das aber bedeutet nicht, dass die Grundwahrheiten laufend dem jeweiligen Zeitgeist abgeändert werden dürfen, denn dann wären sie keine Grundwahrheiten mehr.