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Anti-Gottesbeweis

84 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Gott, Beweis, Argumentation ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Anti-Gottesbeweis

19.07.2023 um 23:12
Ich habe einen Beweis logisch aufgebaut, der mittels Prämissen und Schlussfolgerungen aufzeigt, dass die Existenz von Gott nicht möglich ist.

Prämissen:
1. Eine Entität, die eine Struktur besitzt, ist abhängig von dieser Struktur.
2. Wissen benötig eine Struktur, da es sich aus der Verbindung von mehreren Informationen bildet.
3. Gott ist von Nichts abhängig.
4. Gott hat Wissen.

Schlussfolgerung:
Eine Existenz hat entweder eine Struktur oder keine Struktur, beides zugleich ist nicht möglich. Hat Gott Wissen, so bedingt das eine Struktur von der er abhängig wäre. Wäre Gott unabhängig von Strukturen, kann er kein Wissen haben, da Wissen eine Struktur benötig. Daher ist die Existenz von Gott aufgrund dieses Widerspruchs nicht möglich.

Was hältst ihr von der Beweisführung? Ich würde mich freuen, wenn möglichst direkt auf die Inhalte des Arguments eingegangen wird.


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Anti-Gottesbeweis

19.07.2023 um 23:16
Nicht logisch.
Prämisse 3 und Prämisse 4 widersprechen einander. Prämisse 3 besagt, dass Gott von Nichts abhängig ist, während Prämisse 4 besagt, dass Gott Wissen hat. Wenn Gott von Nichts abhängig ist, kann er auch kein Wissen haben, da Wissen aus Verbindungen von Informationen stammt, die eine Struktur benötigen. Darüber hinaus gibt es viele Argumente und Gegenargumente bezüglich der Existenz Gottes, so dass es schwierig ist, einen schlüssigen Beweis zu finden.


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19.07.2023 um 23:21
Hmm, dass sich die Prämissen widersprechen, ist ja der Kern der Argumentation, da in der Schlussfolgerung auf den Widerspruch hingewiesen wird aus dem die Nichtexistenz folgt.
Wenn das nicht sauber formuliert ist: Wie muss ich dann die Prämissen aufstellen um zu meiner negierenden Aussage zu kommen?


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Anti-Gottesbeweis

19.07.2023 um 23:51
Ausserdem muss erst mal ausgesagt werden, welcher Gott überhaupt gemeint ist.

Wesentlich an Gott ist die Liebe (Johannesev. Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.)

Liebe ist aber keine Struktur. Die Liebe bezieht sich auf eine emotionale oder geistige Zustandsveränderung, die das Individuum durchläuft. In diesem Fall kann man argumentieren, dass die Liebe keine Struktur im klassischen Sinne besitzt.

Somit ist Gott eine Entität, die keine Struktur hat. Hat Gott Liebe, benötigt er keine Struktur, von der er abhängig wäre.
Liebe aber IST gleichzeitig Wissen, denn die Liebe ist ultimatives Ziel des menschlichen Daseins, da sie eine transformative und kraftvolle Kraft ist, die uns mit anderen verbindet und unsere Beziehungen zu anderen Menschen und der Welt um uns herum beeinflusst. Liebe ist ein Wissen um alles.

Insofern halte ich deine Schlussfolgerung nicht für folgerichtig. @DerHier


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20.07.2023 um 00:25
@altesgemäuer
Mein Beweis bezieht sich auf einen wissenden bzw. allwissenden Gott. (z. B. den Gott der Bibel und des Koran) Den Aspekt der Liebe habe ich für das Argument nicht als relevant gesehen.
Du ziehst eine Verbindung zwischen Liebe, Gott und Wissen, die mir etwas diffus erscheint. Über die ich aber gern nachdenken werde.
Für mich ist Liebe nur ein menschliches Gefühl, das damit sehr strukturiert ist. Da es in Gedanken und den menschlichen Organismus eingebettet ist. Ich habe das Gefühl, dass du allerdings etwas ganz anderes damit meinst?

