Koman schrieb:@Argus7 schrieb: Ach ja, ist das Leben Jesu tatsächlich durch historische Quellen bestens dokumentiert? Die Kenner der historischen Jesusforschung haben diesbezüglich allerdings eine völlig andere Sicht der Dinge.
Koman schrieb: Da irrst du dich aber.
Es ist geradezu erheiternd mit welcher Dreistigkeit "Koman" den von mir vorgetragenen Fakten widersprichst. Meine Darstellung beruht nämlich auf Ergebnissen, die auf der "Leben-Jesu-Forschung" basieren. Aus mir unerfindlichen Gründen werden aber von den Kirchen nicht alle ermittelten Fakten an die Gläubigen weiter gegeben. "Koman" verneint also Forschungsergebnisse, die von Theologen beider christlichen Religionen vorgelegt wurden. Was für eine Arroganz und Anmaßung!? Nachstehend einige Fakten:
Jesus wurde in Galiläa geboren, sein genaues Geburtsjahr ist unbekannt. Man nimmt an, dass das Jahr 4 v.Chr. am wahrscheinlichsten ist. Dies könnte allerdings der Versuch sein, Jesus noch zu Lebzeiten von König Herodes dem Großen auf die Welt kommen zu lassen, dem die Bibel die Kindermorde zuschreibt. Der Name Jesus leitet sich von Jehoshua ab und bedeutet "Jahwe hilft". Es hat offenbar keine Versuche gegeben, Jesus einen anderen Namen beizulegen, obwohl der Messias laut Jesaja Kap. 7, Vers 14 eigentlich "Immanuel" heißen sollte. Die Muttersprache von Jesus war das galiläische Aramäisch, und als Herkunftsort wird Nazareth in Galiläa angenommen. Diese Stadt war in der Antike unbedeutend und wurde weder in der zeitgenössischen jüdischen Literatur noch im AT erwähnt, auch nicht beim jüdischen Historiker Josephus. Dies spricht dafür, dass Jesus tatsächlich dort geboren wurde, denn hätte man den Herkunftsort von Jesus erfunden, hätte man sicher eine wichtigere Stadt genommen. Die Bedeutungslosigkeit von Nazareth spiegelt sich noch in Joh. Kap. 1, Vers 45 wider, wo die Frage gestellt wird: "Was kann aus Nazareth Gutes kommen?"
Matthäus und Lukas lassen Jesus jedoch nicht in Nazareth, sondern in Bethlehem geboren sein, weil dieser Ort als Stadt Davids galt und der Messias nach einer weit verbreiteten jüdischen Vorstellung aus dem Geschlechte Davids kommen sollte. Offenbar war die Herkunft Jesu aus Nazareth jedoch nicht so ohne weiteres zu leugnen, was ebenfalls für sie spricht, und so greifen die späteren Evangelisten aus theologischen Gründen auf den Trick zurück, ihn zumindest in Bethlehem geboren sein zu lassen. Von einem solchen Hochjubeln weiß das Markus-Evangelium noch nichts. Jeweils ein Stammbaum soll bei Matthäus und Lukas die davidische Herkunft Jesu bestätigen und die Linie ziehen von David bis hin zu Josef als dem Vater Jesu.
Nun hat man aber ein Problem. Wenn man Jesus als Sohn des Josef ansieht und ihn auf die davidische Herkunft zurück führt, so beißt sich dies mit den Weihnachtslegenden, nach denen Jesu Vater ja gerade nicht Josef war, sondern der Heilige Geist. Dann machen auch die Stammbäume, die auf David zurückführen, keinen Sinn mehr. Auch ist die Herkunft aus dem Heiligen Geist natürlich viel glanzvoller als eine bloße Herkunft aus dem davidischen Geschlecht. Historisch liegt die Sache klar, denn die übernatürliche Herkunft Jesu mit dem Heiligen Geist als Vater ist die Sicht der späteren glaubenden Gemeinde, eine bewusste Höherstellung des geglaubten und erhöhten Christus. Niedriger und unspektakulärer, und damit historisch wahrscheinlicher, ist die Herkunft aus dem Hause Davids, also ohne Zutun des Heiligen Geistes und mit Josef als Vater Jesu. Doch die Herkunft Jesu aus davidischem Geschlecht wird von vielen Theologen für nicht wahrscheinlich gehalten. Man wird der historischen Wahrheit vermutlich am Nächsten kommen, wenn man annimmt, dass Jesus aus einer eher unbedeutenden Familie in Galiläa kam und dass erst nach seinem Tod zunächst nur eine davidische Herkunft und später dann sogar eine Vaterschaft des Heiligen Geistes angenommen wurde. Auf diese Weise kann man alle Traditionen auseinander ableiten.
Die katholische Kirche rettet sich übrigens bei diesem Problemen gerne in den Trick, dass sie Maria zur Davidin erklärt und die Stammbäume eigentlich auf sie zurückgehen lässt. Dass dies dem Text entgegensteht und die Herleitung eines Stammbaumes von der Mutter her dem jüdischen Recht und den jüdischen Gebräuchen widerspricht, stört die katholische Kirche dabei wenig. Hauptsache die Dogmatik stimmt. Dass die katholische Kirche generell ein gebrochenes Verhältnis zu historischen Ergebnissen hatte und bis heute zu großen Teilen noch immer hat, ist allgemein bekannt.
