Es gibt keinen Gott!
18.01.2013 um 15:16
Tacitus
Tacitus war schon zu Lebzeiten nicht nur als erfolgreicher Politiker, sondern auch als römischer Historiker bekannt. Er schrieb 116–117 seine teilweise recht kaiserkritischen Annalen, deren Bücher 13–16 die Regentschaft Neros beschreiben: Auf die ruhigen Anfangsjahre (A. 13) sei mit dem Brand Roms 64 eine Tyrannei gefolgt (A. 14–16). Nero habe vergeblich versucht, den Verdacht, er selbst habe die Brandlegung befohlen, durch alle möglichen Anstrengungen zu beschwichtigen. In diesem Zusammenhang erwähnte Tacitus die Christen:[23]
„Um das Gerücht aus der Welt zu schaffen, schob er die Schuld auf andere und verhängte die ausgesuchtesten Strafen über die wegen ihrer Verbrechen Verhassten, die das Volk ‚Chrestianer‘ nannte. Der Urheber dieses Namens ist Christus, der unter der Regierung des Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden war. Für den Augenblick war [so] der verderbliche Aberglaube unterdrückt worden, trat aber später wieder hervor und verbreitete sich nicht nur in Judäa, wo das Übel aufgekommen war, sondern auch in Rom, wo alle Greuel und Abscheulichkeiten der ganzen Welt zusammenströmen und gefeiert werden.“
Die Haltung des Tacitus war also ambivalent: Einerseits missbilligte er die grausame Christenverfolgung Neros als offensichtliche Ablenkung von eigenem Versagen, andererseits sah er die Christen als Verbrecher, die diese Strafe verdient hätten, und übernahm die populären Vorurteile gegen sie.
Woher sein Wissen von ihrem Glauben stammte, ist ungewiss: Angenommen werden kann, dass Tacitus in seiner Zeit als Prokonsul Asiens (112–113) wie Plinius der Jüngere (s. u.) mit der Ausbreitung des Christentums konfrontiert war und eigene Nachforschungen anstellte. Zudem verarbeiteten seine Annalen ältere, nicht erhaltene Quellen; schon Plinius der Ältere könnte den Brand Roms und die Christenverfolgung Neros verzeichnet haben. Die Bemerkung von der zeitweisen Unterdrückung des „Aberglaubens“ zeigt Kenntnis amtlicher Maßnahmen und wirkt nicht, als stamme sie von Christen. Jedoch unterlief Tacitus ein Fehler: Pilatus trug nach Philo und einer archäologisch aufgefundenen Inschrift[24] nicht wie die späteren Statthalter in Judäa den Titel Prokurator, sondern Präfekt (Statthalter).
Die Formulierung der Notiz gibt keinen Hinweis auf unabhängige Nachforschungen des Tacitus über ihren Wahrheitsgehalt. Er sah offenbar keinen Anlass zu bezweifeln:
„Christus“ sei ein als Verbrecher durch Pilatus hingerichteter Jude,
er sei der Urheber der aus Judäa stammenden religiösen Bewegung, die in Rom als „Chrestianer“ bekannt und verhasst waren.
Plinius der Jüngere
Dieser Schriftsteller war um 110 Statthalter in Bithynien (heute Izmit, Türkei) und führte einen regen Briefwechsel mit Kaiser Trajan, u. a. über den Umgang mit den Christen seines Regierungsbezirks. Seine Epistola 10, 96,7 nimmt ausführlich zu seinen Verhörmethoden und den damaligen Gebräuchen der Christen Stellung. Darin heißt es:[25]
„Denen, die bestritten, Christen zu sein oder gewesen zu sein, sprach ich die Formel vor und ließ sie die Götter anrufen und zu Deinem Standbild … mit Weihrauch- und Weinspenden beten und außerdem Christus lästern. Daraufhin konnten sie meines Erachtens freigelassen werden. Denn zu all dem sollen sich wahre Christen nicht zwingen lassen. […]
Sie versicherten, ihre ganze Schuld oder ihr Irrtum habe darin bestanden, dass sie sich regelmäßig an einem bestimmten Tag vor Dämmerung versammelten, um Christus als Gott ein Lied darzubringen und sich durch Eid zu verpflichten - nicht etwa zu einem Verbrechen, sondern zur Unterlassung von Diebstahl, Raub, Ehebruch, Treulosigkeit, Unterschlagung von anvertrautem Gut.
Umso mehr hielt ich es für notwendig, von zwei sogenannten ‚Dienerinnen‘ die Wahrheit auch noch durch Folter zu erforschen. Ich fand nichts als absurden, maßlosen Aberglauben. […] Denn nicht nur über die Städte, auch über die Dörfer hat sich die Seuche dieses Aberglaubens verbreitet. Doch es scheint möglich, sie einzudämmen und auszutilgen.“
Aus diesem Schreiben geht hervor, dass das Christentum sich bereits auf dem Land verbreitet hatte, so dass es zum Problem für den Kaiserkult wurde. Dessen Tempel verödeten. Plinius probierte allgemeine Verfolgungsmaßnahmen aus und ersuchte den Kaiser um rechtliche Bestätigung dafür.
Indirekt erfährt man, dass die Christen damals jeden Sonntag wie in der Osternacht vor Tagesanbruch Gottesdienst feierten, dabei sangen und die Einhaltung der Zehn Gebote bekräftigten. Ihre „Dienerinnen“ (Hausangestellte) waren in der Christengemeinde gleichgestellt und wurden nicht als Sklaven behandelt, was offenbar das besondere Misstrauen des Plinius weckte. Im Verhör verheimlichten sie ihren Glauben an „Jesus als Gott“ gegenüber den römischen Behörden nicht, stellten aber ihre Einhaltung der biblischen Gebote als gutes Staatsbürgerverhalten dar. Deshalb fragte Plinius den Kaiser:[26]
„Ist der Christenname [das Glaubensbekenntnis] an sich strafbar, auch wenn kein Verbrechen vorliegt, oder sind es nur die Verbrechen, die mit dem Namen zusammenhängen?“
Um herauszufinden, ob die Christen Staatsfeinde seien, drohte er ihnen mit der Todesstrafe und folterte einige von ihnen. Daraufhin ließen wohl viele verhörte Christen von ihrem Glauben ab und wurden dann vorerst freigelassen.
(Aus Wiki.)