Gott ist Liebe und dadurch unstrukturiertes Wissen. Wie ist hier zunächst das Konzept zu verstehen Gott mit etwas gleich zu setzen, anstatt zu sagen: Gott hat Wissen oder Gott empfindet Liebe (was ja der normale Gebrauch dieser Worte wäre) Heißt das, dass Gott kein Wissen und keine Informationen hat?


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20.07.2023 um 00:42
Nein, Wissen kann nicht strukturlos sein. Wenn, Gott meinen Namen kennt, dann ist mein Name eine geordnete Reihe von Buchstaben. Das ist eine Struktur und das ist ein Wissen. Damit kann Gott nicht Wissen sein, wenn er keine Struktur hat.


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20.07.2023 um 01:46
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Prämissen:
1. Eine Entität, die eine Struktur besitzt, ist abhängig von dieser Struktur.
2. Wissen benötig eine Struktur, da es sich aus der Verbindung von mehreren Informationen bildet.
3. Gott ist von Nichts abhängig.
4. Gott hat Wissen.

Schlussfolgerung:
Eine Existenz hat entweder eine Struktur oder keine Struktur, beides zugleich ist nicht möglich. Hat Gott Wissen, so bedingt das eine Struktur von der er abhängig wäre. Wäre Gott unabhängig von Strukturen, kann er kein Wissen haben, da Wissen eine Struktur benötig. Daher ist die Existenz von Gott aufgrund dieses Widerspruchs nicht möglich.
Ich verstehe nicht, wie Du überhaupt zu der Schlussfolgerung kommst, daß Gottes Existenz nicht möglich sei, wenn er von gewissen Strukturen/ Wissen abhängig wäre. Es sei denn, Gott müsste für Dich per se von diesen Dingen unabhängig sein, um existieren zu können. Das wäre dann in dem Fall aber nur Deine ganz persönliche Gottesdefinition und nicht unbedingt ein
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Gott der Bibel und des Koran
Zumal sich Gott in der Bibel z.B. ohnehin keinesfalls allwissend, ja noch nicht mal allmächtig im allgemein neuzeitlich philosophischen Sinne zeigt.

Generell könnte man aber eine rein übernatürliche Entität von all diesen Dingen auch einfach freisprechen, da sich Deine aufgeführten Prämissen im Großen und Ganzen auf die uns bekannten naturgesetzlichen Rahmenbedingungen beziehen, welchen ein übernatürliches Wesen wie Gott aber nicht unterliegen muss.


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Anti-Gottesbeweis

20.07.2023 um 07:54
@Libertin
Mein Widerlegungsargument bezieht sich auf einen Gott der wissend und unabhängig ist. Mich irritiert etwas, wenn du sagst diese Eigenschaften treffen nicht auf den Gott der Bibel zu.
Das Argument lässt sich noch weiter herunterbrechen auf die Frage: Hat Gott eine Struktur? Und kann etwas mit einer Struktur die ultimative Basis/der Ursprung von Allem sein?

Ich möchte widersprechen, dass sich meine Prämissen auf naturgesetzliche Rahmenbedingungen beschränken. Ich habe sie explizit unabhängig davon angelegt. Struktur meint hier auch immaterielle Strukturen, wie etwa dass Sätze durch Wörtern und Grammatik strukturiert werden. Ohne die Existenz von Wörtern keine Sätze.

In der Bibel wird beschrieben, dass Gott in der Lage ist zu kommunizieren. Dafür muss er Informationen strukturiert anordnen können. Auch außerhalb von Raum und Zeit sehe ich es unlogisch, wie etwas Strukturloses in der Lage ist Informationen zu strukturieren.

Wenn du (oder ihr) an einen Gott glaubt: hat dieser Gott eine Struktur?


