@Lufu Ganz klar sollte doch sein, daß der Bericht von der Erschaffung der Welt in sieben (sechs) Tagen nicht von jemandem stammt, der "dabei" war, als die Erde schon stand, aber wegen einer dichten Atmosphäre odgl. ziemlich finster war, sodaß irgendwann (1. "Tag") Licht durchdrang und später (3. "Tag") schließlich sogar Sonne, Mond und Sterne sichtbar wurden. Keiner hat es erlebt, wie die Erde kahl war und schließlich von Landpflanzen erobert wurde, keiner hat den Beginn des tierischen Lebens und dessen Ausbreitung über Wasser, Luft und Land gesehen. Entweder hat das also "jemand" den Menschen erzählt, und sie schrieben es auf ("Offenbarung" durch einen Gott, meinetwegen auch durch die Erde besuchende Aliens). Oder aber, die Menschen haben sich diese Abfolge selbst zusammengereimt. Dann aber auf dem Hintergrund ihres damaligen Weltverständnisses. Und da gehören Sachen wie Planetenentstehung, Plattentektonik, Uratmosphäre, Evolution garantiert nicht zu. Mit anderen Worten, im ersteren Falle wäre die Abfolge ziemlich schlecht erzählt (z.B. Vögel und Wale vor den Landtieren, Landpflanzen vor den Fischen...), im letzteren Falle wäre jegliche vage Parallele reiner Zufall.
Der Bericht der Siebentageschöpfung ist durchaus interessant für die damalige Entwicklung von "Wissenschaft". Aber eben zeitgeschichtlicvh, was den damaligen Stand und Tendenzen betrifft.
Zunächst einmal gab es schon lange vor Entstehen des Siebentageberichts in Mesopotamien, Ägypten und Umgebung so etwas, das mit dem Begriff "Listenwissenschaft" bezeichnet wird. Bereits aus dem alten Sumer sind solche Auflistungen bekannt. Man listete die Dinge der Welt nach Kategorien auf und erfaßte so ihre Ordnung. Im Siebentagesbericht werden so die Lebewesen in Wesen, die sich durch ein Medium bewegen, Lebewesen, die sich auf festem Boden bewegen und der Mensch eingeteilt, dann nochmals unter den ersteren die, die im Wasser schwimmen, dann die, die in der Luft fliegen. Die zweite Kategorie wird unterteilt in Nutzvieh, Wildtiere mit Relevanz (im Sinne von Nutzen (Jagdwild) oder Schaden Raubwild)) sowie sonstiges, "irrelevantes" Getier (was halt sonst noch so rumkreucht). Pflanzen werden ebenfalls kategorisiert in "irrelevantes" Gras (pars pro toto für alles, was halt so rumwächst), nützliche Kornpflanzen, nützliche Fruchtbäume.
Auch die Gestirne werden so gelistet, als Sonne, Mond und Sterne. Spannend daran, daß sie der Zeiteinteilung dienen sollen. Das ist ja nicht sonderlich neu, hat aber einen wichtigen Aspekt. Nämlich den, daß die Gestirne als reine Funktionsobjekte vorgestellt werden. In Mesopotamien, partiell auch in Ägypten (Sonne), ebenso in der Umwelt Israels waren die Gestirne göttliche Wesen, denen die Menschen unterworfen waren. Gerade in Mesopotamien entschieden die Gestirne durch ihre Konstellation bzw. Position, was auf der Erde geschieht. Hier nun werden die Gestirne als reine Dinge statt beseelter Wesenheiten dargestellt, Sonne und Mond werden sogar schnöde "Lampen" genannt. Und nicht die Menschen dienen den Gestirnen, sondern die Gestirne dienen den Menschen.
Dies ist ein absichtsvoller Gegenentwurf gerade zur mesopotamischen Weltsicht (zu der der Siebentagesbericht zahlreiche Bezüge aufweist, speziell zum Enuma Elisch). Die Welt wird verdinglicht, entmythisiert. Und sie folgt (gottgegebenen) Gesetzmäßigkeiten, welche der Mensch sowohl erkennen als auch nutzen soll (z.B. Gestirnsverlauf als Zeiteinteilung). Letztlich ist der Schöpfungsbericht eine Aufforderung an den Menschen, die Natur a) nicht zu mystifizieren, sondern sie b) zu erforschen und ihre Gesetzmäßigkeiten zu erfassen.
Lufu schrieb:Ich finde, die Theorie des Urknalls schließt die Geschichte der Bibel halt nicht zwagsläufig aus. Es gibt schon einige Parallelen.
Wie gesaGT; Parallelen gibts höchstens via Zufall (oder durch nen "Offenbarer", der es grottenschlecht, arg unsauber erzählt hat). Aber der erste Satz stimmt dennoch. Denn der wissenschaftliche Stand der Erkenntnis über die Entstehung der Welt, des Lebens udgl. berührt generell nicht die Frage nach einem Gott, speziell nach einem Schöpfer.
Ich sag es immer wieder mal: Die Bibel ist ein Glaubensbuch, sie erzählt was über Gott und den Menschen und dessen Stellung innerhalb der Schöpfung, zu Gott und zu den anderen Menschen. Aber sie ist kein Lehrbuch für Physik, Planetologie, Evolution usw. usf. Die Bibel behauptet das Daß der Schöpfung, nicht das Wie des Weltganzen. Dafür sind andere "Fachbereiche" zuständig. Wissenschaft eben.
In der Bibel stehen gleich zwei Schöpfungsberichte hintereinander, die Siebentagesschöpfung und direkt im Anschluß die Edenschöpfung. Beide Berichte passen nicht wirklich zueinander (im Edenbericht wird erst der Adam ("der Mensch") erschaffen, dann "die Tiere alle" (und dann wird der Mensch in Mann und Frau "geteilt")). Wenn wir nicht annehmen, daß jene Kompilatoren strunzdumm waren, welche die beiden Berichte nebeneinander gestellt und an den Anfang der Schrift gesetzt haben, sodaß ihnen diese Widersprüche nicht aufgefallen sind, dann nehme ich mal ganz stark an, daß sie diese Widersprüche der Abfolge durchaus in Kauf nahmen. Zu deutsch, es ging ihnen gar nicht um das "Mitteilen der korrekten historischen Abfolge". Es sind andere "Botschaften" der beiden Texte, die ihnen wichtig waren. Etwa der der Verdinglichung der Welt und die Freiheit des Menschen, die Gesetzmäßigkeiten der Welt zu erforschen. Aber auch solche Sachen wie "ist der Mensch Herrscher über die Natur (erster Bericht) oder ihr Diener (zweiter Bericht); macht die Gottebenbildlichkeit des Menschen ihn mächtig (erster Bericht), oder stellt sie eine Gefahr dar (zweiter Bericht)? Indem beide Berichte nebeneinandergestellt werden und in Sachen "Herrschen vs. Dienen" sowie "Gottebenbildlichkeit gut vs. "Werden wie Gott negativ" direkt aufeinander bezogen werden und Widerspruch erzeugen, wird ein Nachdenken über "was ist der Mensch" angeregt. Zwei seiten der selben Medaille werden angesprochen. Was wir sind und können, steht immer in einem Spannungsverhältnis und muß immer wieder neu bedacht werden.
Sowas sagt eben was über uns und unsere Bezüge zur Welt aus, sowas sind Themen eines Glaubensbuches, einer Weltanschauung. Sowas steht in der Bibel. Wie genau etwas entstanden ist, sowas steht nicht in ihr, gehört da gar nicht hin.