Die beiden Stammbäume bei Lukas und Matthäus lassen sich übrigens nicht in Übereinstimmung bringen. Sie entstammen offensichtlich unterschiedlichen Traditionen. Matthäus lässt seinen Stammbaum in die halbmythische Vorzeit bis zum Stammvater Abraham zurückgehen, Lukas (der eigentliche Historiker) zieht die Linie sogar gänzlich bis zu den mythischen Anfängen bei Adam. Die Anzahl der Generationen und Namen sind verschieden. Matthäus zählt 42 Generationen von Abraham bis Jesus, Lukas jedoch 56. Bereits der Vater Josefs, also der Großvater Jesu, heißt nach Matthäus Jakob, nach Lukas jedoch Eli. Und von Josef bis David, immerhin ein Jahrtausend, haben die beiden Stammbäume "nur" zwei Namen gemeinsam! (Quelle: Deschner - Abermals krähte der Hahn, Seite 49) Auch die Stammbäume erklären sich als bloße Fantasiekonstruktionen am besten. Das Johannes-Evangelium ist demgegenüber an einer Herleitung aus dem davidischen Geschlecht überhaupt nicht interessiert, denn für den Schreiber dieses Evangeliums ist Jesus bereits vor seiner Geburt ein Gott, bzw. ein präexistentes Gottwesen. Eine Herkunft lediglich von David würde da nur stören.
Joseph, der Vater Jesu, war ein Bauhandwerker und wir dürfen vermuten, dass auch Jesus diesen Beruf erlernt und ausgeübt hat. Jesus hatte mindestens vier Brüder und einige Schwestern, die in den Evangelien (Markus Kap. 6, Vers 4) erwähnt werden. Von diesen scheint er der Älteste gewesen zu sein. Unter seinen leiblichen Brüdern war auch Jakobus, der, wie auch andere Familienangehörige nicht zu seinen Anhängern gehörte, der aber später in der Jerusalemer Urgemeinde
eine bedeutende Rolle spielte.
Man nimmt an, dass Jesus bei seinem öffentlichen Auftreten etwas 30 Jahre alt gewesen ist. Also bereits ein gereifter Mann. Seine Wirksamkeit erstreckt sich nach den Synoptikern über nicht mehr als ein Jahr, nach dem Johannes-Evangelium sind es dagegen zwei bis drei Jahre gewesen. Man hat dies aus den Festen geschlossen, die im Johannes-Evangelium erwähnt werden. Bei Johannes erscheint Jesus fünfmal zu Festen in Jerusalem, in den synoptischen Evangelien wird nur über eine einzige Jerusalemreise berichtet, und diese endet für ihn tödlich. Weitere Unterschiede: In den synoptischen Evangelien wirkt Jesus vornehmlich in Galiläa und ist erst kurz vor seinem Tode nach Jerusalem gegangen. Das Johannes-Evangelium liefert uns dagegen das Bild eines hauptsächlich in Jerusalem agierenden Jesus. Dem Verfasser des Johannes-Evangelium liegt es offensichtlich daran, den Gottessohn möglichst früh in der geistigen Hauptstadt des Judentums wirken zu lassen, und nicht im unbedeutenden und nicht eben in einem guten Ruf stehenden Galiläa. Wegen der Umstellung bei Johannes ist dieser offenbar gezwungen, die sog. Tempelreinigung gleich an den Beginn des Wirkens Jesu zu stellen, während sie bei den Synoptikern in das Passionsgeschehen ist und am Ende der Wirksamkeit Jesu steht.
Wie man sieht weichen das Johannes-Evanglium und die Evangelien der Synoptiker in einigen Eckdaten stark voneinander ab. Doch auch bei den Synoptikern finden sich, wenn man genau liest und vergleicht, bestimmt über tausend Widersprüche, Ungereimtheiten und konträre Darstellungen. Das wird dann zum Problem, wenn man davon ausgeht, dass die Worte Jesu eigentlich irrtumsfrei und widerspruchsfrei im Neuen Testament zu finden sein müssten.
Für mich persönlich besonders irritierend ist die Frage, weshalb die Familie Jesu überhaupt nach Bethlehem umziehen musste? Matthäus konstruiert diese Geschichte offenbar aus folgendem Grund: Er möchte eine alttestamentliche Weissagung als eingetroffen darstellen. Die ist beim Propheten Micha Kap. 5, Vers 1 zu finden. Sie lautet: "Du aber Bethlehem Ephrata, bist zwar das Kleinste unter Judas Geschlechtern, doch aus dir wird mir der hervorgehen, der über Israel herrschen soll." Deshalb und nur deshalb wird die Geburtsgeschichte Jesu zusammengesponnen. Der künftige König Israels muss in Bethlehem geboren werden, eine Herkunft aus dem unbedeutenden Nazareth reichte Matthäus nicht.