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20.07.2023 um 15:53
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Mein Widerlegungsargument bezieht sich auf einen Gott der wissend und unabhängig ist. Mich irritiert etwas, wenn du sagst diese Eigenschaften treffen nicht auf den Gott der Bibel zu.
Das liegt wahrscheinlich daran, daß Du (wie so viele andere auch) beim Bibelgott das Omnipotenz- sowie auch das Omniszienzkonzept der Philosophen des Aufklärungszeitalters im Kopf hast. Diese Gotteskonzepte entsprechen aber nicht dem Pantokrator, wie er in der Bibel beschrieben wird.

Bis zur Antike verstand man unter einem solchen (All)Weltherrscher noch jemanden, der zwar über sein komplettes Reich herrscht und für diesen innerhalb seines Herrschaftsbereichs auch soweit alles möglich ist, was in diesem machbar ist, doch bedeutete dies nicht, daß dieser Herrscher deswegen auch "alles" denkbar mögliche (ja selbst über Allmachtsparadoxien stehen) können oder gar wissen muss. Im Alten Testament musste Gott im Paradies beispielsweise erst nach Adam und Eva suchen, bevor er mit ihnen das Gespräch führen konnte. Wusste also gar nicht, wo sie waren, musste sie gar zu Sachen befragen, um diese in Erfahrung zu bringen, zudem bereute Gott darin auch frühere Taten, wie die Erschaffung der Menschheit usw. Gott entspricht in der Bibel alles andere als einem absoluten Alleskönner/ Alleswisser.

Diese heutige klassische Allmachtsvorstellung wurde erst mit dem Beginn der Aufklärungsepoche wirklich populär, als auch alternativbiblische (alternativkirchliche) Gotteskonzepte wie der Deismus oder Pantheismus entwickelt bzw. verbreitet wurden. Eine solche Allmachtsvorstellung war im alten Israel aber seiner Zeit nicht gegeben. Dennoch wird sie heute auch gern dem Bibelgott übergestülpt, um diesen dann darauf basierend kritisieren zu können. Siehe Theodizee und Co.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Das Argument lässt sich noch weiter herunterbrechen auf die Frage: Hat Gott eine Struktur? Und kann etwas mit einer Struktur die ultimative Basis/der Ursprung von Allem sein?
Klar kannst Du das fragen. Du kannst es aber nicht einfach allgemein gültig so festlegen, um es dann widerlegen zu können. Allenfalls Deine ganz persönliche Gottesdefinition ist es dann, die Du damit widerlegt hast. Ist nicht viel anders wie mit den ontologischen und kosmologischen "Gottesbeweisen", mit denen allenfalls bewiesen werden konnte, daß sich prinzipiell alles logisch-formell beweisen lässt, solange man nur die entsprechend passenden Prämissen dafür vorgibt. Ändert nur nichts daran, daß sich diese deswegen noch lange nicht auch auf die Realität übertragen lassen. Du versuchst es jetzt halt lediglich nur von der anderen Seite, auch wenn die Idee selbst freilich nicht neu ist.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Ich möchte widersprechen, dass sich meine Prämissen auf naturgesetzliche Rahmenbedingungen beschränken. Ich habe sie explizit unabhängig davon angelegt. Struktur meint hier auch immaterielle Strukturen, wie etwa dass Sätze durch Wörtern und Grammatik strukturiert werden. Ohne die Existenz von Wörtern keine Sätze.
Ähm, selbst wenn Du Deine vorgegebenen Abhängigkeitsverhältnisse auch auf's "Immaterielle" ausdehnst, so bleibt dies letztlich dennoch nur Dein ganz eigenes/ persönliches Gotteskonzept, an dem Du Dich abarbeitest. Im Bereich der Metaphysik macht es aber nicht viel Sinn, anderen eigene Konstrukte vorgeben zu wollen, an die sich dann alle orientieren sollen, da ab hier nunmal auch Gotteskonzepte aller Coleur denkbar möglich sind. Wieso also sollten sich andere an die von Dir vorgelegten (naturgesetzlichen) Beschränkungen wie strukturabhängige Entitäten halten?
Zitat von DerHierDerHier schrieb:In der Bibel wird beschrieben, dass Gott in der Lage ist zu kommunizieren. Dafür muss er Informationen strukturiert anordnen können. Auch außerhalb von Raum und Zeit sehe ich es unlogisch, wie etwas Strukturloses in der Lage ist Informationen zu strukturieren.
Wie gesagt, was Du bei solchen übernatürlichen Entitätsvorstellungen als unlogisch empfindest, ist kein Argument, sondern Deine rein persönliche Privat-/ Glaubensangelenheit. Das muss aber deswegen noch lange nicht auch für alle anderen genauso sein.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Wenn du (oder ihr) an einen Gott glaubt: hat dieser Gott eine Struktur?
Ich halte es bei dieser Frage eher mit Spinoza:

Ich brauche diese Hypothese nicht, kann sie aber auch nicht ausschließen.

Insofern bin ich bei dieser Frage der falsche Adressat.


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Anti-Gottesbeweis

20.07.2023 um 16:43
@Libertin
Ganz herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort und die Zeit, die du dir dafür genommen hast. Ich will mich bemühen deine Perspektive zu verstehen - was auch er eigentlich Antrieb für die Beschäftigung mit Götterglauben ist.

Meine Prämissen bestehen aus zwei Betrachtungsfeldern. Einmal: was bedeutet Struktur und Abhängigkeit. Natürlich geht es im Diskurs dann drum, ob man dem zustimmt und auch auf Metaphysik anwenden kann. Ob ein Ignorieren etwas Realitätsmögliches übrig lässt?
Das andere Betrachtungsfeld ist eine Gottesbeschreibung. Da sagst du, diese ist nur meine persönliche Vorstellung. Aber ist diese Vorstellung so exotisch und fern der Heiligen Bücher? Wissen, Unabhängigkeit und zusätzlich ergänzt: Widerspruchsfreiheit. Sind das keine Attribute den die Mehrheit der Christen zustimmt?

Sagst du dass diese drei Sachverhalte nicht auf dein Gottesbild zutreffen?
Oder sagst du das diese Eigenschaften für dein Götterglauben nicht von Bedeutung sind?
Oder bist du dazu gezwungen diese Aspekte für dein Gottesbild auszublenden, damit es konsistent bleibt?


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20.07.2023 um 16:55
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Aber ist diese Vorstellung so exotisch und fern der Heiligen Bücher?
Jup. Mir ist keine Religion bekannt die einen von Nichts abhängigen Gott postulieren. Wohlgemerkt, nicht nur die Bibelreligionen machen das nicht, auch keine mir andere geläufige (und das sind einige).
Lies einfach mal die ersten Sätze der Genesis, schon da ist offenkundig das Gott nicht unabhängig von allem anderen ist.
Das ist aber der Dreh- und Angelpunkt deiner „Widerlegung“ und wie @Libertin
völlig richtig anmerkt - du widerlegst damit nur eine ganz persönliche Definition von Gott, eine an die du vermutlich ohnehin nicht glaubst und nie geglaubt hast.


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20.07.2023 um 18:16
Zitat von LibertinLibertin schrieb:Im Alten Testament musste Gott im Paradies beispielsweise erst nach Adam und Eva suchen, bevor er mit ihnen das Gespräch führen konnte. Wusste also gar nicht
Vielleicht hat er sich auch absichtlich dumm gestellt. So war mein subjektiver Eindruck, als ich das las.


