RayWonders schrieb:um herauszufinden ob dort überhaupt irgendein Bezug auf diese Entwicklung unter Einfluss des Genoms aufgeführt wird.
Man folge einfach den Verlinkungen, die im Artikel blau hervorgehoben sind. Hier zum Beispiel:
Wikipedia: Embryogenese (Mensch)#Siehe auchDort findet sich ein Link zum Begriff "Entwicklungsbiologie". Und dort wird man dann fündig:
Wikipedia: EntwicklungsbiologieDarin steht u.a.:
Zu den genetisch bestimmten Entwicklungsfaktoren zählt eine Reihe entwicklungswirksamer Gene bzw. Genprodukte (Proteine). Ein Morphogen ist eine Substanz, die die räumliche Ordnung der Zelldifferenzierung und damit indirekt die Formbildung kontrolliert. Morphogene können damit Musterbildung während der Morphogenese bewirken.
Adhäsionsmoleküle sind Proteine, die eine Haftung an einer Zelle oder an einem Substrat bewirken (Bsp. Cadherine, Integrine). Ein Wachstumsfaktor ist ein Protein, das im extrazellulären Raum vorhanden sein muss, damit bestimmte Zelltypen wachsen und sich normal entwickeln. Hierzu zählen etwa Knochenmorphogenetische Proteine.
Entwicklungsgene gibt es in Klassen. Man unterscheidet Maternaleffekt-Gene zur Festlegung der Polarität des Embryos, Segmentierungsgene zur segmentalen Gliederung des Embryos, Kompartiment-Gene für Feldunterteilungen, Historegulationsgene für zellulare Differenzierung sowie als eine der wichtigsten Klasse homöotische Gene zur Identitätsbestimmung von Segmenten und Feld-Gene für die Festlegung von Organ-Anlagefelder (z. B. eyeless).
Mutationen innerhalb homöotische Gene können zur Umwandlung oder dem Verlust von Organstrukturen oder Körperabschnitten führen. Diese Gene enthalten als charakteristische Sequenz stets eine Homöobox, die für einen Transkriptionsfaktor codiert. Die bekanntesten homöotischen Gene sind die Hox-Gene.
Und wenn man dann noch versucht, zu verstehen, dass es sich bei den verschiedenen genetisch bestimmten Entwicklungsfaktoren nicht um DNA-Basensequenzen handelt, sondern um Proteine, die mit Hilfe bestimmter DNA-Basensequenzen produziert werden, dann erkennt man vielleicht, dass hier nicht die DNA der bestimmende Faktor ist, sondern die Proteine, die hier regulierend wirken.
Wir haben es hier also mit einem Komplex an Wechselwirkungen zu tun, der sich je nach Art und Konzentration der vorhandenen Proteine selbst reguliert, wobei in die Regulation inbegriffen die Art und Weise der Reproduktion von Proteinen mit Hilfe der DNA ist - sowohl, was die Art der Proteine betrifft wie auch was die Menge der Proteine betrifft, so dass der Stoff- und Konzentrationsgradient auf geregelte Weise stabilisiert und sukzessive variiert wird.
Das bewirkt dann letztlich den Ablauf der Embryogenese, der sich morphologisch beschreiben lässt, wie im gestern verlinkten Artikel nachzulesen ist. Also bitte selber lesen und verstehen.
RayWonders schrieb:Es wird aber im gesamten Artikel kein einziges mal von DNA oder vom Genom gesprochen.
Du hattest ja auch gefragt, wie ich das nenne, was man als Prozess der Entwicklung von einer befruchteten Eizelle bis zum fertigen Menschen bezeichnet. Diese Frage hatte ich beantwortet. Der verlinkte Artikel war eine Zugabe von mir, um Dir einen Anhaltspunkt für weitere Recherchen zu geben. Warum Du mir diese undankbare Aufgabe nun auch noch aufhalst, wirst Du wohl nur selber wissen.
RayWonders schrieb:wenn es kein Lesen/Interpretieren der Gene und des Genoms ist während der Embryogenese, was ist es dann?
Es ist ein biochemisch geregelter Prozess, der sich über vielfältige Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Molekülarten so ergibt, wobei den Proteinen, aber auch Hormonen eine Schlüsselstellung zukommt. Die Stoff- und Konzentrationsgradienten bewirken Rückkopplungen, die sich auf die Art und Weise der Nutzung der DNA als Vorlage für die Proteinsynthese regulierend auswirken.
RayWonders schrieb:Der Buchtitel gibt eindeutig wieder, dass das Genom die Embryogenese steuert.
Der Buchtitel illustriert, dass man aus bequemen Gründen auf ausführlichere Formulierungen verzichtet und stattdessen die etablierte metaphorische Sprechweise bevorzugt, die in den einschlägig gebildeten Kreisen keinerlei Verwirrung auslöst, weil diese Leute wissen, womit sie es zu tun haben und womit nicht,
@RayWonders .
RayWonders schrieb:Doch wie soll das gehen ohne dass Abschnitte gelesen/interpretiert werden?
Jetzt fehlt nur noch der Rückschluss darauf, dass der Buchtitel bzw. die von Dir daraus entnommene Folgerung sachlich falsch ist. Richtig. Weil das nicht geht, findet das auch nicht statt. Das Genom steuert nichts. Die Proteine "steuern" die Art und Weise der Nutzung des Genoms. Wir haben hier also einen klassischen Fall von sprachlicher Kausalitätsumkehr vorliegen, die Anlass zu semantischen Missverständnissen gibt. Kurz: Der Buchtitel transportiert eine Fehlinformation, wenn man ihn als Aussage über die Wirklichkeit auffasst.