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Anti-Gottesbeweis

20.07.2023 um 18:20
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Das andere Betrachtungsfeld ist eine Gottesbeschreibung. Da sagst du, diese ist nur meine persönliche Vorstellung. Aber ist diese Vorstellung so exotisch und fern der Heiligen Bücher? Wissen, Unabhängigkeit und zusätzlich ergänzt: Widerspruchsfreiheit. Sind das keine Attribute den die Mehrheit der Christen zustimmt?
Jedenfalls entsprechen diese Attribute dem christlichen Gott nicht in dem Sinne, wie Du in widerlegen möchtest. Wie bereits dargelegt, widerspricht "absolute Unabhängigkeit" schlicht den biblischen Beschreibungen, wenn es um Gott geht, weshalb er bei Deinem Antigottesbeweisversuch schon mal rausfällt sowie eben auch alle anderen Gottkonstrukte, die nicht den von Dir vorgegebenen Prämissen entsprechen.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Sagst du dass diese drei Sachverhalte nicht auf dein Gottesbild zutreffen?
Oder sagst du das diese Eigenschaften für dein Götterglauben nicht von Bedeutung sind?
Oder bist du dazu gezwungen diese Aspekte für dein Gottesbild auszublenden, damit es konsistent bleibt?
Wie gesagt, spreche ich hier nicht von meinem Gottesbild, sondern von allen Gottesvorstellungen, die bereits per definitionem nicht in Dein Herleitungskonzept passen. Man kann daher sagen, für diese treffen, wie ja ebenfalls bereits erläutert, die beiden erstgenannten Punkte sogar gleichermaßen zu. Der dritte Punkt ist damit hingegen im Grunde bereits obsolet.
Zitat von pRäAstronautpRäAstronaut schrieb:Vielleicht hat er sich auch absichtlich dumm gestellt. So war mein subjektiver Eindruck, als ich das las.
Das würde auch absolut Sinn machen, sofern man dem noch eine plausible Begründung hinzugefügt hätte.


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20.07.2023 um 18:27
Zitat von paxitopaxito schrieb:Mir ist keine Religion bekannt die einen von Nichts abhängigen Gott postulieren. Wohlgemerkt, nicht nur die Bibelreligionen machen das nicht, auch keine mir andere geläufige (und das sind einige).
Wirklich, ist dem so? Das erstaunt mich sehr, da ich die Unabhängigkeit Gottes als eine essenzielle Eigenschaft im Christentum angenommen habe. (und ja, es ist der Angelpunkt in meinem Argument)
Gleich mal gegooglet und auf dem Begriff Aseität gestoßen. Laut Wikipedia:
Die scholastische Philosophie bezeichnete das Sein Gottes als ens a se, Sein aus sich (Aseität), d. h. unbedingtes Sein im Gegensatz zum bedingten, kontingenten, geschaffenen Sein.

Die Aseität komme ausschließlich Gott zu, da nur dieser absolut sei und sein Sein nicht einem anderen verdanke, wie nach der Auffassung der Scholastik der Kontingenzbeweis im Rahmen der Natürlichen Theologie darlegt. In der scholastischen Theologie ist damit also die absolute Unabhängigkeit Gottes, vermöge deren er den Grund seiner Existenz lediglich in sich selbst hat, gemeint.
@paxito Kannst du mir mehr Informationen zu deiner Aussage zukommen lassen? Was sagt die Bibel über die Abhängigkeiten von Gott?


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20.07.2023 um 22:40
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Wirklich, ist dem so?
Jepp.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Das erstaunt mich sehr, da ich die Unabhängigkeit Gottes als eine essenzielle Eigenschaft im Christentum angenommen habe.
Es gibt einige Formen des Christentums, die kein einheitliches Gottesbild haben. Aber in keiner mir bekannten Richtung gibt es eine Unabhängigkeit Gottes von Allem.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Gleich mal gegooglet und auf dem Begriff Aseität gestoßen.
Richtig, dann landest du in der Philosophie und hast eine logische Widersprüchlichkeit des Philosophengottes aufgezeigt. Davon gibt es Dutzende.
Es gibt aber keine christliche Richtung die tatsächlich an den Gott der Scholastik glaubt (zumindest kenne ich keine, ich kann nicht ausschließen das es irgendwo eine Gruppe gibt bei der das tatsächlich der Fall ist). Die Prämissen die dort aufgestellt wurden - auch die der Aseität - dienten einzig dazu Gott mittels Vernunft zu beweisen. Diese Idee darf getrost als gescheitert betrachtet werden, aus vielen Gründen.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Kannst du mir mehr Informationen zu deiner Aussage zukommen lassen?
Dazu:
Gen 1,1 Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde;
Gen 1,2 die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.
Quelle: https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen1.html
Es kommt natürlich immer auf die Übersetzung an, aber das ist der Beginn der Schöpfung in der Genesis. Und schon dort ist Gott nicht mehr vollkommen unabhängig.
@Libertin liefert Dir weitere Beispiele in denen das einfach nicht mehr aufgeht. Gott muss fragen, revidiert sich, irrt sich, er ist immer wieder angewiesen auf seine Schöpfung, teils auf einzelne Personen. Wenn dich das genauer interessiert frag im Bibelthread da tummeln sich die Experten.
Ich persönlich lese in dem „über dem Wasser“ einen Verweis auf die anderen Schöpfungsmythen der Zeit und Gegend, auf das Urwasser - das vor der Schöpfung da war. Nur um dir ein Beispiel zu geben.
Ich bin aber weder Christ noch Theologe und von daher nicht unbedingt berufen an der Stelle im einzelnen Bibeltexte zu studieren. Wenn du aber ernsthaft den christlichen Gott widerlegen willst (wozu eigentlich?) dann solltest du dich auch an dem Gott (oder den Göttern eigentlich) orientieren an die tatsächlich geglaubt wird.


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20.07.2023 um 23:59
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Wirklich, ist dem so? Das erstaunt mich sehr, da ich die Unabhängigkeit Gottes als eine essenzielle Eigenschaft im Christentum angenommen habe. (und ja, es ist der Angelpunkt in meinem Argument)
Gleich mal gegooglet und auf dem Begriff Aseität gestoßen.
Mit dem Begriff der Aseität ist hier konkret die absolute Ursachlosigkeit Gottes gemeint, womit ausgedrückt werden soll, daß Gott jenseits naturgesetzlicher/ kausaler Bestimmungen durch sein Wesen aus sich selbst heraus existiert/ existieren kann. Ja seine Existenz so geradezu eine Notwendigkeit darstellt. Gott also selbst keinem Erschaffer bedarf, um existieren zu können, da das Ganze ansonsten zwangsläufig in einem infiniten Regress enden würde.

Die Ursachlosigkeit Gottes beißt sich im Übrigen keinesfalls mit dem biblischen Gott, da jener in der Bibel ja selbst an diversen Stellen als ewig währende Entität beschrieben wird. Wie ja schon dargelegt, ist Gott in der Bibel aber dennoch kein von allen Dingen unabhängiger Überflieger, wie in Deinem Antigottesbeweisversuch vorgegebenen wird.

Na und jenseits biblischer Gottesdarstellungen ließe sich theoretisch auch einfach ein von jeglicher Struktur sowie Wissen unabhängiger Gott postulieren. Für uns Menschen schwer vorstellbar bzw. irgendwie unlogisch? Mag sein, aber das ist bei dem Aseitätsbegriff ja auch nicht anders, wenn es darum geht, sich eine Wesenheit vorzustellen, das weder Anfang noch Ende hat. Tscha, wird von den drei großen abrahamitischen Religionen aber dennoch als gegeben vorausgesetzt. Mit rein logisch-formellen Widerlegungsversuchen wirste dem nicht beikommen können.

Wie gesagt, hier bewegst Du Dich im Bereich der Metaphysik, des Supranaturalen. Ist ja nicht so, daß das Beweisen von Nichtexistenzen eh schon meist tricky genug ist. Zu ner "Mission Impossible" wird es zudem dann, wenn den Definitionsmöglichkeiten des zu widerlegen Ersuchten im Grunde alle Türen und Tore des denkbar möglichen offenstehen. Was Du hier allenfalls zu widerlegen versuchst, ist lediglich Dein selbstgeschaffener (Atheisten)Gott, an den Du ja nicht mal selber glaubst.


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21.07.2023 um 10:22
@Libertin
@DerHier

Was die Ursachlosigkeit Gottes angeht, die war und ist nicht nur ein elementarer Bestandteil der abrahamitischen Religionen, sondern spielte auch schon im alten Griechenland eine große Rolle, siehe dazu: Das Eine, aber auch im Hinduismus ist der höchste Gott – Brahman – der Urgrund allen Seins, nicht geschaffen, immanent, ohne Anfang und ohne Ende.


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21.07.2023 um 10:23
Zitat von DerHierDerHier schrieb:1. Eine Entität, die eine Struktur besitzt, ist abhängig von dieser Struktur.
2. Wissen benötig eine Struktur, da es sich aus der Verbindung von mehreren Informationen bildet.
3. Gott ist von Nichts abhängig.
4. Gott hat Wissen.
Meiner Meinung nach hat sich da ein Logikfehler eingeschlichen. Gott hat, also verfügt über Wissen, wie du festgestellt hast. Gott ist aber nicht sein Wissen und benötigt demnach auch nicht dessen Struktur.


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Anti-Gottesbeweis

21.07.2023 um 12:58
@paxito
@Libertin
Nochmals vielen Dank für eure tiefgründigen Erklärungen. Das hilft mir sehr beim weiter Denken und dem Versuch zu Verstehen. Weil Hin und Wieder nach meiner Motivation gefragt wird: Mir geht es nicht mit Etwas recht zu haben, sondern vielmehr um Dazulernen und Hinterfragen.

Beim Thema Unabhängigkeit (von Gott) sehe ich durchaus neue Perspektiven aber auch noch Unklarheiten. Damit werde ich mich beschäftigen und freue mich auch, wenn dazu hier weiter diskutiert wird. (@Carl138)
Zitat von paxitopaxito schrieb:Richtig, dann landest du in der Philosophie und hast eine logische Widersprüchlichkeit des Philosophengottes aufgezeigt. Davon gibt es Dutzende.
Es gibt aber keine christliche Richtung die tatsächlich an den Gott der Scholastik glaubt (zumindest kenne ich keine, ich kann nicht ausschließen das es irgendwo eine Gruppe gibt bei der das tatsächlich der Fall ist). Die Prämissen die dort aufgestellt wurden - auch die der Aseität - dienten einzig dazu Gott mittels Vernunft zu beweisen. Diese Idee darf getrost als gescheitert betrachtet werden, aus vielen Gründen.
Heißt das, die Glaubensinhalte (im Christentum) sind philosophisch und verstandesmäßig nicht greifbar? Das wäre für mich gleichbedeutend, dass diese nicht "denkbar" sind. Kann man an etwas glauben, dass man nicht in Gedanken fassen kann? Zugegebenermaßen können Glaubensinhalte in Gedanken formuliert werden, aber anscheinend nicht lückenlos, konsistent aneinander gereiht werden. Auf dieser Basis kann man dann schon glauben, es wäre für mich allerdings hoch unbefriedigend.

Mich treibt die Frage nach "Struktur" um und was daraus auch metaphysisch abgeleitet werden kann. Auch als Erweiterung und Entgegnung des Kontingenz-Argumentes (was ist wofür notwendig). Struktur als eine Ordnung, die Elemente bedarf, die angeordnet sind. Ist eine Existenz mit Struktur dann nicht abhängig von diesen Elementen? Und muss dann nicht die ultimative Basis von allem etwas strukturfreies sein? Ich sehe in den religiösen Gotteskonzepten nicht dieses Basiselement verkörpert - eine schöpfende Entität sehe ich vielmehr als eine emergente Erscheinung, die bereits Ordnung und damit Struktur in sich tragen muss.
Zitat von Mr.BrainMr.Brain schrieb:Gott hat, also verfügt über Wissen, wie du festgestellt hast. Gott ist aber nicht sein Wissen und benötigt demnach auch nicht dessen Struktur.
Ein berechtigter Einwand. Kann etwas ohne Struktur (damit ohne die Fähigkeit zu Ordnung) etwas Strukturiertes wie Wissen "haben"? Wie kann man auf der metaphysischen Ebene klären ob das möglich ist?
Wenn ein Gott allerdings die Fähigkeit zu Ordnung in sich hat, geht das doch nicht ohne Bestandteile, sagen wir "Gottespixel". Diese könnten dann strukturlos sein und die eigentliche, notwendige Basis von allem bilden. Ohne Struktur wäre das aber nur ein chaotisches Rauschen - und mehr oder weniger das, was in der Quantenfelddynamik als Grundlage der Entstehung des Universums angenommen wird (ohne den Umweg eines Gottes)


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Anti-Gottesbeweis

21.07.2023 um 13:38
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Heißt das, die Glaubensinhalte (im Christentum) sind philosophisch und verstandesmäßig nicht greifbar?
Doch das sind sie sicherlich nur sind sie nicht identisch mit Konzepten der Scholastik und alles andere als einheitlich. Selbst innerhalb einer bestimmten Glaubensgemeinschaft - nehmen wir mal einfach beispielhaft lutherisch-evangelisch - gibt es bei den Gläubigen durchaus unterschiedliche Vorstellungen davon was und wie Gott ist. Das ist mir bei den Gesprächen mit Gläubigen zumindest immer wieder aufgefallen.
Das gemeinsame Element ist da weniger die philosophische Vorstellung und geistige Konzeption, als Tradition, Gemeinschaft und Rituale.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Kann man an etwas glauben, dass man nicht in Gedanken fassen kann?
Klar, das ist möglich. Siehe etwa das Konzept des Nirwanas im Buddhismus. Nicht fassen können ist nicht gleichbedeutend mit vollständig unverständlich.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Zugegebenermaßen können Glaubensinhalte in Gedanken formuliert werden, aber anscheinend nicht lückenlos, konsistent aneinander gereiht werden. Auf dieser Basis kann man dann schon glauben, es wäre für mich allerdings hoch unbefriedigend.
Da bist du nicht allein, es gibt viele religiöse/spirituelle Menschen für deren Überzeugungen die Vernunft maßgebend ist. Wieder: das ist einfach nicht einheitlich.
Aus meiner ganz persönlichen Perspektive transzendiert Religion die Vernunft, sie weist über den begrenzten menschlichen Verstand hinaus. Logik ist nichts anderes als die Regeln des menschlichen Denkens, es sind aber nicht die Regeln denen unsere Welt unterworfen ist.
Mein Glaube speist sich nicht oder nur am Rande aus vernünftigen Überlegungen, sondern auf Erfahrungen der Ekstase, Derealisation, von Grenzüberschreitung.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Mich treibt die Frage nach "Struktur" um und was daraus auch metaphysisch abgeleitet werden kann.
Ich finde metaphysische Spekulationen müßig, wenn auch interessant. Das da wirklich irgendwas „zwingendes“ bei rumkommt? Ich zweifle.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Ist eine Existenz mit Struktur dann nicht abhängig von diesen Elementen?
Ich würde sagen: sicher.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Und muss dann nicht die ultimative Basis von allem etwas strukturfreies sein?
Ich glaube nicht an eine ultimative Basis und wenn dann im Sinne eines Urchaos oder physikalischer das Nichts aus dem der Urknall entsprang. Mit meinen Gottesvorstellungen hat beides nichts zu tun. Aber du richtest dich ja auch an / gegen christliche Vorstellungen, für die kann ich eben nicht sprechen.
Zitat von DerHierDerHier schrieb:Ich sehe in den religiösen Gotteskonzepten nicht dieses Basiselement verkörpert - eine schöpfende Entität sehe ich vielmehr als eine emergente Erscheinung, die bereits Ordnung und damit Struktur in sich tragen muss.
Da sind wir ähnlicher Meinung.


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